Infos zur rbb|24-Datenauswertung - So berechnen Forscher das Klima der Zukunft

Mo 08.04.19 | 05:34 Uhr | Von Friederike Steinberg
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Sonnenuntergang am 21.10.2018, aufgenommen vom Aussichtsturm in den Rauenschen Bergen in Brandenburg (Quelle: ZB/Patrick Pleul)
Audio: Inforadio | 08.04.2019 | Markus Streim | Bild: ZB/Patrick Pleul

Wo ist der Unterschied zwischen Klima und Wetter? Was bedeutet "wärmer als vorindustriell"? Und wie berechnet man das Klima der Zukunft? Wissenswertes zur Klimaforschung und den rbb|24-Daten. Von Friederike Steinberg

Für die Datenauswertung über das Klima in Berlin und Brandenburg hat rbb|24 zwei Quellen genutzt: historische Messdaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und Klimaprojektionen des Landesamtes für Umwelt Brandenburg (LfU). Die DWD-Daten wurden ab dem Jahr 1881 erhoben und reichen bis 2018. Die Daten des LfU stammen überwiegend aus dem Jahr 2016, einige sind auch jünger.

Wetter - Klima: Wo ist der Unterschied?

Als Klima gilt, knapp gesagt, eine Zusammenfassung von Wettererscheinungen in einem bestimmten Gebiet. Wetter beschreibt den Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort über einen kurzen Zeitraum, wie Stunden oder Tagen - Klima ist dagegen der mittlere Zustand der Atmosphäre über einen längeren Zeitraum.

Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) empfiehlt, bei Aussagen über das Klima mindestens 30 Jahre, also ein Tricennium, zu betrachten. Es können aber auch längere Zeitabschnitte sein.

Klima der Wetter: Wo ist der Unterschied?

Als Klima gilt in knapp gesagt eine Zusammenfassung von wettererscheinungen, die über einen …

Um herauszufinden, ob sich das Klima verändert hat, vergleichen die Forscher reale oder errechnete Daten mit langjährigen  Messwerten  aus der Vergangenheit.

 
Der Zeitraum von 1961 bis 1990 wurde jedoch als Standardreferenzzeitraum für die langfristige Bewertung des Klimawandels beibehalten.

Wärmer ... im Vergleich zu was?

Um herauszufinden, ob sich das Klima verändert hat oder noch verändern könnte, vergleichen Forscher solche langjährigen Werte miteinander. Dies können reale Messwerte aus der Vergangenheit sein oder auch errechnete Daten für die Zukunft. Als Bezugsperioden in der Vergangenheit werden laut DWD bestimmte Zeitabschnitte besonders häufig herangezogen:

- Bei der Aussage "Temperaturanstieg gegenüber dem vorindustriellen Niveau" beziehen sich die Klimaforscher auf den Zeitraum 1850-1900. Das ist auch der Vergleichswert in den Berichten des Weltklimarats (IPCC) und die Bezugsgröße, wenn vom 1,5-Grad- oder 2-Grad-Ziel die Rede ist.

- 1961-1990 wurde nach Angaben der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) bislang sehr häufig als sogenannte klimatologische Referenzperiode herangezogen. Das heißt: Angaben zum beobachteten Klimawandel werden auf diesen Zeitraum bezogen. rbb|24 hat in der Grafik zu den historischen Jahresmitteltemperaturen diese Referenzperiode genutzt.

- 1981-2010 hingegen dient als sogenannte klimatologische Standardnormale: beispielsweise um Aussagen über das aktuelle Wetter zu treffen ("wärmer/trockener/kälter als normal"). Dieser Zeitraum wird regelmäßig verschoben: In Kürze wird der Zeitraum 1991-2020 neuer Vergleichswert. Auf diesen Zeitraum bezieht sich auch der DWD-Wert von 9,3 Grad Jahresdurchschnittstemperatur in Berlin-Brandenburg.

- Klimaexperten arbeiten aber auch mit anderen langjährigen Perioden - darunter dem 30-Jahres-Zeitraum 1971-2000. Grund sind unter anderem eine höhere Datendichte als im Tricennium 1961-1990. Auch der Bezugszeitraum für die LfU-Projektionen in der rbb|24-Datenauswertung ist 1971-2000.

Um herauszufinden, ob sich das Klima verändert hat, vergleichen die Forscher reale oder errechnete Daten mit langjährigen Messwerten aus der Vergangenheit. 

Was bedeuten Szenario, Projektion und Modell?

Um Aussagen über das Klima der Zukunft treffen zu können, erstellen Forscher Klimaprojektionen. Es gibt auch Klimavorhersagen oder -prognosen, bei diesen Berechnungen spielt aber der Ausgangszustand die zentrale Rolle - bei Klimaprojektionen dagegen sind die externen Einflussfaktoren bedeutsamer.

Für ihre Projektionen haben Klimaforscher auf internationaler Ebene zunächst verschiedene Zukunftsszenarien entworfen: Wie entwickelt sich die Zahl der Menschen auf der Erde? Wie erzeugen sie künftig ihre Energie? Was werden sie konsumieren? Was könnte es für technische Neuerungen geben? Es gibt eine Vielzahl von Szenarien, die verschiedene klimarelevante Faktoren berücksichtigen. 

Bei dem Klimaszenario RCP8.5 - oder auch "Weiter-so-Szenario" - wird angenommen, dass die Treibhausgase in der Atmosphäre weiterhin ansteigen wie bisher. Im Szenario RCP2.6, dem "Klimaschutz-Szenario", wird dagegen davon ausgegangen, dass die menschengemachten Treibhausgas-Emissionen schnell sinken - bis zum Jahr 2100 auf Null.

Die Zahlen 2.6 und 8.5 beschreiben, wie hoch der Strahlungsantrieb ist - das ist die Energie, die dem Klimahaushalt durch die zusätzlichen Treibhausgase im Jahr 2100 zugeführt würde - verglichen mit dem vorindustriellen Wert. Berechnet wird der Strahlungsantrieb in Watt pro Quadratmeter.

Auf Basis von Szenarien werden mit Hilfe von Computerprogrammen die Projektionen errechnet. Diese Programme werden als Klimamodelle bezeichnet. Es gibt Globalmodelle und Regionalmodelle. Die damit errechneten Klimaprojektionen zeigen dann, wie sich das Klima in einzelnen Parametern, wie zum Beispiel bei der Anzahl heißer Tage, entwickeln könnte.

Was ist mit den Jahren 2051 bis 2070?

Das LfU hat für die beiden genannten Szenarien, RCP 2.6 und 8.5, Klimamodelle für Berlin und Brandenburg ausgewertet - für zwei Zeitabschnitte: 2021-2050 und 2071-2100. Diese Zeitabschnitte repräsentieren die nahe und die ferne Zukunft. rbb|24 spricht in der Datenauswertung auch von "Mitte des Jahrhunderts" und "Ende des Jahrhunderts".

Um gegenzuchecken, ob die Ergebnisse plausibel sind, hat das LfU diese sozusagen in die Vergangenheit zurückgerechnet: Sowohl für das Szenario 2.6  wie für 8.5 hat das LfU solche Vergangenheitswerte errechnet. Als Vergleichszeitraum dient das Ende des 20. Jahrhunderts (1971-2000). Der Wert liegt extrem nahe an den real gemessenen Werten, entspricht aber diesen nicht zu hundert Prozent.

Zu den zwei Zukunftsprojektionen liegen rbb|24 entsprechend auch zwei rückgerechnete Werte zur Vergangenheit vor. Da diese Werte fast gleich sind, zeigt der rbb|24 der Verständlichkeit halber den Mittelwert daraus. Einzige Ausnahme ist die Grafik zu Niederschlagsmengen und saisonaler Verteilung: Hier ist der Vergangenheitswert der 8.5er-Wert.

Warum gibt es bei den Daten Spannen?

Meist werden mehrere Klimamodelle zusammen, im Ensemble, betrachtet, um Fehler abzufedern und möglichst realistische Werte für einen Klimafaktor zu ermitteln. In die LfU-Daten für das Szenario 2.6 flossen 14 Global-Regional-Modelle ein. Die Angaben für das Szenario 8.5 beruhen auf 26 Modellen.

Daraus ergibt sich eine Spanne zwischen Mindest - und Maximalwert. Ein Beispiel: Modell X errechnet, dass es Ende des Jahrhunderts 35 heiße Tage im Jahr geben könnte, Modell Y berechnet 15 (Minimum), Modell Z 40 Tage (Maximum). Der Durchschnitt wären 30 Tage.
Auch das LfU hat Minimal-, Maximal- und Durchschnittswerte errechnet.

Die errechneten Werte sind faktisch punktuelle Werte - auch wenn sie sich auf 30-Jahres-Zeiträume beziehen.

In diesem Diagramm ist beispielhaft zu sehen, wie sich Projektionswerte des LfU aus verschiedenen Modellen zusammensetzen:

Temperatur- und Niederschlagssignale für das Szenario RCP 8.5 ferne Zukunft (2071-2100) (Quelle: LfU Brandenburg)

In diesem Bild ist das Gesamtergebnis der Modellberechnungen für RCP 8.5 ferne Zukunft (2071-2100) dargestellt. Ein Punkt im Diagramm gibt an, welche Temperatur und welche Niederschlagsentwicklung durch jeweils eine Globalmodell-Regionalmodell-Kombination berechnet wird.

So stellt beispielsweise das rote Viereck dar, dass sich die Temperatur im Vergleich zum Zeitraum 1971-2000 bis zum Zeitraum 2071-2100 im "Weiter-so-Szenario" um 2,8 Grad erhöhen wird und der Niederschlag um 8,6 Prozent zunimmt. Der lila Punkt rechts unten in der Ecke sagt: Es wird 4,7 Grad wärmer und der Niederschlag nimmt um 8,7 Prozent ab.

Das blaue Fadenkreuz zeigt den Mittelwert aller Modelle zusammen. Dieser liegt hier bei einer Zunahme der Jahresmitteltemperatur um 3,9 Grad und des jährlichen Niederschlags um rund 6,8 Prozent.

Die Bezeichnungen in der Legende stehen für die Globalmodelle und Kopplungen mit den Regionalmodellen, zum Beispiel ist HG2 das Globalmodell des Met Office Hadley Centre for Climate Science and Services und W13 das Regionalmodell WettReg vom CEC Potsdam.

Daten internationaler Forschungsinstitute

Die vom LfU ausgewerteten Modelle stammen von renommierten internationalen Forschungsinstituten wie beispielsweise dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), dem National Center for Atmospheric Research (NCAR, USA), dem schwedischen Institut für Meteorologie und Hydrologie oder dem Atmosphere and Ocean Research Institute der Universität Tokio.

Beitrag von Friederike Steinberg

8 Kommentare

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  1. 8.

    Hier ergab die nichtlineare Regressionsanalyse folgende Gleichung dritten Grades: y (T)= 0,0004 t³- 0,016 t² + 0,2 t+ 16,6. Demnach beträgt die momentane Lufttemperaturerhöhung für das Jahr 2019 ca. 1,9 K! (korrespondiert nahezu mit dem Ergebnis von 2005 mit 1,8 K – dies kann also kein Zufall sein). Und für 2029 schweigt des Sängers Höflichkeit – auf jeden Fall hier wird die Lufttemperaturerhöhung bei weit über 3 K liegen. In Spektrum-Online.de ist zu lesen, dass man in den nächsten zehn Jahren mit einem Temperaturanstieg von 2 bis 4 K zu rechnen hat. Es gibt nur eine Schlussfolgerung aus dieser makabren Datenlage: Sofortiges Handeln ist angesagt! Umbau von Industrie, Verkehr und Landwirtschaft sollte sofort erfolgen und keine Masterpläne für E-Zapfsäulen entwickelt werden. Ferner sollte man sofort wieder die Kernkraftwerke hochfahren! Denn: Wenn der CO2-Ausstoß (CO2- ist zudem ab einer definierten Konzentration toxisch) nicht prompt gravierend reduziert wird, sterben wir alle!

  2. 6.

    Hallo Peter,

    vielen Dank für Ihre Antwort an Herrn Limburg. Wer die Augen vor unübersehbaren und unzählige Male bewiesenen Realitäten verschließt und darüber hinaus jene angreift, die sich mit den zukünftigen Auswirkungen des nichterfolgten Handelns in Politik, Wirtschaft und Ziviligesellschaft auseinandersetzen, um Lösungsansätze zu ermöglichen, verhält sich unverantwortlich und ist mit Sicherheit keine Alternative, sondern höchstens eine Angststörung für D.
    Dank an den RBB!

  3. 5.

    Sehr geehrter Herr Limburg,
    Als "VIZE" beim EICKE Institut, die Klimawandelleugner schlechthin, und AfD Mitglied sollten Sie sich eine andere Plattform suchen um Ihre "wissenschaftlichen" Theorien zu verbreiten.

  4. 4.

    Sehr geehrte Frau Steinberg,
    hier einige weitere Zitate renommierter Wissenschaftler zu Klimamodellen: Prof. Dr. Christian-Dietrich Schönwiese (HR Stadtgespräche 2.2.2010) „wir machen keine Vorhersagen, sondern bedingte, Szenarien gestützte Projektionen... Und Projektion heißt ..wenn - dann Aussage!
    Wenn ich in das Modell hinein stecke, der Mensch macht das und das und die Natur macht quasi nichts, sie wird also weitgehend vergessen, bei diesem Blick in die Zukunft, dann wird die Temperatur so und so ansteigen
    ... das trifft praktisch auf die Gesamtheit der natürlichen Klimaprozesse zu" Und Tad Murry: Damit (Klimamodellen) habe er Zi­tat "seit 45 Jahren zu tun und ich kann Ih­nen damit beweisen, was im­mer Sie wol­len. Wenn Sie wol­len, kann ich eine welt­weite Er­wär­mung her­beiführen, wenn Sie hin­ge­gen eine Eiszeit wol­len, kann ich diese eben­falls her­stel­len,mit ei­ner sehr ger­in­gen Verän­derung eines ein­zi­gen Mod­ell­parame­ters (die An­zahl der nie­drig. Wolken)

  5. 3.

    Sehr geehrte Frau Steinberg,
    was man vergessen hat Ihnen zu sagen ist, dass die Klimaforschung keine Prognosen erstellt, sondern Szenarien. Also "wenn - dann" Hypothesen.
    Beispiel "Wenn unsere Annahme stimmt, dass das anthropogene CO2 das Klima so und so stark beeinflusst, dann könnten u.U. möglicherweise, unter der weiteren Annahme alles andere bliebe gleich, dieses oder jenes passieren".
    Und das lässt sich wenn überhaupt nur weltweit berechnen. Dies auf einzelne Regionen runter zu brechen, ist theoretisch möglich - Papier ist geduldig- aber praktisch unmöglich. Im 3. Re­port des IPCC steht daher ausdrücklich : "In der Kli­ma­for­schung und -Mod­el­lie­rung soll­ten wir beach­ten, daß wir es mit ge­kop­pel­ten nicht­linearen cha­o­tischen Sys­te­men zu tun ha­ben und de­swe­gen sind Lang­zeit­prog­nosen von zukünfti­gen Kli­ma­zustän­den nicht möglich" (Third As­sess­ment Re­port, Sec­tion 14.2.2.2)”. Und deswegen hat Ihnen der nette Herr Linke einen dicken Bären aufgebunden.

  6. 2.

    Sehr geehrter Herr Stamm,

    vielen herzlichen Dank für Ihr Lob - das freut uns sehr!

    Die Daten für die Klimaprojektionen zum Zeitraum 2021-2050 haben wir auf Anfrage vom Landesamt für Umwelt Brandenburg erhalten. Für die anderen Bundesländer müssten sehr wahrscheinlich ähnliche Datensätze vorliegen. Die genauen Quellen kann ich Ihnen nicht nennen - ich denke aber, dass die jeweiligen Landesämter für Umweltschutz oder das Bundesumweltamt Ihnen da weiterhelfen können.

  7. 1.

    Hallo Frau Steinberg,

    vielen Dank für diesen Beitrag. Ich denke die Medien, insbesondere die Öffentlich-Rechtlichen, können mit solchen Berichten sehr stark zur fundierten Information der Bevölkerung beitragen, denn nicht jede/r hat die Zeit und Ressourcen diese Datenquellen zu suchen, zu finden und zu erschließen. Also bitte weiter so! :-)

    Meine Frage: Wo finden sich denn die Prognosen für den Zeitraum 2021-2050? Im verlinkten Dokument "Klimareport Brandenburg 2016 ..." des LfU finde ich nur die Zeiträume 1971-2000 und 2071-2100. Und hier auf der Seite von RBB24 konnte ich ebenfalls keinen Hinweis auf die Datengrundlage für den Zeitraum bis 2050 finden. Können Sie hier weiterhelfen? Außerdem: Sind Ihnen ähnliche Berichte/Datensammlungen für die anderen ostdeutschen Bundesländer, insbesondere Sachsen/Sachsen-Anhalt bekannt?

    Vielen Dank und viele Grüße!

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