rbb|24-Datenauswertung zum Klimawandel - Faktencheck: Ist Klimaschutz überhaupt notwendig?

Bei der Klimakonferenz in Paris haben im Jahr 2015 fast 200 Länder als Ziel vereinbart, durch mehr Klimaschutz die Erderwärmung auf möglichst bis 1,5 Grad zu begrenzen. Aber ist das überhaupt nötig? Wird mit dem Klimawandel nicht einfach übertrieben?
In den vergangenen Jahrzehnten waren besonders viele Jahre überdurchschnittlich warm. Der Weltklimarat warnt vor drastischen Folgen einer fortschreitenden Klimawerwärmung. Die Forderungen wachsen - zuletzt auch durch die Protestbewegung "Fridays for Future" - den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren und das Klima besser zu schützen. Aber: Ist der Mensch tatsächlich schuld am Klimawandel? Übertreibt der Weltklimarat nicht? Die häufigsten Argumente im Faktencheck.
Klimaschwankungen gab es doch schon immer.
Bewertung: Richtig - und einige davon haben in der Erdgeschichte auch zu globalen Artensterben beigetragen.
Fakten: Gründe für Klimaschwankungen waren unter anderem: Gewaltige Vulkanausbrüche, eine schwankende Erdumlaufbahn und Änderungen der Sonnenaktivität. Doch die Wirkung des menschengemachten Kohlendioxids (CO2) übertrifft derzeit alle anderen Einflüsse. Der Mensch produzierte 2016 mindestens 60 Mal mehr CO2 als alle Vulkane in dem Jahr zusammen freisetzten, ermittelte die US-Klimabehörde NOAA.
Die Sonne ändert ihre Aktivität in verschiedenen Zyklen von elf oder mehr Jahren. Der Temperaturanstieg der vergangenen Jahrzehnte lässt sich nach Auskunft des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) weder mit der Sonnenaktivität noch mit einer geänderten Umlaufbahn der Erde erklären. Klimaforscher sind sich weitestgehend einig, dass der derzeitige Temperaturanstieg nur durch die menschengemachten Treibhausgase zu erklären ist, und das wichtigste ist CO2.
Mensch, Natur und Landwirtschaft sind auf ein Klima angewiesen, das keine zu großen Sprünge macht. Etwa 7,7 Milliarden Menschen auf der Erde müssen versorgt werden. Diese möchten ihre Heimat erhalten und nicht fliehen müssen.
Die Klimawirkung von CO2 ist gar nicht bewiesen.
Bewertung: Doch. Forscher haben die Klimawirkung im Labor gemessen, in Modellen berechnet und sogar in der Atmosphäre nachgewiesen.
Fakten: Treffen Sonnenstrahlen auf die Erde, dann gibt diese Infrarotstrahlen ins All ab. Ein Teil dieser Wärmestrahlen wird von CO2 und anderen Treibhausgasen aufgehalten und teils zur Erde zurückgeschickt. Diesem Treibhauseffekt verdanken wir Temperaturen, die Leben auf der Erde überhaupt ermöglichen. Der Mensch verstärkt diesen Erwärmungseffekt, indem er die CO2-Menge in der Atmosphäre seit Mitte des 19. Jahrhunderts erhöht hat.
Die gängigen Klimamodelle machen zwar etwas unterschiedliche Aussagen darüber, wie stark die derzeitige CO2-Menge die Erde erwärmt. Sie lassen aber keinen Zweifel daran, dass CO2 in der Atmosphäre einen deutlichen Effekt hat.
Zudem haben US-Forscher den Effekt von CO2 per Messung belegt: Sie maßen elf Jahre lang an zwei Standorten in Nordamerika Strahlen verschiedener Frequenzen. Beide Messreihen machten die Wirkung der Wärmestrahlen von CO2 gleich zweifach deutlich: Ihr am Boden gemessener Erwärmungseffekt schwankte mit den Jahreszeiten ebenso wie die Menge an CO2 in der Luft. Diese ist im Winter stets größer als im Sommer. Zudem stieg der Effekt in einem Jahrzehnt bei klarem Himmel entsprechend der CO2-Menge ("Nature", 2015).
Forscher sind uneins über die Rolle des Menschen beim Klimawandel.
Bewertung: Stimmt eher nicht. Die meisten Forscher sind sich einig.
Fakten: Sechs Studien zu dieser Frage zeigten: 90 bis 100 Prozent der Klimaforscher sind sich einig, dass der Mensch die Hauptursache der aktuellen Erderwärmung ist. Eine Analyse ergab zudem, dass 97 Prozent von 4.000 Studien, die sich in geprüften Fachjournalen direkt mit der Frage nach dem menschengemachten Klimawandel befassten, zu dem Schluss kommen, dass der Mensch die Erde erwärmt ("Environmental Research Letters", 2013).
"Der Einfluss des Menschen auf das Klimasystem ist klar", schreibt der Weltklimarat (IPCC) in seinem Report 2014. Es sei äußerst wahrscheinlich (95 bis 100 Prozent), dass menschengemachte Treibhausgase "Hauptursache der beobachteten Erwärmung seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind". Von den Forschern, die sich nicht mit dem Klima beschäftigen, stimmen weniger dieser Aussage zu.
Der Weltklimarat ist alarmistisch.
Bewertung: Nein. Er ist sogar eher vorsichtig.
Fakten: Der Weltklimarat [IPCC] hat seine seit 1990 erstellten fünf Berichte nachträglich aufwendig analysiert. Ergebnis: Die Erderwärmung verläuft ebenso wie der Meeresspiegelanstieg innerhalb der breiten IPCC-Vorhersagen. Den Rückgang des Meereises in der Arktis hat der IPCC sogar deutlich unterschätzt. Es wurde dünner und schrumpfte daher schneller. Dagegen flachte der Anstieg des Treibhausgases Methan stärker ab als angenommen.
Die Erderwärmung verläuft nicht linear, sondern wellenförmig - je nachdem wie sich z.B. die Sonnenaktivität verändert oder welche kurzzeitigen Klimaphänomene (etwa El Nino) vorherrschen. Das sind unvorhersehbare, kleinere Einflüsse. Daher können die Forscher keine exakten Vorhersagen für kurze Zeiträume machen.
Das ändert jedoch nichts an der generellen Tendenz. "Jedes der letzten drei Jahrzehnte war an der Erdoberfläche sukzessive wärmer als alle vorangegangenen Jahrzehnte seit 1850", schrieb der IPCC 2014.
Etwas wärmeres Wetter wäre doch ganz nett.
Bewertung: Hier und da vielleicht schon - die Erdtemperatur lässt sich aber nicht so leicht steuern wie eine Zentralheizung.
Fakten: Derzeit steigt die Erdtemperatur mit einer Geschwindigkeit, wie sie die menschliche Zivilisation nie erlebt hat. Das hat sehr unterschiedliche Folgen für hohe Luftströme und das Wetter: Klimabedingte Katastrophen haben nach Daten der Rückversicherung Munich Re zugenommen, nicht aber klimaunabhängige wie Erdbeben. Ohne ein starkes Abbremsen der Treibhausgase drohen nach Forscherangaben etwa das Auftauen von Permafrostböden und damit eine weitere starke Erwärmung.
Die Erderwärmung und auch der Ausstoß winziger Partikel durch Kohlekraftwerke beeinflussen auch Luftströmungen in großer Höhe, was die Wahrscheinlichkeit für Überflutungen, Dürren und auch Hitzewellen erhöht, wie Forscher vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und vielen anderen Instituten herausgefunden haben.
Mehr Treibhausgase in der Erdatmosphäre führen auch nicht zwangsläufig überall zu mehr Wärme. "Die Winter im Nordosten der USA, aber auch in Europa und im nördlichen Asien sind im Mittel seit etwa 1990 etwas kälter geworden", sagt Marlene Kretschmer vom PIK. Dennoch steige die globale Mitteltemperatur weiter, die Arktis erwärme sich besonders schnell.
(Basis: Deutsche Presse-Agentur, Dezember 2018)