Der Absacker - Sind wir wirklich alle in einem Boot?

Mo 01.06.20 | 21:38 Uhr
Wasserdemo - Rebellion der Träumer, vor dem Urbankrankenhaus in Berlin Kreuzberg auf dem Landwehrkanal. (Quelle: dpa)
Bild: dpa

Die Berliner Technofans sind zurück, zumindest einige von ihnen. Und die haben sich am Sonntag auf fast 400 Booten versammelt, um zu feiern. Heute genießt Laura Kingston die Ruhe nach dem Rave, aber eine Frage lässt ihr keine Ruhe.

Die letzten Zecken sind entfernt. Die Füße sind geschrubbt. Und die stinkenden Klamotten inzwischen in der Waschmaschine. Nach einem Wochenende auf dem Brandenburger Land bin ich wieder in Berlin angekommen. Als ich am Montagmorgen mit dem Fahrrad von Prenzlauer Berg gen Kreuzberg fahre, frage ich mich, warum die Straßen so leer sind. Ach ja, Pfingsten. Die heile Welt vom Wochenende hält noch ein bisschen an, ganz ohne Lärm, ganz ohne Gedanken.

1. Was vom Tag bleibt

Lärm gab es offenbar während meiner Flucht aufs Land in Berlin zu Genüge. Vor allen Dingen entlang des Landwehrkanals, wo eine Feier-Demo mit rund 3.000 Leuten stattfand. Die Veranstalter von "Für die Kultur - Alle in einem Boot" wiesen zwar daraufhin, allen ihren "Space" zu lassen. Das ist aber bei genauerer Betrachtung der Aufnahmen von Sonntag nicht gerade geglückt. Beliebt machen sich die Demonstrierenden / Feiernden dadurch nicht beim Rest der Bevölkerung. Ein User schreibt etwa:

"Damit haben die Gäste ihre Clubs selbst abgeschossen. Grandiose Leistung. Gratulation zur erfolgreichen Corona-Party! Wo ist der Weiße Hai, wenn man ihn braucht? Immer noch im Müggelsee?"

Heute ist es dafür umso ruhiger auf den Berliner Straßen. Der Kater wird wohl im Park oder am See auskuriert. Die Frage, die sich mir an diesem Tag, der Ruhe nach dem Sturm, stellt: Sind wir wirklich alle in einem Boot? Ich finde es wichtig, für den Erhalt der Berliner Clubkultur zu kämpfen; ich habe selbst schon gespendet. Aber eine Versammlung und Party mit 3.000 Menschen direkt vor einem Krankenhaus ist vielleicht nicht das Zeichen, was die Berliner Clubszene senden sollte.

2. Abschalten

Können Sie sich noch an den blauhaarigen jungen Mann erinnern, der vergangenes Jahr die CDU zerstört hat? Das war Rezo. Und der zerstört am Sonntagabend eine Institution, die in den letzten Jahren verstärkt an Vertrauen verloren hat: die Presse. Das Video ist gerade einmal 24 Stunden online, und hat schon fast eine Million Klicks. Ob das Video so viel Diskussion auslöst wie damals "Die Zerstörung der CDU"?

Ich selbst bin Teil der Medienmaschinerie und muss sagen: Rezos Video ist wichtig. Ich finde es erbaulich, einmal eine differenziertere Kritik an den Medien zu hören als: "Lügenpresse" oder "Staatsfunk". Eine ausführlichere Analyse des Videos schreibt übrigens Daniel Bouhs für rbb|24.

3. Und, wie gehts?

"Ach ja, es geht so": Das ist die Antwort, die ich in der letzten Zeit häufig bekomme, wenn ich mit meiner Mutter spreche. Sie ist gerade aus der Klinik entlassen worden, in der sie zuletzt wegen ihrer Depression behandelt wurde. Sie hat die "normale" Welt unter dem Einfluss von Corona bislang gar nicht mitbekommen. Jetzt versucht sie langsam, sich wieder zu fangen und auf eigenen Beinen im Leben zu stehen. 

Warum ich hier ausgerechnet über meine Mutter schreibe? Weil ich denke, dass viele psychisch kranke Menschen in dieser komischen Zeit Erwähnung finden sollten. Für sie ist und bleibt es besonders schwer, diese Monate zu überstehen.

4. Ein weites Feld

Home-Office und Maskenpflicht scheinen der Feind ganz besonders einer Branche zu sein: Kosmetik. Die Nachfrage nach Make-Up ist laut des Kosmetikverbands VKE in der Corona-Krise zurückgegangen. Umsätze seien im April um 60 Prozent gesunken. 

Sagt das über uns aus, dass wir uns "nur" für andere Leute schminken? Geht der Trend zum natürlichen Look? Wann haben Sie sich das letzte Mal geschminkt?

Passen Sie auf sich auf und bewahren sie ein (ungeschminktes) Lächeln unter Ihrer Schutzmaske. 

Ihre Laura Kingston 

Was Sie jetzt wissen müssen

Kommentar

Bitte füllen Sie die Felder aus, um eine Antwort zu verfassen.

Antwort auf [Der Bär] vom 03.06.2020 um 14:52
Kommentar verfassen
*Pflichtfelder

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren