Der Absacker - Bergketten auf dem Fuß - made in Berlin

Fr 24.07.20 | 19:23 Uhr | Von Johannes Mohren
ARCHIV - 29.05.2018, Brandenburg, Beeskow: Eine mit Blut vollgesaugte Mücke. (Quelle: dpa/Pleul)
Bild: dap/Pleul

Seine Eltern schicken Johannes Mohren bei Whatsapp Bilder von Südtiroler Gipfeln. Ihm selbst reicht - ganz ohne zu verreisen - der Blick auf seinen Fuß, um Bergketten zu bestaunen. Was die gemeine Mücke damit zu tun hat und warum Liebe Geld schlägt.

 

Ich schreibe Ihnen unter Schmerzen. Na gut, das klingt jetzt - ob der noch zu schildernden Vorkommnisse - womöglich sehr wehleidig. Aber Fakt ist: Mein Körper ist eine juckende Hügellandschaft. Alleine auf meinem Fuß erhebt sich eine dreigipflige Bergkette ähnlich der Bilder, die meine Eltern aktuell in großer (!) Zahl aus Südtirol in unsere Whatsapp-Familiengruppe schicken. Die Schuldigen? Die Stechmücken im Volkspark Rehberge. Für die waren wir - die biertrinkenden Sonnenuntergangsgenießer - die ideale Beute. Und ich die idealste. Niemand scheint so anziehend für die saugenden Rüsselchen zu sein.

Ich habe mich dann in den vergangenen Stunden - wenn ich meine Hände nicht gerade zum Kratzen brauchte (ja, soll man nicht, ging aber nicht anders!) - im Internet auf die Spuren des Geheimnisses meiner Attraktivität für blutmahlzeitsuchende Insekten gemacht. Vorweg sei gesagt: Material dazu findet sich eine Menge - mal wissenschaftlich vertrauenswürdiger, mal doch eher weniger. Der Leidensdruck scheint jedenfalls nicht nur bei mir so groß zu sein, dass sich die Welt der Forschung schon öfter der Suche nach besonderen Stechanreizen gemacht hat. Der "Münchner Merkur" hat vor ein paar Jahren mal ein paar Ansätze gesammelt. Und ich lerne daraus: Womöglich könnte es schon einmal ein Ansatz sein, die Sonne ohne Bierchen untergehen zu lassen. Aber ich lerne auch: Das ist zumindest fraglich. Zum Glück!

1. Was vom Tag bleibt.

Urlaub mit Mücken (nervig!) in den Berliner Parks und mit Sonnenblumen (wunderschön!) auf den Brandenburger Radrouten: Das war in den vergangenen Tagen meine Realität, ehe mich dieser Absacker zurück in die rbb|24-Welt der Nachrichten katapultiert hat. Ferien in der Region also. Reisen über die deutschen Grenzen hinweg habe ich für dieses Jahr auch gar nicht geplant - und habe so von den Corona-Tests an den Flughäfen nur als interessierter Beobachter und nicht als kurz- oder mittelfristig Betroffener gelesen.

Fakt ist: Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern haben sich darauf geeinigt, dass es für Reisende, die aus Corona-Risikogebieten wie der Türkei oder den USA zurückkehren, gleich am Flughafen die Möglichkeit zum Test geben soll. Auch für andere Urlauber soll das binnen 72 Stunden nach der Rückkehr kostenlos möglich sein - allerdings nicht gleich vor Ort nach der Landung, sondern etwa in Arztpraxen oder Gesundheitsämtern.

Doch wie sicher ist der Flug an sich in Zeiten einer Pandemie überhaupt? Dieser Frage ist mein Kollege Oliver Noffke nachgegangen. Herausgekommen ist ein spannender Text über Aerosole, Klimaanlagen und den Risikofaktor Mensch. Ein Fazit: "Ein Großteil der Corona-Konzepte hierzulande setzt auf die Ehrlichkeit und die Eigenverantwortung jedes Einzelnen - und das kann zum Problem werden. (...) Auch beim Fliegen können sämtliche Hygienekonzepte nur dann erfolgreich sein, wenn sie eingehalten werden."

2. Abschalten.

Meine (nieder-)rheinisch geprägte Twitter-Timeline feiert gerade geschlossen einen Mann. Der steht in der ARD-Quizsendung Gefragt - Gejagt Moderator Alexander Bommes gegenüber, der ihn mit Fragen bombardiert. Richtige Antworten bedeuten Geld auf der Haben-Seite. Der Countdown läuft. Rund 40 Sekunden sind noch auf der Uhr, als der Kandidat stockt.

Welcher Verein wurde in der Saison 2018/2019 Zweitliga-Meister?

Eine Frage, die weitere 500 Euro bringen würde. Und er kennt die Antwort. Alles klar also? Nein, mitnichten! Denn - das steht für ihn nach Sekundenbruchteilen fest - nennen will er den Namen nicht. Weil ihm seine eigene (Vereins-)Liebe wichtiger ist als das Geld.

Die Antwort des Fans von Borussia Mönchengladbach, dem großen rheinischen Rivalen der Kölner (und - diese Bemerkung sei an dieser Stelle dem Absacker-Schreiber erlaubt - mit großem Abstand großartigsten Klub überhaupt), fällt also knapp und unmissverständlich aus.

Nee, den spreche ich nicht aus!

Alexander Bommes tut es natürlich. Job ist Job.

1. FC Köln.

Die trockene Reaktion des Kandidaten.

Ja, eben!

Alberne Aktion oder coole Kiste? In den sozialen Netzwerken wird der Kandidat jedenfalls vornehmlich bejubelt. Auf der Facebook-Seite der Sportschau sammelte der Post in kürzester Zeit tausende Kommentare."Borussia Mönchengladbach, für die Antwort müsstet ihr ihm eigentlich das verlorene Geld erstatten...", schreibt jemand. "EHRENMANN", ein anderer.

3. Und, wie geht's?

Meine Kollegin Kira Pieper hat vor ein paar Tagen in ihrem Absacker berichtet, dass sie - bei allem, was fehlt - auch bewusst nach Dingen sucht, die sich seit Beginn der Corona-Pandemie verbessert haben. Einfach für die gute Laune. So freut sie sich zum Beispiel, keine zu feuchten, zu starken, zu laschen oder womöglich ganz schön lange nicht mehr gewaschenen Hände schütteln zu müssen.

Und das geht ganz offenbar nicht nur ihr so. So schrieb in den Kommentaren unter ihrem Text etwa der Nutzer Nordlicht:

"Das leidige Händeschütteln ist hoffentlich noch für lange Zeit ein Tabu. Bei größeren Runden (Besprechungen usw.)habe ich immer versucht, möglichst spät zu erscheinen und durch Klopfen auf den Tisch und fröhliches Winken alle gleichzeitig zu begrüßen. Und dann kamen ein, zwei Leute hinterher und gingen händeschüttelnd von Person zu Person. Also schnell noch mal ganz kurz "aufs Klo" - zum Händewaschen. Oder ich habe versucht, in beiden Händen etwas festzuhalten, um ein Handgeben zu verhindern. Aber sogar zwei schwere Taschen oder Akten in der einen und die Kaffeetasse in der anderen Hand konnten manche Gegenüber nicht davon abhalten, mit ausgestreckter Hand so lange vor einem zu stehen, bis man mühsam alles umgewurschtelt oder sogar etwas abgestellt hatte."

Sina Neuendorf hingegen geht es anders - zumindest, solange es keinen für sie adäquaten Ersatz gibt.

"Ich vermisse das Händeschütteln - ok, nicht die feuchten Schweißpatschen, ansonsten war aber zumindest klar, wie bei der Begrüßung der erste Schritt aussehen wird. Es gab einen Fahrplan. Nun steht man da, irgendwie hilflos und muss sehen wie man diese Lücke überspielt. Weder das Fuß-Tippen noch der Ellenbogen-Stubs sind für mich Alternativen. Wer weiß, vielleicht wird es tatsächlich die kontaktlose Verbeugung. Hauptsache, es findet sich ein gängiger Ersatz."

Was für Rituale haben sich bei Ihnen durch die Corona-Krise verändert? Bei welchen sind Sie froh - welche vermissen Sie aber womöglich auch? Schreiben Sie uns das und auch sonst alles, was Sie in diesen Zeiten bewegt, gerne weiterhin an absacker@rbb-online.de.

4. Ein weites Feld ...

Ich fliehe übrigens bald erst einmal vor der gemeinen Rehberge-Mücke. Am Montag setze ich mich mit meinem Rad in den ICE, düse im Fahrrad-Abteil Richtung München und dann geht's mit eigener Trittkraft zurück in Richtung Berlin. Vielleicht in vier, vielleicht in fünf Tagen. Ein Experiment - einfach mal abwarten, was die Beine hergeben. Ich freue mich drauf! Na gut, und habe ein wenig Angst vor den Bergen. Brandenburg ist schließlich nicht nur insgesamt schön, sondern auch so schön flach ...

Drücken Sie mir die Daumen, dass die Berge nicht zu steil und die Mücken in Süddeutschland gnädiger mit mir sind. Nach der Tour lesen wir uns wieder - bis dahin: Machen Sie es gut mit meinen Kolleginnen und Kollegen!

Johannes Mohren

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