Der Absacker - Keine Macht der Maskenmüdigkeit!

Do 18.06.20 | 19:34 Uhr
Maske in der Bahn (Quelle: imago-images)
Bild: imago-images

Berlin ist der Mund-Nasen-Bedeckung offenbar überdrüssig. Deswegen diskutiert die Politik jetzt über eine Kontrolle im ÖPNV. Laura Kingston über den Ärger um ein kleines Stück Stoff, das sie bei ihrer jüngsten Bahnfahrt schmerzlich vermisst hat.

"Ich stinke!" Das ist der Gedanke, der mir am Mittwochabend nicht aus dem Kopf geht. Ich trotte mit einem 12 Kilo schweren, sandigen Trekkingrucksack auf das S-Bahn-Gleis des Hauptbahnhofs und muss noch nach Kreuzberg. Geduscht habe ich das letzte Mal Sonntagabend und ich bin die vergangenen Tage stundenlang durch die sächsische Schweiz gewandert...

Da kommt mir der rettende Gedanke: Mund-Nasen-Schutz! Mich kann also eh niemand riechen. Die S-Bahn fährt ein, ich betrete den Waggon und stelle mit Entsetzen fest: Kaum jemand hier trägt so ein Teil.

1. Was vom Tag bleibt

Und genau das beschäftigt gerade die Berliner Politik, wenn auch nicht aus dem Motiv, dass die Abgeordneten in den Öffis nicht gerochen werden werden wollen. Den ersten Vorstoß zu einer Kontrolle der Mund-Nasen-Bedeckung in den öffentlichen Verkehrsmitteln hat Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) gemacht. Kommenden Dienstag will der Berliner Senat über das Thema Bußgeld für Maskenmuffel im ÖPNV beraten. Bleibt nur die Frage: Wer soll der oder die Böse sein, der die freiliegenden Rotzlöffel ahndet und bestraft? Weder die BVG noch die Berliner Polizei haben sich bisher in der Frage aufgedrängt.

Wie stehen Sie zu Bußgeldern für ÖPNV-Nutzer*innen ohne Mund-Nasen-Schutz? Stimmen Sie hier ab!

2. Abschalten

"Die Kultur-Revolution". Diese Worte prangern auf der Titelseite der aktuellen Ausgabe der "Zeit". Es geht um den "überfälligen Emanzipationskampf für die Rechte der schwarzen Bevölkerung". Ja, schwarze Menschen sind jetzt hörbarer, sichtbarer, aber der Kampf, von dem die "Zeit" spricht, ist kein neuer. Und das, worauf es jetzt, glaube ich, ankommt, betrifft vor allem nicht-schwarze Menschen: Wir müssen uns in unserem Weißsein hinterfragen.

Der BR-Kollege Malcolm Ohanwe hat deshalb den Hashtag #KritischesWeißsein ins Leben gerufen. Bedeutet: Weiße Menschen müssen jetzt Verantwortung übernehmen. Institutionen, aber auch jede*r individuell: Wann habe ich das letzte Mal etwas Rassistisches gesagt? Wie viel weiß ich eigentlich über die deutsche Kolonialgeschichte? Welche Privilegien habe ich, weil ich weiß bin?

Das ist nicht angenehm, ich sage es aus eigener Erfahrung, aber es ist notwendig. Wenn Sie sich jetzt denken: Was zur Hölle hat das mit "Abschalten" zu tun? Meine Antwort: Gar nichts! Aber ein Umdenken findet eben nicht neben Alltagsstress zwischen Tür und Angel statt. Dafür müssen wir uns bewusst Zeit und Raum nehmen - und die Bereitschaft, sich Fehler einzugestehen.

3. Und, wie geht`s?

"Wirklich wirklich gut!" Wenn ich eine andere Sichtweise auf die letzten Monate in der Pandemie bekommen will oder einfach nur ein bisschen positive Energie tanken, dann rufe ich meine Freundin Anna an. Sie hat mir letztens - wenn auch mit einem geheimnistuerischen Unterton erzählt:

"Mir ging es in der Corona-Zeit echt richtig gut. Man muss sich nicht verpflichtet fühlen, jedes Wochenende große Pläne zu haben, ich konnte ein bisschen zur Ruhe kommen. Und die Angst, irgendwo etwas richtig Krasses zu verpassen, hatte ich auch nicht."

Trotzdem sei sie froh gewesen, als sie ihre Freundinnen und Freunde endlich mal wieder treffen konnte. Und ich war es auch. Ohne zynisch klingen zu wollen, dachte ich, diese Kategorie könnte auch mal mit einem positiven Statement bestückt sein.

Wie blicken Sie inzwischen auf die letzten Monate zurück? Was ziehen Sie Positives aus der Pandemie? Schreiben Sie uns an absacker@rbb-online.de.

4. Ein weites Feld

Die Corona-Pandemie hat viele neue Themen in die Schlagzeilen gebracht, mit denen man voriges Jahr nicht im Ansatz gerechnet hätte - so wie die Bestrafung von Menschen, die ohne Maske in der U-Bahn sitzen, oder Politiker, die einen Skandal durch eine Umarmung auslösen. Doch manch ein Thema, das viele lieber abhaken würden, bleibt ein Dauerbrenner: Zum Beispiel der Berliner Wohnungsmarkt und die Schwierigkeiten, die er mit sich bringt. Die sind auch durch den Mietendeckel nicht gerade erträglicher geworden. Denn mit dem Mietendeckel kommen teils horrende Schattenmieten. Was das mit Wohnungssuchenden macht, lesen Sie in dem Bericht von meinem Kollegen Oliver Noffke.

Und mit dieser Leseempfehlung verabschiede ich mich und widme mich meinem täglichen Mund-Nasenschutz-Waschritual!

Passen Sie auf sich auf und bewahren Sie ein Lächeln unter Ihrer Maske!

Ihre Laura Kingston

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Antwort auf [Spandauer] vom 19.06.2020 um 09:46
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