Der Absacker - Sprite statt Lütt un Lütt

Fr 16.10.20 | 19:33 Uhr | Von Kira Pieper
Kira Pieper
Bild: rbb|24/Mitya

Urlaub ausgefallen. Umtrunk ausgefallen. Es war ja klar, dass der Corona-Herbst hart werden wird. Aber so hart? Kira Pieper versucht sich im positiven Denken und landet bei seltsamen norddeutschen Bräuchen.

Nordsee ist ausgefallen. Denn der Straßenabschnitt, in dem ich wohne, gehört zu Mitte. Läuft man von der Haustür aus 50 Meter Richtung Westen, befindet man sich im Prenzlauer Berg. Mein geplanter Urlaub fiel leider genau in die Zeit, in der Schleswig-Holstein einzelne Berliner Bezirke zu Corona-Risikogebieten erklärt hatte. Mitte gehörte dazu, Prenzlauer Berg nicht.

Das bedeutete: Auch beim Besuch der Familie sollte man sich als Reisender aus Berlin-Mitte beim ortsansässigen Gesundheitsamt melden, 14 Tage in Quarantäne und durfte währenddessen keinen Besuch empfangen. Auflagen, die bei einem geplanten Besuch von fünf Tagen keinen Sinn machten. Also abgesagt das Ganze.

Ist auch gar nicht so schlimm. In Norddeutschland ist es sowieso sehr schrecklich. Dort essen sie Dinge wie Labskaus oder Grünkohl mit Pinkel und trinken Klötenköm (Eierlikör) und Lütt un Lütt (kleines Bier und Kümmel gemischt). Es regnet viel, die Menschen geben sich meist wortkarg und die Landschaft ist so platt wie die Sprache.

Zeitgleich wurde Urlaub in anderen Bundesländern auch schwieriger, denn auch da griffen Beherbergungsverbote für Urlauber aus Risikogebieten. Doch auch das Leben in der Hauptstadt sollte nicht einfacher werden: Berlin setzte eine Sperrstunde in der Gastronomie durch.

1. Was vom Tag bleibt

Eben diese Sperrstunde gilt seit Freitag zumindest für elf Berliner Lokalitäten vorerst nicht mehr. Wer sich jetzt allerdings schon auf ein durchgezechtes Wochenende freut, wird bitter enttäuscht: Geöffnet sind die Kneipen zwar auch nach 23 Uhr noch. Doch statt Bier und Kurze dürfen dann nur noch Apfelschorle, Sprite und Milch über den Tresen gereicht werden.

Um beim Corona-Thema zu bleiben: Es ist Herbst, die Fallzahlen steigen unaufhaltsam. Laut den Bund-Länder-Beschlüssen soll ab einer 7-Tage-Inzidenz von 35 binnen sieben Tagen eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum gelten. Da in Berlin der Wert mehr als doppelt so hoch liegt, will Gesundheitssenatorin Kalayci die Maskenpflicht ausweiten.

Und wer soll die ganzen Corona-Regeln kontrollieren? Zum einen Parkraumkontrolleure, die sonst eigentlich Knöllchen hinter Scheibenwischer klemmen, aber auch die Bundespolizei soll bei Kontrollen unterstützen.

2. Abschalten

Weiter oben im Text schrieb ich vom norddeutschen Brauch des Lütt-un-Lütt-Trinkens (auch Lüttge-Lage-Trinkens). Da es so gut zur Sperrstunden-Thematik passt und eine kleine Wissenschaft ist, hier eine Anleitung, wie man ein kleines Bier und ein Kurzen kunstvoll zusammenbringen kann. Funktioniert sicherlich auch nach 23 Uhr mit Apfelsaft und Mineralwasser.

AHA-Regeln, eingeschränkter Urlaub, Umtrunk nach 23 maximal ohne Alkohol…Wozu machen wir das noch mal alles? Ach ja richtig:

3. Und wie geht's?

Unter dem Absacker meines Kollegen Efthymis Angeloudis vom Donnerstag schreibt Andreas:

Die Henne oder das Ei...ein sehr gutes Beispiel...genau so wird derzeit verfahren...man überlegt rückwärts, bestenfalls noch für übermorgen. Man hat ja ein paar Erfahrungen...man macht alles dicht...die Zahlen gehen runter...man macht wieder auf...und nun gehen die Zahlen wieder rauf...jetzt wird wieder alles mögliche verboten...gehen wir mal davon aus die Zahlen sinken wieder...und was macht man dann?Das wäre man schön nicht zu wissen was zuerst da war, sondern wie man sich vorstellt in 2 oder 3 Monaten mit der Henne und dem Ei zu leben.

Was beschäftigt Sie denn so? Trauern Sie auch um einen Urlaub, den Sie wieder nicht antreten konnten? Oder fragen Sie sich einfach generell, wo uns die Corona-Pandemie noch hinbringen wird? Schreiben Sie uns: absacker@rbb-online.de

4. Ein weites Feld

Mittlerweile ist ganz Berlin Corona-Risikogebiet. Dafür blickt man bei Beherbergungsrichtlinien der Bundesländer allmählich gar nicht mehr durch. Wo besteht es? Wo wurde es gekippt? Und was bedeutet das überhaupt?

Schleswig-Holstein entpuppte sich bei den Verhandlungen der Bundesländer als einer der härteren Knochen und hält an seiner Corona-Richtlinie fest. Immerhin: Familienbesuche sind seit wenigen Tagen von dem touristischen Beherbergungsverbot ausgenommen. Ergo: Ich darf wieder gen Norden fahren.

Nordsee im schmuddeligen Winter ist eh am schönsten. Dann, wenn die Natur dort besonders unbarmherzig ist, das Meer tost, der Wind einem die Luft zum Atmen nimmt und die Strände menschenleer sind. Wer plietsch ist, fährt im Winter an die Küste. Sommer kann jeder. Zumindest wenn nicht gerade Corona-Zeit ist. Bleiben Sie gesund,

Ihre Kira Pieper

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Antwort auf [Alt-Westberlinerin] vom 17.10.2020 um 22:08
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