Der Absacker - Sehnsucht nach der Saure-Gurken-Zeit

Mi 15.07.20 | 20:33 Uhr | Von Johannes Mohren
Eine Mitarbeiterin der Firma Rabe Spreewälder Konserven GmbH & Co. KG hält am 07.07.2017 eine Einlegegurke über bereits befüllte Gläser in ihrer Hand. (Quelle: dpa/Pleul)
Bild: dpa/Pleul

Eigentlich wäre gerade allerbeste Saure-Gurken-Zeit. Doch die redensartliche Ruhe will sich einfach nicht einstellen. Und auch bei den wahren Gurken im Spreewald läuft es nicht. Dabei wäre es so schön, sich nur mit Söder und Co. vergnügen zu können, findet Johannes Mohren.

Ich habe soeben gewählt. Nein, den Zettel für Markus Söder habe ich nicht frühzeitig in die Urne geworfen. Dabei hat der ja - mit pompöser Bilderbuch-Kulisse aus Schloss, Kutsche und Alpenpanorama - gerade erst alles gegeben, um sich endgültig als neuer König, ähm Kanzler zu präsentieren [tagesschau.de]. "In versaillesker Manier wurde Angela Merkel am französischen Nationalfeiertag im Spiegelsaal des Neuen Schlosses auf Herrenchiemsee empfangen", schrieb "Zeit Online" nach seinem Empfang der Noch-Ein-Jahr-Regierungschefin.

Absacker-Autor Johannes Mohren wirft am Ausgang der rbb-Kantine das Corona-Kontaktformular in eine Box. (Quelle: rbb/Uri Zahavi)
An der Wahlurne - oder: Mein Corona-Kontaktformular landet in der Box am Ausgang der Kantine. | Bild: rbb/Uri Zahavi

Vielmehr war ich am Tag nach dieser Show von einem Ausmaß, das selbst die Fußballer des ja so glorreichen FC Bayern auf dem Platz nur selten zu liefern im Stande sind, eigentlich nur in der Kantine des rbb essen. Zum ersten Mal, seit wir dort in der Corona-Krise wieder gemeinsam speisen dürfen - in einem Setting, das ob des gebotenen Abstandes reichlich skurril wirkt. Backhendl, Chiemsee-Renke, Sommersalat gab's - so die Überlieferung - bayrisch-standesgemäß bei Söder und Merkel. Bei uns Ofenkartoffel mit Pulled Pork. Und dazu natürlich das Formular zur übliche Erhebung der Kontaktdaten in Pandemie-Zeiten.

Womit wir schon bei der Wahlurne wären. Noch bevor der leere Teller in die Ablage wanderte, musste am Ausgang der Kantine eben jener Zettel abgegeben, ja genauer gesagt durch den Schlitz einer Box geschoben werden, die 2021 wohl eins zu eins in jedem Berliner oder Brandenburger Wahllokal Weiterverwendung finden könnte.

Abgestimmt habe ich also am Ende für mich selbst. Ich sei nun auf dem Weg zum Corona-Minister, spöttelte ein Kollege. Soll er nur. Alles besser, als meiner Oma eine Stimme für Markus Söder zu beichten. Die hat schließlich den kleinen Armin in Aachen-Burtscheid in ihrer direkten Nachbarschaft aufwachsen sehen. Und der ist jetzt - als inzwischen großer Laschet - ordentlich unter Zugzwang. Die große Frage der nächsten Wochen: Hat NRW einen Ort, um im Schlösser-Duell nachzuziehen?

1. Was vom Tag bleibt.

Eigentlich ist gerade die klassische Saure-Gurken-Zeit. Tage und Wochen, in denen man - wie soeben geschehen - sich die nachrichtliche Langeweile mit hochherrschaftlichen süddeutschen Polit-Inszenierungen oder dem Wechsel-Theater auf dem Fußball-Transfermarkt vertreiben kann. Und das mit gutem Gewissen, weil ja eh nichts passiert. Nun fällt die Saure-Gurken-Zeit gerade aber aus. Und das gleich auf zwei Ebenen. Zum einen will sich die redensartliche sommerlöchrige Ruhe einfach nicht einstellen. Auch dieser Absacker ist gleichzeitig ein Rückblick auf einen ziemlich vollen Nachrichtentag.

Der Ermittlungsrichter hat am Mittwoch Haftbefehl gegen den 29-jährigen mutmaßlichen Serienvergewaltiger erlassen, der am Dienstag in Berlin-Wannsee gefasst worden war. Er wird mit mindestens acht Sexualdelikten in der Region in Verbindung gebracht. Die Beweislage sei gut, heißt es aus der Staatsanwaltschaft. Bei einer Verurteilung sei mit einer erheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen.

In Potsdam war derweil wieder Mike Schwitzke im Einsatz. Der Sprengmeister des Kampfmittelbeseitigungsdienstes des Landes Brandenburg machte einen Blindgänger im Potsdamer Aradosee unschädlich. Rund 7.500 Menschen waren vor der Sprengung der 250 Kilogramm schweren Weltkriegsbombe in Sicherheit gebracht worden, betroffen waren auch Pflegeeinrichtungen und Kitas.

Doch nicht nur im übertragenen Sinne läuft die Saure-Gurken-Zeit bislang so gar nicht nach Plan. Auch das Spreewald-Aushängeschild leidet. Die Gewürzgurken - laut einer Erklärung Ursprung der Redewendung, weil sie früher im Spätsommer auf die Märkte kamen - wollen nicht richtig wachsen. Der Grund: Nachts ist es einfach zu kalt. Die aktuelle Lage sei katastrophal, heißt es aus den Unternehmen.

2. Abschalten.

Die Kolleginnen und Kollegen von Fritz vom rbb haben eine/n neue/n Mitarbeiter/in. Was diese Nachricht in dieser Rubrik, ja im Absacker überhaupt zu suchen hat? Im Grunde eine berechtigte Frage. Doch die Antwort ist ganz einfach und kommt ohne Worte aus.

Seit Wochen ist der Fuchs auf dem Gelände des Senders in Potsdam unterwegs und nun soll er/sie einen Namen bekommen. Eine Beschreibung haben die Kolleginnen und Kollegen gleich mitgeliefert. Er/sie soll ja schließlich nicht einfach irgendwie heißen!

Unser Fuchs ist extrem neugierig, manchmal etwas frech und alles andere als scheu. Gern chillt er/sie direkt vorm Sendestudio, genießt die Abendsonne vorm Eingang und leistet den Kolleg*innen Gesellschaft, wenn sie draußen telefonieren. Wenn die ersten Fritz*innen frühmorgens eintrudeln, trifft man sie/ihn chillend auf der Straße an, wie er/sie den Sonnenaufgang beobachtet und sich die Pfoten leckt.

Abgestimmt werden kann aktuell noch in der Instagram-Story von Fritz vom rbb. Zur Wahl stehen Fan-Vorschläge von Gisela über Tamika bis Michel. Markus oder Armin sind nicht dabei. Womit wir - genau (!) - wieder beim Thema Wahl wären. Nutzen Sie Ihre Stimme!

3. Und, wie geht's?

Noch eine Nachricht des Tages: Das thüringische Verfassungsgericht hat nach einer Klage der AfD das dortige Paritätsgesetz gekippt, das die abwechselnde Besetzung der Kandidatenlisten für die Landtagswahl mit Männern und Frauen vorschreibt - und damit für mehr Gleichstellung im Parlament sorgen sollte. Die Entscheidung könnte sowohl für Brandenburg als auch für Berlin eine Signalwirkung sein, wie meine Kolleginnen und Kollegen schreiben.

Auch von Ihnen wird das Thema in den Kommentaren diskutiert.

Der User #bleib gesund - auch im Kopf schreibt:

Schon im Mittelalter hatten Männer Angst vor kompetenten Frauen. Damals waren sie als Hexen verschrien. Heute nutzt MANN Gesetze dafür, sich vor ihnen zu schützen. Wie peinlich ist diese AfD?

toberg hingegen erwidert.

Eigentlich ein Urteil in logischer Konsequenz. Entscheident sollte die Qualifikation eines Kandidaten*in sein, nicht das Geschlecht oder das Aussehen oder das Alter oder sonst was. Ich möchte auch gerne den Kadidaten*in wählen, der/die/das mir qualifiziert erscheint für das Amt. Da ist mir das Geschlecht sowas von egal.

Wie sehen Sie die Entscheidung des Verfassungsgerichts in Thüringen? Finden Sie ein Paritätsgesetz gut oder nicht? Schreiben Sie uns an absacker@rbb-online.de.

4. Ein weites Feld ...

... fällt wie schon bei meinem letzten Absacker kurz aus. Dieses Mal zieht mich aber nicht ein großartiger Lasagne-Duft in die WG-Küche, sondern mein Mitbewohner Michi. Dem - einem gebürtigen Bayern - hat der Auftritt von Markus Söder derart imponiert, dass er gleich für ein paar Wochen beruflich nach München abhaut. Na gut, zu seiner Ehrenrettung sei gesagt, dass das ganz vielleicht auch schon vorher feststand. Fakt ist jedenfalls: Ein/e Zwischenmieter/in für sein Zimmer ist aktuell gesucht - und Face-Time-Call ist genau jetzt.

Ach ja, mit auf den Weg geben möchte ich Ihnen aber noch meinen Witz des Tages. Bitte nicht böse sein, liebe Fans von Hertha BSC. Es ist ja nur ein kleiner Spaß.

Nun verabschiede ich mich aber wirklich Richtung Smartphone - und wünsche Ihnen einen schönen Feierabend! Bis bald,

Johannes Mohren

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