Der Absacker - Wer unterwandert hier eigentlich wen?

Mo 31.08.20 | 18:43 Uhr
Haluka Maier-Borst
Bild: rbb|24/Mitya

Die Bilder vom Samstag lassen einen nach wie vor nicht kalt, mit Migrationshintergrund erst recht nicht. Aber vielleicht helfen da die örtlichen Tugenden aus Berlin und Brandenburg: stoische Ruhe und trockener Humor. Von Haluka Maier-Borst

Heute ist es nicht einfach abzusacken. Aber vielleicht versuche ich es mal so:

Oh, du mein Brandenburg, an dem ich am Wochenende weilte, weit weg vor dem Chaos in der Hauptstadt. Danke dir, du unterschätzte Sandbüchse, die einem Zuflucht gewährt und wo Funklöcher manchmal ihr Gutes haben – gerade an einem solchen Tag wie Samstag. Gepriesen seien deine stoischen Bewohner, die einem höchstens mal interessiert zunicken und einem ansonsten in Frieden lassen.

Gut, der Ausflug ins Berliner Umland war schon länger geplant. Aber nachdem ich an den Tagen zuvor vom "Sturm auf Berlin" gelesen hatte und bei der letzten "Querdenker"-Demo nicht nur, aber eben auch Rechtsextreme sich unter die Demonstranten gemischt hatten, war ich froh, nicht in der Stadt zu sein. Und ich weiß auch von anderen Menschen, die am Wochenende einen Bogen um Berlin-Mitte machten.

Allerdings: Auf die Brandenburger Funklöcher war am Samstag nicht durchgängig Verlass. Und so ploppten immer wieder Eilmeldungen auf meinem Handy auf, die mich und andere auch heute noch beschäftigen.

1. Was vom Tag bleibt

Eigentlich müsste es dieses Mal heißen "Was vom Wochenende bleibt" und es geht dabei vor allem um das, was zu sehen war. Die Demos vom Wochenende beschäftigen die Bundespolitik und die Berliner Politik nach wie vor. Insbesondere die rund 400 Demonstranten, die unter anderem mit Reichsflaggen auf die Treppen des Reichtags stürmten, bleiben ein Politikum. Es ging nur um einige Minuten. Trotzdem ist es ein bitteres Zeichen für die Demokratie, wenn Schwarz-Rot-Weiß auf den Treppen eines Gebäudes weht, das bis heute Spuren vom 2. Weltkrieg trägt – als Mahnung an uns heute.

Nun sollen die Sicherheitsvorkehrungen am Reichstag verschärft werden. So sinnvoll das sein mag, so sehr bleibt zu hoffen, dass das Gebäude nicht bald einer Burg gleicht – allein schon, weil das kein gutes Symbol für ein gewähltes Parlament ist. Reden sollte man aber auch über eben das, was angesichts dieser Bilder schnell in Vergessenheit gerät.

Zum einen dass eine Großkundgebung an der Siegessäule zuvor weitestgehend friedlich verlief – so krude mir persönlich auch manche Botschaft der Protestler erscheinen mag. Und zum anderen dass laut Deutschlandtrend 87 Prozent [tagesschau.de] im Großen und Ganzen die Corona-Maßnahmen für richtig halten oder sogar gar für zu lasch. Nur die sieht man halt nicht auf den Straßen.

2. Abschalten.

Kommen wir vielleicht hier genau zu dem, womit sich die restlichen 87 Prozent derzeit ruhig, und verständnisvoll auseinandersetzen müssen: Zugangsbeschränkungen. Das Comic-Duo von Katz und Goldt haben das Ganze, neben so manch anderen Besonderheiten der Pandemie, in ihrer Kunst verarbeitet [instagram.com]. Und insbesondere einem bestimmten Satz wollten sie ein humoristisches Denkmal setzen.

3. Und, wie geht's?

Weg von Corona-Demos nochmal für einen Moment hin zum Flausch. Den gibt es im Berliner Zoo dank den Pandas Pit und Paule. Und auch unsere User freuen sich, dass es mal ein anderes Gesprächsthema gibt. Zum Beispiel Paula, die uns schreibt:

Liebes RBB24-Team,
vielen Dank für Ihren Bericht und die schönen Fotos. Gefällt mir sehr. Vor Allem sieht man,dass Berlin auch positiv kann, was man in letzter Zeit fast vergessen hat. Zumindest was die tierische Seite betrifft:-)

Und Heike die darauf antwortet:

Liebe Paula, ich kann mich Ihren Worten nur anschließen.Und hoffen wir, das die ganze Bande schön gesund bleibt. Und bleiben Sie es bitte natürlich auch.

Wie gehen Sie mit dem Geschehen vom Wochenende um? Haben Sie auch das Weite gesucht – und sei es nur gedanklich? Oder treibt Sie das aktuelle Geschehen sehr um. Schreiben Sie uns an: absacker@rbb-online.de.

4. Ein weites Feld...

Ich würde gerne anders enden, aber es geht dann doch noch einmal um die Corona-Proteste. Denn inzwischen schwappt die Diskussion darüber auch in meinen eher unpolitischen Instagram-Feed. Beschäftigen tun mich da vor allem die Posts von zwei Gruppen. Da sind zum einen Freunde mit Migrationshintergrund, die Sorge haben vor dem, was auf schwarz-weiß-rote Flaggen am Reichstag folgen wird. Die befürchten, dass Rechtsextreme die Proteste unterwandern und nutzen, um ihre Positionen unters Volk zu bringen.

Und zum anderen sind da Freunde mit Migrationshintergrund, die sich den Corona-Protestetlern nahe fühlen. Die, die sagen, dass die Maßnahmen übertrieben seien und das Virus eigentlich nur ein Grippchen. Speziell auf letztere Gruppe kann ich mir immer noch keinen Reim machen. Aber mit sehr viel trockenem, bitteren Sarkasmus lässt sich vielleicht dazu etwas Positives sagen.

Wenn ich mit Deutsch-Jamaikanerinnen über die Hygiene-Maßnahmen der Regierung diskutieren muss...

Wenn Führer eines "nationalen Widerstandes" am Ende "Attila" und "Xavier" heißen...

...dann ist Multikulti vielleicht doch nicht so gescheitert, wie oft behauptet. Wünschenswert wäre nur, dass manch einer – egal ob Deutsch seit Generationen oder mit Migrationshintergrund – ein brandenburgisch kühles Mütchen hätte.

Es versucht ganz ruhig zu bleiben:

Haluka Maier-Borst

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