Der Absacker - Eigentlich, ich mag dich nicht!

Fr 12.06.20 | 21:24 Uhr | Von Johannes Mohren
Olympiastadion in Rom (Quelle: imago-images/Jacobs)
Bild: imago-images/Jacobs

In Brandenburg gibt es ab Montag weitgehende Corona-Lockerungen. Ein weiterer Schritt in die Normalität, der Johannes Mohren freut. Dennoch hadert er. Mit seinem fehlenden fußballerischen Abendprogramm aus Italien - und einem neuerdings verhassten Wort.

Vom Satz "Scheiße sagt man nicht" heißt es ja immer, dass Eltern ihn ihren Kindern predigen. Ob das bei mir zu Hause tatsächlich so war? Ich kann es nicht mehr sicher sagen. (An dieser Stelle: Liebe Mama, wenn du diesen Absacker liest, gerne aufklären!) Aber eins weiß ich ganz ohne mütterlichen Joker: Das viel schlimmere Wort - spätestens seit den vergangenen Wochen -, lautet eigentlich. Es sind zehn Buchstaben, die eine wahre Inflation erlebt haben. Meistens sind sie der Auftakt zu einem enttäuschten Konjunktiv des Haderns. 

Ich selbst habe deshalb versucht, es mir abzugewöhnen. Oft klappt es, aber es gibt Momente, da muss es raus. So wie jetzt. Denn - ja, genau - eigentlich hätte um 21 Uhr unter Flutlicht im Olympiastadion von Rom die Europameisterschaft begonnen. Zehntausende Tifosi hätten an einem lauen Sommerabend ihre Squadra Azzurra nach vorne gepeitscht. Die Anhänger der Türkei - des Gegners im Eröffnungsspiel - hätten die Gesänge nicht weniger frenetisch erwidert. Und ich wäre vermutlich irgendwo mit Kollegen unterwegs gewesen, hätte das Spiel auf Leinwand geschaut und mich auf einen großartigen Sommer voller Fußball gefreut.

Na gut, den gibt es trotzdem. Aber stattdessen läuft Hoffenheim gegen Leipzig bei DAZN. Was soll ich sagen? Außer dass das eig*****ch große Schei** ist. 

1. Was vom Tag bleibt

... dass die Momente, in denen das hadernde eigentlich auf den Lippen liegt, demnächst weniger werden sollten. Zumindest dann, wenn es um die Corona-Einschränkungen geht - und Sie in Brandenburg leben. Es sei der "bisher größten Schritt, den wir auf dem Weg zur Normalität während der Corona-Pandemie gegangen sind", sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Und tatsächlich waren es durchaus weitreichende Lockerungen, die er am Nachmittag verkündete. 

Die Eindämmungs- wird ab Montag von der Umgangsverordnung abgelöst. Das klingt - Verordnung hin oder her - schon freundlicher. Und ist es auch. So beginnt nun das letzte Wochenende, an dem noch die Kontaktbeschränkungen einzuhalten sind. Auch die Begrenzungen, die bislang bei öffentlichen und privaten Veranstaltungen mit bis zu 1.000 Teilnehmern zu beachten waren, gehören ab dem 15. Juni der Geschichte an. Den Überblick über alle Regelungen geben Ihnen meine Kolleginnen und Kollegen hier.

Noch bevor diese Lockerungen eintreten, kehrt ein Stück Reisefreiheit zurück. Nach drei Monaten öffnet Polen die Grenze zu Deutschland wieder für EU-Bürger. Genau um Mitternacht wird es soweit sein. Doch für Bummeln und Einkaufstouren im Nachbarland gelten besondere Regeln. Wer die nicht beachtet, muss im Zweifel ziemlich tief in die Tasche greifen. Und es drohen vierstellige Bußgelder. Einlesen kann sich also im wahrsten Sinne des Wortes auszahlen.

2. Abschalten

Sie ahnen es. Eigentlich wollte ich hier über etwas anderes schreiben. Sie hätten - passend zu meinem traurigen Blick nach Rom - ein schickes Tor von Bastian Schweinsteiger zu sehen bekommen, das vor ein paar Stunden in meine Twitter-Timeline gespült wurde. Aber dann hat die Berliner CDU mir und Schweini dazwischengegrätscht. Sie twitterte zur Verkehrspolitik. Klingt für Sie erst einmal so gar wie ein Thema zum Abschalten? Stimmt. Aber bleiben Sie kurz dran. Denn der Wortlaut war folgender: "Berliner Pendler: Täglich 320.000 Mal rein und raus. Und kein bisschen Spaß beim Verkehr."

Es folgte ein Schlagabtausch, der - bei aller Ernsthaftigkeit des Themas - durchaus Unterhaltungswert hat. Die Pfeile flogen wenig überraschend zuvorderst von der politischen Konkurrenz. Laura Hofmann, Grünen-Pressesprecherin im Abgeordnetenhaus, konterte die Kampagne: "Wer meint, dass 'Rein und Raus' beim Sex normalerweise Spaß bringt, muss sich dann auch nicht über einen Magel an Frauen in der Berliner CDU wundern."

Und der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir hatte zu dem zweideutigen Tweet auch eine eindeutige Meinung: "#CDU: Weder gut zu Vögeln noch Ahnung von Verkehr."

Doch es waren nicht nur grüne Gift-Geschosse, die die CDU torpedierten. Auch in den eigenen Reihen - nun ja, wie soll ich es am besten sagen - gab es durchaus heftiges Stirnrunzeln. "Diese Art der Kommunikation gehört für mich nicht mehr zum Wertekanon unserer Union. Nehmt das bitte zurück. Mobilitätskonzepte sollten ohne sexuelle Anspielungen überzeugend kommuniziert werden können", twitterte Fraktionsmitglied Mario Czaja.

Der Landesverband sah das offiziell anders. Frech, mutig provokant wolle man sein. Ziel also erreicht. An dieser Stelle fasst sich ein Absacker kurz: CDU-Eigen- statt Schweini-Tor.

3. Und, wie geht's?

Es ist nach 20:30 Uhr. Dieser Absacker sollte - da haben wir es schon wieder: eigentlich - längst fertig sein, um pünktlich an Sie ausgeliefert zu werden. Und das wäre er auch gewesen. Doch diese Rubrik ist immer noch weiß. Seit Längerem grübele ich nun schon, wen ich hier zu Wort kommen lassen soll.

Ich mag es als Autor des Absackers, dass wir einen direkten Draht zueinander haben. Es ist Zeit für unmittelbaren Austausch und Kommunikation, die im nachrichtlichen Tagesgeschäft manchmal vielleicht zu kurz kommt. Deshalb nun auch ganz transparent mein Problem: In unserem Mail-Postfach herrscht Ebbe. Wir haben in unserer Runde mit den Autorinnen und Autoren zuletzt genau darüber gesprochen. Und wir finden es schade, weil für uns alle das "Und, wie geht's?" eine der wichtigsten Rubriken dieses abendlichen Rituals ist. Kurz gesagt: Absackern ist schöner gemeinsam.

Statt weiter über weißer Fläche zu brüten und Sie warten zu lassen, deshalb hier noch einmal der Aufruf: Schreiben Sie uns gerne an absacker@rbb-online.de. Wir freuen uns auf Ihre Nachricht. Thematisch sind Sie völlig frei. Uns interessieren Ihre Geschichten. Wir freuen uns zu hören, was Sie beschäftigt. Was Sie besorgt. Aber natürlich auch, was Sie freut. Um dann - in dieser Rubrik - mit Ihnen in den Austausch zu kommen.

4. Ein weites Feld ...

... fällt nun, da Sie schon Überlänge ertragen haben - keine Absicht, bedanken Sie sich bei der CDU (!) -, bewusst kurz aus. Und ein eigentlich hat auch keinen Platz. Denn das Bild, das wir aus dem Tierpark bekommen haben, ist ganz ohne Wenn und Aber einfach nur süß.

Nachwuchs bei den seltenen Rothschild-Giraffen (Quelle: 2020 Tierpark Berlin)
Giraffen-Baby im Berliner Tierpark. Bild: 2020 Tierpark Berlin

Mit diesem Anblick verabschiede ich mich, wünsche Ihnen einen schönen Feierabend - und würde mich sehr über Ihre Nachrichten in unserem Postfach freuen.

Johannes Mohren

Beitrag von Johannes Mohren

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