Der Absacker - Mit Rechtsabbiegern ist vermehrt zu rechnen

Mo 07.09.20 | 18:16 Uhr | Von Haluka Maier-Borst
Haluka Maier-Borst
Bild: rbb|24/Mitya

Wer geglaubt hat, dass der Sturm auf die Reichstagstreppe ein Einzelfall war, wird heute eines Besseren belehrt. Zwei aktuelle Geschehnisse zeigen, dass es an allen Ecken und Enden Probleme mit Rechtsextremen gibt. Von Haluka Maier-Borst

So ganz lässt die Arbeit einen auch am Wochenende nicht los. Am Samstag befand ich mich plötzlich in einer Diskussion über das, was vor anderhalb Wochen vor dem Reichstagsgebäude geschah und wie die Medien es dargestellt haben. Der "Sturm auf den Reichstag", das seien doch ein paar Krawallmacher gewesen, die eine Absperrung überquert hätten, sagte ein Freund. Weit sei das entfernt von einem Sturz der Regierung oder einem Besetzen des Parlaments. Man solle doch den Rechtsextremen, die unter den Demonstranten waren, nicht die Story geben, die sie gerne hätten.

Ich gab dem Freund in Teilen Recht. Auch wir hier bei rbb|24 haben lange darüber diskutiert und uns letztlich dafür entschieden, mit "Demonstranten stürmen Reichstagstreppe" das Geschehen präziser zu beschreiben. Aber das Ganze ist eben nicht in einem luftleeren Raum passiert und das zeigt sich am heutigen Nachrichtengeschehen.

1. Was vom Tag bleibt

Der Brandenburger Verfassungsschutz stuft in seinem neu vorgestellten Bericht rund 2.800 Menschen als Rechtsextremisten und Rechtsextremistinnen ein. Das sei ein neuer Höchststand, der zwar zum Teil damit zusammenhänge, dass die Junge Alternative und die Gruppierung "Flügel" von der AfD als Verdachtsfälle eingestuft wurden. Aber selbst ohne diese beiden Änderungen wäre man bei weit mehr als 2.000 und damit auch auf einem Rekordstand.

Parallel dazu haben WDR und Süddeutsche Zeitung herausgefunden, dass die Spuren der mit "NSU 2.0" unterzeichneten Drohbriefe auch zur Berliner Polizei führen, zu einer Wache in Spandau und einer Wache in Neukölln.

Nun kann man natürlich sagen, dass das 2.800 Rechtsextremisten gegenüber 2,5 Millionen Brandenburgerinnen und Brandenburgern sind oder eben zwei Polizisten von mehr als 25.000 in Berlin. Aber die Tatsache, dass diese Menschen sich sicher genug fühlen, um ihre Aktionen zu planen und durchzuführen, muss zu denken geben.

2. Abschalten.

So richtig abschalten kann ich angesichts des Themas nicht. Aber spannend ist es allemal hinzuschauen, wie in anderen Ländern sich Leute organisieren, die gegen Rechtsextremisten sind. Ein Beispiel ist das dänische Musikerkollektiv "Free Jazz Against Paludan". Wo immer der Politiker Rasmus Paludan auftritt, der unter anderem Muslime als "kulturellen Müll" bezeichnet hat, beginnt das Kollektiv zu spielen. Sehr freien, sehr lärmenden Jazz [vice.com].

Angesichts dieses Videos muss ich überlegen, ob die eher talentfreien Kinder bei mir im Kiez, die für alle hörbar Trompete üben, vielleicht für die nächste Demo in Berlin proben. Aber wie finden Sie den kakophonischen Protest? Ist das noch fair oder unabhängig von der politischen Richtung daneben? Schreiben Sie uns doch Ihre Meinung, genauso für das folgende "Und, wie geht's?", an: absacker@rbb-online.de.

3. Und, wie geht's?

Das Aufreger-Thema heute in den Kommentaren waren eindeutig die Pop-up-Radwege, die nun wieder vor Gericht kassiert wurden. User Toska schreibt:

Sehr gutes Urteil. Viele werden nun sagen die AfD hat geklagt und das hat eventuell bei der Begründung eine Rolle gespielt. Die AfD ist eine rechtmäßog gewählte Partei, ob es nun einigen passt oder nicht. Und Frau Günther ordnet vieles an ohne vorher zu überlegen. Nun hat es eine vor den Latz gegeben mit diesen Urteil und wieder mal Steuergelder verschwendet. Mir RRG wird das nichts. Mit der AfD aber auch nicht.

User Horst Jablonski argumentiert dagegen:

Ich fahre ohne politische Agenda mit dem Rad durch die Stadt und freue mich darauf, wenn diese Radwege mit Begründung wieder aufgebaut werden. Hier und da ist das für die Autos vielleicht schwierig, aber ich bin selten so sicher unterwegs gewesen mit meinem Rad wie auf diesen neuen Radwegen. (...) Wir brauchen möglicherweise etwas besser konzeptionierte Radwege, aber es hat nichts mit Autohass per se zu tun, in die Fahrrad-Infrastruktur zu investieren.

Schreiben Sie uns doch, was Sie dazu denken, und zwar an die oben erwähnte Adresse.

4. Ein weites Feld...

Vielleicht noch ein schöner Berlin-Moment zum Schluss. Nicht schlecht staunte ich, als am Wochenende ich zum Klang von Tuba und Horn frühstücken durfte. Das waren allerdings nicht die Kids aus dem Kiez, sondern doch echte Profis [instagram.com].

Es grüßt die größte Tröte:

Haluka Maier-Borst

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Beitrag von Haluka Maier-Borst

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Antwort auf [Martina] vom 09.09.2020 um 07:48
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