
Der Absacker - Ein zarter Hauch von Freiheit
Endlich wieder Freiheit. Danach sehnen sich wohl die meisten Menschen zur Zeit. Ein kleines bisschen davon war schon am letzten Wochenende zu spüren. Doch werden wir zu gierig, könnte das düstere Folgen für uns alle haben. Von Laura Kingston
Ich merke ein Kribbeln im Bauch, als ich heute zur Arbeit radle. Die Kombi aus neuem Fahrrad und Sonne löst ein Gefühl in mir aus, das ich seit Wochen nicht mehr gespürt habe: Freiheit. Schon am Wochenende schien sich die Freiheit nach und nach zurückzumelden: in den Parks, an den Seen, überall, wo sich die Menschen mit anderen - manchmal mit mehr, manchmal weniger Mindestabstand - getroffen haben.
Bekommen wir jetzt die Quittung dafür?
1. Was vom Tag bleibt
#Reproduktionszahl. Dieser Hashtag trendet auf Twitter, als ich – auf der Arbeit angekommen – auf meinen Bildschirm starre. Viele hämische Tweets kommentieren die Steigerung der Ansteckungszahl, die Rede ist schon von Lockdown Nummer 2. Die Reproduktionszahl gibt an, wie viele Menschen durchschnittlich durch eine Corona-positive Person angesteckt werden. Laut Robert-Koch-Institut liegt diese Zahl am Dienstag bei 0,9.
Wissenschaftler hatten vor einem Wiederansteigen des Werts über 1 gewarnt. Das RKI schreibt dazu: "Gelingt das dauerhafte Niedrighalten der Reproduktionszahl unter 1 nicht, so setzt sich der anfängliche exponentielle Anstieg wieder fort." Am Dienstagvormittag noch sprach das RKI von einer 1.
Vielleicht sollten wir uns nicht zu sehr an das neu erblühende Gefühl von Freiheit gewöhnen. Was ein temporärer Lockdown leisten kann und was nicht, können Sie hier nochmal nachlesen.
2. Abschalten
Kino ist – eigentlich – eine ganz hervorragende Aktivität, um die Realität für einen Moment auszublenden. Allerdings verbieten sich Abende im Kino zur Zeit, gerade wegen der Realität. Wer schon mal das halb angesabberte Popcorn vom Nachbarn von seinem Schoß aufgesammelt hat, versteht gut, warum. Die Corona-Pandemie trifft gerade kleinere Programmkinos in Berlin hart. Und deshalb gibt es einen Spendenaufruf [startnext.com] mit dem Namen "Fortsetzung: Folgt" an alle, die nach Corona mehr als nur Netflix sehen und die Berliner Kinolandschaft retten wollen.
3. Und, wie geht's?
"Endlich wieder gut", sagt Christiane E. aus Wandlitz. Fünf Wochen konnte sie ihre Enkelkinder gar nicht sehen. Die beiden Jungs (drei und fünf Jahre alt) leben in einer Wohngruppe der Kinder- und Jugendhilfe. Vom 18. März an durften die beiden wegen der Corona-Kontaktbeschränkung weder Oma noch Mutter sehen. "Das reißt einem den Boden unter den Füßen weg. Ich war zwei Tage später richtig krank", erzählt E. am Telefon.
Vergangenes Wochenende waren sie, die Mutter und die Kinder endlich wieder vereint. "Überglücklich" die Kleinen wiederzusehen, hofft Christiane E. inständig, dass Deutschland die (flache) Kurve kriegt und strenge Ausgangsbeschränkungen nicht wieder kommen. Das liegt wohl an uns allen.
Schreiben Sie uns, wie es Ihnen geht an: laura.kingston@rbb-online.de
4. Ein weites Feld...
"Mach doch mal was anderes als Corona!" Diesen geistreichen Vorschlag habe ich in letzter Zeit von vielen Freunden und Bekannten für meine Tätigkeit als Journalistin bekommen. Tatsächlich wünsche ich es mir sehr, "einfach mal wieder" über etwas anderes zu berichten. Aber das Allermeiste und die Allermeisten sind durch Corona geprägt, auf irgendeine Art und Weise. Ob Schulsystem, Wirtschaft, Politiker - um Corona-Bezug komme ich nicht umhin. Und das wird vermutlich auch erst einmal so bleiben, ob die Kurve abflacht oder nicht.
Passen Sie auf sich auf, bewahren Sie Geduld - und ab und zu ein Lächeln unter der Schutzmaske!
Laura Kingston
6 Kommentare
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Wo sind die Zahlen denn im Keller, gestern wieder über 80 Neu-Infizierte und 20 Tote. Bundes weit mehr wie 1000!! Noch einmal, dass RKI arbeitet mit der Bundesregierung zusammen, das Institut geht davon aus, dass bei einer konstanten Neu-Infizierung von 300 am Tag Bundes weit, die Krise in den Griff zu bekommen ist, so lange es keinen Impfstoff gibt!! Wir liegen da vier mal drüber!!!! Ja, alle für Spinner und Idioten erklären, weil meine Stammkneipe nicht aufmacht, wo ich immer so schön die Merkur-Automaten gefüllt hatte. Da sind wir weit von entfernt.
Ernsthaft RBB, gibt es bei euch keine mutigeren Autoren?
Nur so extrem ängstliche die immer noch die Horror Bilder an die Wand malen, obwohl die Zahlen absolut im Keller sind, man man man...
Die Story ist definitiv nicht erfunden. Ich bin die Mutter der Jungs.Ich habe am eigenen Leib mitbekommen wie es der Oma zugesetzt hat. Bei uns war es eine besondere Situation da die Kinder wie geschrieben in einer Wohngruppe wohnen, da wurde das Kontaktverbot eingehalten. Wir hatten nur telefonische oder über Skype Kontakt...
Ich bitte vielmals um Entschuldigung, aber ich halte solche Storys für erfunden. Ich lebe im EFH-Gebiet und stelle fest, alles wie immer (vor Corona). Da wird am Wochenende besucht und es wurde gegrillt was das Zeug hielt. Da hatten wenig Omis Grund zur Klage, das ihre Enkelkinder nicht kommen. Hier wird gejoggt, Familienausflüge in Kolonnen abgehalten und Jugendliche treffen sich zur Privatparty. Hier wird auch nichts denunziert. Keine Polizei weit und breit die gerufen wurde, um irgendwelche Verbote durchzusetzen. Das was hier teilweise geschrieben wird und irgendwelche Emotionen erzeugen soll, findet hier definitiv nicht statt.
Das RKI hat ausdrücklich empfohlen, zuhause bleiben, ganz wichtig. 50 % halten sich da gar nicht mehr dran. Angeblich soll jetzt von der Zahl der neu Infizierten abhängen wie es weitergeht. Zur Zeit soll die täglich bei 1000 liegen. Wenn die konstant bei 300 Infizierten liegt und die App funktioniert, dann soll es mit Schutzmaske, Abstand, und Hygiene wieder für alle uneingeschränkt an die frische Luft gehen. Das findet ja heute schon statt, als hätte es nie eine Pandemie gegeben. Die 28 neu Infizierten in der Wohnanlage in Lichtenberg können morgen die neu Infizierten vom Werner Bockelmann Haus sein. Warum halten sich so wenige an die Vorgaben vom RKI?
Wir haben hier weltweit renommierte Epidemiologen, Virologen, Mediziner und vor allem das RKI, um die uns Alle im guten Sinne und zu Recht beneiden und, die die Politik fachmännisch beraten. Dabei aber (jetzt) noch nicht genug über den Mist wissen.
Wir haben dazu sehr fähige Einkäufer, Logistiker und Unternehmen, die (noch) etwas länger daran arbeiten müssen uns hier grund-auszustatten.
Die Forschung läuft (noch) auf hochtouren.
Aber JETZT SCHON wollen Einzelhandelsverbände, die DEHOGA, Freizeitsportler, die DFL, Künstler, Restaurant-Liebhaber, Eltern und sonstige Laien die später - alle wie sie eben genannt wurden - gegebenenfalls nichts, überhaupt gar nichts verantworten müssen, der Politik unablässig erklären was und wie was JETZT SCHON geht … ja ?!