Der Absacker - Alles auf Durchzug!

Fr 18.09.20 | 18:53 Uhr
Laura Kingston
Bild: rbb|24

Die Temperaturen sinken, aber die Fenster bleiben geöffnet. Das sorgt an der Grundschule Christian-Morgenstern in Spandau für Krankheitsfälle - viele erkälten sich wegen des permanenten Durchzugs. Auch Laura Kingston ist ein bisschen kalt (ums Herz).

Der Aperol Spritz schmeckt nicht mehr. Der Sommer ist zu Ende. Heute morgen, als ich um 7:30 Uhr vor der Christian-Morgenstern-Grundschule in Berlin-Spandau stehe, denke ich zwar nicht an einen Aperitif, aber ich merke, der Herbst ist da. Und auch mein Handy zeigt Herbst an: 6 Grad. Keine guten Voraussetzungen, um permanent in den Schulklassen zu lüften, dachte ich. Aber Schulleiterin Karina Jehniche besteht drauf. Sie will unbedingt vermeiden, noch einen Corona-Fall (bisher gab es einen) zu riskieren. Trotzdem haben sich in den letzten Tagen fünf Lehrkräfte krankgemeldet - Erkältung wegen des permanenten Durchzugs.

1. Was vom Tag bleibt

Immerhin ist Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ganz offiziell Corona-frei. Sie hatte den Test vorsorglich machen lassen, nachdem sie den Angaben zufolge in einer größeren Gesprächsrunde außerhalb der Bildungsverwaltung einer Person begegnet war, die anschließend positiv getestet wurde.

Ansteckungsgefahren beschäftigt seit ein paar Wochen nicht nur die (Berliner) Politik, sondern auch die Ostbrandenburger Bauern. Ihre Schweine sind derzeit im Lockdown. Zumindest dort, wo infizierte Wildscheine gefunden worden waren. Die (Brandenburger) Politik lässt die Landwirte allerdings nicht mit ihren abgeschotteten Schweinen sitzen: Den Betroffenen würden Entschädigungen zustehen, betonte Agrarminister Axel Vogel (Grüne) am Freitag im rbb. Dabei habe das Land den Landkreisen Unterstützung zugesagt, so Vogel weiter. Diese dürfe nicht von der Kassenlage der Kommunen abhängen.

Derweil werfen Brandenburger Landwirte und Jäger den Behörden Versagen beim Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest nach dem deutschlandweit ersten Fall vor. "Wir fordern einen gemeinsamen und zentralen Krisenstab, der auch mit Kompetenzen ausgestattet sein muss", sagte Landesbauernpräsident Henrik Wendorff am Freitag in Teltow (Potsdam-Mittelmark).

2. Abschalten

Ich habe mich ja schön häufiger im Absacker geoutet: Als Twitter-Süchtige. Aber das ist nicht alles, was ich konsumiere: Zeitungen (ja, in Print-Form), Nachrichtensendungen, Onlinemedien, Deutschlandfunk. Mit anderen Worten: Ich ballere mich beinahe permanent mit Nachrichten voll. Und natürlich spüre ich einen Rausch (wie die meisten Süchtigen vermutlich), aber sehr gesund ist mein exzessiver Konsum nicht, er hat Nebenwirkungen wie Verstimmungen, Kopfweh, nervöse Zuckungen der Augenlider.

Aber: Die können bei mir abgemildert werden. Durch Satire. Einen besonders wohltuenden Account, der jede Absurdität des Nachrichtengeschäfts (und andere Beobachtungen) süffisant auf den Punkt bringt: Sebastian Hotz, alias El Hotzo.

3. Und, wie geht's?

"Ich fühle mich im Moment wirklich erschöpft, weil das, was wir befürchten haben, wirklich eingetreten ist. Die Anpassung an die besonderen Bedingungen unserer Zeit, bedeuten wirklich, dass wir ein Vielfaches an Arbeit haben." Karina Jehniche, Schulleiterin der Christian Morgenstern-Grundschule, gut einen Monat nach Ende der Sommerferien. Nicht nur sie sei müde, auch ihre Lehrkräfte seien sehr belastet. "Zur Zeit machen wir viel Seelsorge", sagt Jehniche, als ich sie am Freitagmorgen in ihrem Schullteiterbüro besuche. Kurz danach klingelt schon wieder ihr Telefon. Sie legt auf. "Schon wieder so ein Fall: Eine Mutter will ihre Tochter nicht zur Schule schicken, weil sie Angst hat, sie könne sich anstecken." Die Schulleiterin ist im Konflikt: Schulpflicht vs. Sorgen der Eltern. In dieser Woche fehlten in in jeder Klasse Schüler und das, obwohl sie selbst nicht krank waren, sondern aus Sorge ihrer Eltern.

"Eine Garantie, dass die Schüler hier sicher sind vor einer Ansteckung, können wir eben nicht geben."

4. Ein weites Feld

Ich trage übrigens eine Latzhose und einen rosa gestreiften Pulli drunter. Wenn Sie sich jetzt fragen: "Was geht mich das an?" oder "Wen interessiert's?" Dann kann ich Ihnen nur entgegnen, dass Sie eigentlich recht haben und es vollkommen irrelevant sein sollte, was ich anhabe. Aber ich bin eine Frau. Und bei Frauen scheint es das selbst im 21. Jahrhundert nicht zu sein. In Joachimsthal gibt es Streit in der Stadtverordnetenversammlung – und zwar um lange Hosen und züchtige Oberteile. In einem Punkt der Geschäftsordnung heißt es: "Es ist angemessene Kleidung zu tragen: lange Hosen für Männer, schulterbedeckte Oberteile und über die Knie reichende Röcke für Frauen."

Ruth Butterfield von den Grünen reichte einen Antrag ein, um die Geschäftsordnung zu modernisieren. Was sie besonders stört: dass das Regelwerk zwischen Männern und Frauen unterscheidet: Männer müssen Hosen tragen, Frauen Röcke. Außerdem störe sie die Bevormundung. Doch es gibt ordentlich Gegenwind. Und dreimal dürfen Sie raten, von wem. Stimmt, Männern!

Das hat meinem Outfit jetzt noch eine knallige Wutkrawatte zugefügt. Und mit der werde ich jetzt in den Feierabend gehen.

Passen Sie auf sich auf und bewahren Sie ein Lächeln (unter Ihrer Schutzmaske)!

Ihre Laura Kingston

 

 

Was Sie jetzt wissen müssen

Kommentar

Bitte füllen Sie die Felder aus, um eine Antwort zu verfassen.

Antwort auf [Frank] vom 19.09.2020 um 09:53
Kommentar verfassen
*Pflichtfelder

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren

Video | Berlin - Mehr Gewalttaten durch Jugendliche

In Berlin sind 2023 mehr Straftaten erfasst worden als im Jahr davor. Das geht aus der neuen Kriminalstatistik hervor. Deutlich angestiegen sind die erfassten Rohheitsdelikte, etwa Raub und Körperverletzung. Was denkt die Jugend selbst darüber?