Der Absacker - Rien ne va plus und trotzdem Stress

Fr 09.10.20 | 18:03 Uhr | Von Haluka Maier-Borst
Haluka Maier-Borst
Bild: rbb|24/Mitya

Die BVG streikt und Brandenburg lässt Berliner/innen nur noch unter Auflagen rein zum Urlaub machen. Auch sonst fühlt es sich an, als würde jemand die Notbremse anziehen. Und trotzdem weiß Haluka Maier-Borst nicht, wo ihm der Kopf steht.

Heute war einer dieser merkwürdigen Tage, wo sich Nachrichtengeschäft und echtes Leben auf seltsame Weise voneinander entkoppeln. Einerseits kommen Berlin und Brandenburg zum Teil zum Erliegen. Das liegt daran, dass die BVG einen Warnstreik abhält. Das liegt aber auch daran, dass hüben wie drüben die Regeln für das öffentliche Leben verschärft werden. Man wolle "das gesellschaftliche Leben verlangsamen", um auch das Infektionsgeschehen in den Griff zu kriegen, hatte Kultursenator Klaus Lederer (Linke) vor ein paar Tagen gesagt. Doch von Ruhe war bei uns im Team keine Spur.

1. Was vom Tag bleibt

Das vorerst letzte Kapitel über das besetzte Haus "Liebig 34" ist heute geschrieben worden. Morgens begann die Polizei mit 1.500 Beamtinnen und Beamten das Gebäude zu räumen und ist damit inzwischen fertig. Trotzdem wird es wohl im Nachgang sicher nicht ruhig werden.

Gleichzeitig beschäftigt uns die Corona-Situation in allen Facetten und in allen Gebieten. Im brandenburgischen Bad Saarow gibt es einen Aufnahmestopp für das Helios-Klinikum, nachdem es dort 46 positive Tests gab. In Cottbus sind 120 Schülerinnen und Schüler und nochmal 30 Lehrkräfte in Quarantäne nach einem Ausbruch dort.

Derweil steigen die Fallzahlen in Berlin weiter. So sehr dass die Charité nun schon vorsorglich Betten auf der Intensivstation frei hält. So sehr, dass Brandenburg beschlossen hat, urlaubende Berlinerinnen und Berliner nur in Hotels und auf Campingplätze zu lassen, sofern sie einen negativen Test vorweisen können. Sie können sich also angesichts der Nachrichten vorstellen, was bei uns heute los war.

2. Abschalten.

Ausgangssperren, Reisebeschränkungen – was tun? Die Kolleginnen und Kollegen hatten hier schon mal Serientipps gesammelt. Ich will das Ganze noch ergänzen mit einer lyrischen Übersicht, die – und das ist ja auch die Magie des Internets – heute in meine Timeline gespült wurde, obwohl sie schon von 2019 ist. Der Autor Till Raether hat sich den Spaß gemacht, Serien in Haikus zusammenzufassen und sie zu bewerten [twitter.com].

Und falls Ihnen lieber nur nach etwas für die Ohren ist, heute ging mir der näselnde Sound von einem Jan Delay-Song nicht aus dem Kopf [youtube.com]. Aber irgendwie passt das auch zur Erkältungszeit und dem aktuellen Stillstand.

3. Und, wie geht's?

Unter den Absacker meines Kollegen Efthymis Angeloudis hat sich eine seltene Spezies verirrt. Ein Berliner vierter Generation. Ich habe ja bisher gedacht, dass das reine Fabelwesen sind und fand es entsprechend spannend, was Frank zu schreiben hatte:

Als Berliner mindestens vierter Generation erlaube ich mir das Urteil, dass auch alteingesessene Berliner nicht per se sympathisch sind. Berliner Schnauze im Sinne von Direktheit ist schön, im Sinne von Überheblichkeit und Piefigkeit aber extrem nervig. Auch wenn ich mich gern über Zugezogene mokiere - schon in den 70ern waren die teils liberaler als meine lokale Mischpoke.

Dennoch lebe ich nach einigen bayerischen Jahren gern wieder hier - es scheint mir als das kleinere Übel, vielleicht ist es auch nur Gewohnheit. Dass Berlin endlich nicht mehr wächst, finde positiv. Gerade das kann uns nämlich vor Verhältnissen wie in Manhattan retten.

Neben Ur-Berliner Provinzialität sind es vor allen Gewinnsucht und Bauwut, die in den vergangenen Jahrzehnten und Jahren sehr viel von dem zerstört haben, was die Stadt einst unverwechselbar gemacht hat. Wenn der Hype jetzt endlich endet, kann das Klischee "Berlin bleibt doch Berlin" vielleicht auch im Positiven wahr bleiben.

Was denken Sie von der Nachricht, dass Berlin aufhört zu wachsen? Momentaufnahme oder Trendumkehr? Und was denken sich Brandenburger eigentlich, wenn so Hauptstadt-Piefkes zu ihnen ziehen? Schreiben Sie uns an: absacker@rbb-online.de.

4. Ein weites Feld...

Berlin, das ist ja auch immer ein wenig Abenteuer. Ich versuche es entsprechend trotz Streik und Chaos aus dem Wedding nach Kreuzberg zum Sport zu schaffen, einigermaßen pünktlich und gesund. Und wenn man vielleicht ein wenig Optimismus verbreiten will: Inzwischen ist das Problem nicht mehr, dass man dafür zwei Mal die Mauer queren muss. Sondern eben nur dass man sich mit Kabelbränden und streikenden U-Bahnen arrangieren muss.

Ob Berliner oder Brandenburger, ob Zugezogener oder Alteingesessener, passen Sie auf sich auf, sagt:

Haluka Maier-Borst

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Beitrag von Haluka Maier-Borst

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Antwort auf [Andreas] vom 10.10.2020 um 15:55
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