Der Absacker - Darf es noch ein Schuss Skepsis sein?

Mi 23.09.20 | 21:13 Uhr | Von Haluka Maier-Borst
Haluka Maier-Borst
Bild: rbb|24/Mitya

Dass Bürgerinnen und Bürger kritisch sind, auch uns gegenüber, ist unglaublich wichtig. Dass aber manche einem sogar Grundkenntnisse in Mathematik absprechen, ist dann doch vielleicht etwas viel des Guten, findet Haluka Maier-Borst.

"Nun sag, wie hast du's mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub, du hältst nicht viel davon." Das ist die ursprüngliche Gretchenfrage aus dem Faust. Heute habe ich das Gefühl, dass die entscheidendere Frage eher ist "Wie hältst du es mit der Skepsis?" Und das ist gar nicht despektierlich gemeint. Sondern Zweifel auszusprechen ist berechtigt und wichtig.

1. Was vom Tag bleibt

Ein Beispiel dafür ist die Causa Tesla. Der Wasserverband hat den Plänen schon zugestimmt, insgesamt gehen die Arbeiten in Grünheide in atemberaubenden Tempo voran. Aber örtliche Bürgerinnen und Bürger haben Einwände gegenüber der E-Auto-Fabrik. Und weil Ulrich Stock, der Abteilungsleiter Technischer Umweltschutz im Landesumweltamt, schon vor der heutigen Versammlung die Einwände als nicht subtanziell genug bewertete, gibt es nun Stunk. Überhaupt haben anscheinend manche das Gefühl, dass das Projekt zu groß ist, um noch scheitern zu dürfen.

Was an diesen Vorwürfen dran ist, können Sie hier nachlesen. Und zu allen Dingen rund um Tesla in Grünheide haben wir jetzt sogar neu einen Podcast, der das ganze Phänomen versucht zu beleuchten.

2. Abschalten.

Wo wir es gerade vom Zweifeln hatten, damit beschäftigt sich auch der heutige Abschalten-Tipp. Denn sogenannte "Deep Fakes", clever manipulierte Videos werden uns bald öfter beschäftigen. Das amerikanische Massachusetts Institute of Technology (MIT) bietet dazu ein spielerisches Quiz an, dass Sie hier finden können [mit.com].

3. Und, wie geht's?

Es ging, wie zu erwarten, hoch her unter dem Artikel darüber, dass die Brandenburger AfD gegen die Maskenpflicht im Landtag klagt. Umso beruhigender fand ich den Kommentar vom User "Sinatra", der bemüht war ausgeglichen zu sein:

Ich habe keine abschließende Meinung für die wirklich notwendigen Schritte zur Bekämpfung der Pandemie. Die Brandenburger Landesregierung selbst hat als Grundlage für die Eindämmungsverordnung die Schwelle von 50 Neuerkrankungen pro Tag propagiert. Dieser Wert wurde bisher nie erreicht. Am Tage der Verkündung der freiheitsbeschränkenden Maßnahmen lag er bei 8 und liegt aktuell weit darunter.

Auch ich befürchte, dass der Wert nicht so niedrig bleiben muss und halte den AfD-Kurs insbesondere für die AfD selbst für riskant. Aber primitiv runtermachen würde ich sie deswegen nicht. Auch die Methoden der Eindämmungsverordnung haben ihren Preis, der gegen das Risiko aufgerechnet werden muss.

Was denken Sie von der Positionierung der AfD contra Maskenpflicht im Landtag? Schreiben Sie uns an: absacker@rbb-online.de

4. Ein weites Feld...

Oben ging es um Zweifel an anderen. Hier unten geht es um Selbstzweifel, konkret die meinigen. Nennen wir es den NRW-Komplex, denn dort bin ich groß geworden. Mal ist es das angeblich halb geschenkte Abi. Mal ist es die Tatsache, dass man Uni-Klausuren, ganz ohne mitzuschreiben, bestehen kann. Nicht umsonst hat der aktuelle Ministerpräsident Armin Laschet es vollbracht, 35 Studierende zu benoten, obwohl nur 21 bei ihm die Klausur mitschrieben [tagesspiegel.de].

Nun hat das Ganze aber eine neue Stufe erreicht. Denn bezüglich der Corona-Berichterstattung von rbb|24, an der ich mitwirke, meinte ein User in einer E-Mail, dass man für gewisse Schlüsse gar nicht Virologe oder Epidemiologe sein müsse. Denn: "Da reichen Grundkenntnisse in Mathematik, um das Risiko einschätzen zu können."

Ähnlich war auch der Kommentar des Users mit Namen "Klaus Hoffmann": "Die Angst an diesem Virus zu sterben ist grösser, als mal mit den Sinnesorganen und der eigenen Lebenserfahrung unser Umfeld zu beobachten um eigene Rückschlüsse zu ziehen!"

Aber ist es wirklich so simpel? Habe ich wirklich nur in Mathe nicht aufgepasst? Reichen gar die eigenen Sinne für den Durchblick, den ich nicht habe? Ich meine nein.

Wie oben gesagt, Zweifel sind wichtig, ein kritischer Blick ist das, was Debatten gehaltvoller und im Zweifel auch journalistische Arbeit besser macht. Aber ich würde mir manchmal wünschen, dass die Liebe für Wissenschaft und Recherche genauso groß wäre, wie die zur pointierten Meinung. Und auch die Liebe zum Selbstzweifel sollte gepflegt werden.

Es entschuldigt sich für den etwas moralinsauren Abgang:

Haluka Maier-Borst

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