Der Absacker - "Mensch plant und Gott lacht"

Fr 22.05.20 | 21:18 Uhr | Von Efthymis Angeloudis
Dorfplatz von Afitos auf Kassandra, Chalkidiki, Griechenland (Quelle: dpa/Katja Kreder)
Bild: dpa/Katja Kreder

Fast jede Sprache der Welt hat ein Sprichwort über die Sinnlosigkeit von Plänen angesichts der Unberechenbarkeit des Lebens - und trotzdem schmieden wir sie. Diesen Sommer hatte auch Efthymis Angeloudis einiges vor und dann - ja, dann kam Corona.

Haben Sie das auch schon mal gesagt: "Dieses Jahr wird alles anders"? Diesmal werde ich endlich diese Sache anpacken, die ich schon so lange aufgeschoben habe: die Reise, auf die ich so lange warten musste, den Jobwechsel, zu dem ich mich nie getraut habe, die Fitnessstudio Mitgliedschaft, zu der ich mich nie durchringen konnte?

Natürlich haben Sie das – denn Sie sind ein Mensch. Und wenn die Menschheit eine Sache gemein hat, dann ist es Pläne zu schmieden - die im Laufe der Zeit zusammenkrachen und dem Erdboden gleich gemacht werden.

"Mensch tracht, un Gott lacht" ("Der Mensch plant und Gott lacht") sagte schon ein altes jiddisches Sprichwort. Was zurückbleibt ist ein bitterer Beigeschmack, dass man dieses Jahr vielleicht doch das Ruder hätte umreißen können und die stille Hoffnung den Kampf nächstes Mal mit neuer Zuversicht wieder aufzunehmen.

Dieses Jahr sollte aber wirklich alles anders werden, wenigstens in meinem engsten Freundeskreis. Ein guter Freund wollte seinen Job an den Nagel hängen und seinem Chef endlich mal die Meinung sagen. Daraus wird wohl angesichts der angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt nun nichts [faz.de]. Ein weiterer Freund fing nach dem Studium sein Praktikum an, um eine Woche danach zusammen mit allen anderen Praktikanten wieder auf der Straße zu landen. Doch irgendwie tut mir am meisten diese eine Freundin leid, die fünf Jahre auf Urlaub verzichten musste und sich diesen Sommer endlich etwas gönnen lassen wollte. Wahrscheinlich tut sie mir so leid, weil man sich selbst immer der Nächste ist und ich mir auch viel für diesen Sommer vorgenommen hatte.

1. Was vom Tag bleibt

Corona-Koller macht urlaubsreif. Das lässt sich kaum bestreiten. Viele können den eigenen Schreibtisch und den Stadtpark vor der Haustür allmählich nicht mehr sehen. Da erscheint es wie eine göttliche Vorsehung, dass am Montag Hotels, Pensionen und Campingplätze wieder öffnen dürfen – vorausgesetzt, die Betreiber können den vorgeschriebenen Mindestabstand und die Hygieneregeln sicherstellen. Das bedeutet häufigeres Reinigen und Desinfizieren als sonst. Es gibt keine vorgegebene Belegungsgrenze.

Weil weite Wege ins Ausland wegen der unterschiedlichen Corona-Beschränkungen in den nächsten Wochen und Monaten kompliziert bleiben dürften, locken Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern die verzweifelten Großstadtmenschen, wie einst Mykonos oder Ibiza. Und da es gestern am Landwehrkanal und am Müggelsee, trotz der positiven Bilanz der Polizei wie auf "Malle" aussah, ist es vielleicht gut, dass so manch eine Berlinerin oder Berliner das Weite sucht.

2. Abschalten

Nur so viel zum Urlaub im Ausland, der vielleicht jetzt von manchen verpönt wird: Für viele Menschen ist er viel mehr als bloß Urlaub. Für Menschen mit Migrationshintergrund ist es oft die einzige Zeit des Jahres, um Eltern, Großeltern und Geschwister zu besuchen. Diese jährliche Reise ist in vielen migrantischen Familien obligatorisch. Eine Tradition, die jemanden, wenn auch nur für kurze Zeit, mit dem Heimatland der Eltern verbindet.

Niemandem sollte der Urlaub im Ausland vergönnt werden, doch für sie wird dieser Sommer besonders schwer. Vielleicht klappt es ja in einigen Fällen doch. Um die Reiseziele oder Heimatländer der Eltern im Auge zu behalten und vielleicht schon im Gedanken an den Sommerurlaub (dieses oder nächstes Jahr) abzuschalten, ist hier eine Liste der möglichen Ferienziele im Ausland [tagesschau.de].

3. Und, wie geht's?

Reisen tut auch unser Kollege Jörg, allerdings nicht weit weg, sondern mit der Straßenbahn durch Berlin. Mal von Pankow nach Weißensee oder nach Wedding. Die Unterschiede, die er dabei täglich sieht, lassen ihn zum Schluss kommen, dass jeder Kiez auch etwas anders mit Corona umgeht. "Beim Übergang von einem Kiez in den anderen merkt man plötzlich wie die Maskendichte unter den Fahrgästen abnimmt, als ob Corona in ihrem Bezirk nicht so schlimm wäre. Man fühlt sich wie vom Mond gefallen, aus einer anderen Normalität, die die Realität der Menschen, die nur wenige Kilometer entfernt wohnen, nicht wirklich berührt."

Wohin würden Sie am liebsten verreisen? Und vielleicht möchten Sie uns auf diesem Wege Ihre Geheimtipps geben. Wo kann man am besten in Brandenburg baden? Und wo trifft man keinen einzigen Touristen? Schreiben Sie uns: absacker@rbb-online.de

4. Ein weites Feld

Ob von einem Kiez zum nächsten oder von Berlin und Brandenburg in die weite Welt: Ich hoffe, dass unsere "Reise" mit Corona nicht zu lange dauert und dass wir, wenn nicht diesen, dann spätestens nächsten Sommer mit unseren Liebsten verbringen. Bis dahin.

Bleiben Sie gesund.

Efthymis Angeloudis

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Antwort auf [TG] vom 23.05.2020 um 09:20
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