Der Absacker - Nicht mal Pippi hätte ihren Papa ins Derby reinbringen können

Do 21.05.20 | 18:37 Uhr
Archivbild: Pippi Langstrumpf, gespielt von Tami Erin, mit ihrem Vater Efraim, gespielt von John Schuck., in einer Verfilmung des weltbekannten Kinderbuchs der schwedischen Autorin Astrid Lindgren aus dem Jahr 1988. (Quelle: dpa/E. Goldschmidt)
Bild: dpa/E. Goldschmidt

Was wäre das für ein Vatertag in Berlin und Umland geworden: Erst mit den Kumpels fürs Derby vorglühen und dann am Freitag Hertha gegen Union im "Oly" sehen. Doch stattdessen gibt's Corona-Regeln und Geisterspiel. Von Sebastian Schöbel

Gestern, kurz vor dem ersten Fußballspiel mit ein paar Freunden seit Beginn des Corona-Lockdowns, habe ich die traurigste Push-Mitteilung der Woche bekommen. "Sie haben 39 Euro von Christian erhalten", meldete Paypal. Ich hätte heulen können: Es war die Rückzahlung für das Derby-Ticket, das er mir besorgt hatte. Es wäre mein erstes Berlin-Derby im Olympiastadion gewesen. Schöne Sch***.

1. Was vom Tag bleibt

Dieses Derby hat am Vatertag die Schlagzeilen bei uns beherrscht - weil das vielleicht größte Berliner Sportereignis des Jahres nun unter völlig anderen Vorzeichen stattfindet. Mein Kollege Jakob Rüger hat aufgeschrieben, wie sich die Polizei auf ein Geisterspiel vorbereitet, das unter normalen Umständen eine Revanche zwischen rivalisierenden Ultras hätte werden können. Das Hinspiel-Derby war ja eher keine Glanzstunde des Sports. Dieses Mal schaut aber plötzlich keiner mehr auf die Ränge im Olympiastadion, sondern auf die weiten Plätze im Olympiapark.

Ebenfalls um Sport, vor allem aber ums nackte Überleben geht es in unserem Interview mit dem Freischwimmer Thomas Langer: Er erklärt, was man jetzt unbedingt wissen sollte, wenn man sich bei herrlichen Temperaturen in den nächstgelegenen See stürzen will. Die Badehose in den angesagtesten Farben reicht nämlich nicht aus. Ich wohne selber an einem See, in dem ich regelmäßig schwimme, und neben den Tipps für die richtige Freischwimmerkleidung fand ich vor allem diesen Hinweis von Experte Langer wichtig: Bei Panik auf den Rücken drehen!

2. Abschalten

Ich versuche, meinem 5-Jährigen so langsam die wunderbare Welt der Computerspiele näherzubringen. Allerdings ist das inzwischen gar nicht mehr so leicht: Die meisten neuen Spiele sind entweder einfallslose Abzock-Apps oder benötigen einen Rechner, der ein halbes Monatsgehalt verschlingen würde.

Die schönsten (natürlich gänzlich unblutigen) Spiele meiner Jugend, die ich meinem Sohn gerne zeigen möchte, würden auf so einer Maschine allerdings auch gar nicht laufen: zu alt.

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Dankenswerterweise haben es sich Spiele-Fans zur Aufgabe gemacht, die Schätze von damals wieder spielbar zu machen. Auf Seiten wie playclassic.games, classicreload.com oder playdosgames.com kann man sie direkt im Browser spielen.

Für Kinder sollte es natürlich nicht gleich "Castle Wolfenstein" oder "Doom" sein: Eine Runde "Commander Keen" oder ein Ausflug nach "Colorado" tut es ja auch. Ich persönlich lasse mit meinem Junior gerade ein paar Pendlerzüge in "A-Train" hin- und herfahren.

3. Und, wie geht's?

Heute mal ein Thema, das nichts mit Corona zu tun hat - oder vielleicht doch. In unserer Serie #Wiegehtesuns? berichtet heute Krankenschwester Rita Szymanowski über fehlende Blutspenden. Während des Corona-Lockdowns seien die Spender noch gekommen, doch inzwischen seien es deutlich weniger geworden - dabei brauchen die Krankenhäuser genau jetzt Blut, weil sie den regulären OP-Betrieb wieder aufgenommen haben.

Doch die Sache hat einen Haken - einen sehr emotionalen, wie uns Kai aus Berlin geschrieben hat.

Wie jedes Jahr gegen Sommer, wenn derartige Spendenaufrufe erscheinen, möchte ich mich zum Blutspenden anmelden. Weil ich grundsätzlich gern dazu bereit wäre und es eine Kleinigkeit ist, um Menschen und Ärzten helfen zu können.

Doch dann kommt der nächste Gedanke in meinen Kopf: Was für unverschämte und diskriminierenden Fragen muss ich mich immer noch aussetzen, wenn ich da hingehe. Sexueller Kontakt mit einem Vorlauf von vielen Monaten nicht erlaubt. Weil Schwule eine Risikogruppe für sexuell übertragbare Erkrankungen sind.

Wechselnde Sexualpartner haben und hatten aber auch heterosexuelle Menschen. Ich ärgere mich und komme schnell zu dem Schluss, nicht zur Blutspende gehen zu können, weil es mit zu großen Repressalien für mich verbunden wäre. Jedenfalls dann, wenn ich den Fragebogen dort wahrheitsgemäß ausfüllen würde. 

So lange es keine einfache oder ausreichend preiswerte Routineuntersuchung der Spenden gibt (vielleicht gibt es das aber es ist zu teuer?), die die Diskriminierung von spendewilligen Menschen ermöglicht, wird es mir nicht möglich sein, zu spenden. Aber der Fehler liegt nicht auf meiner Seite.  

Was beschäftigt Sie in diesen Tagen? Schreiben Sie uns an absacker@rbb-online.de.

4. Ein weites Feld...

Heute ist nicht nur Vatertag - bzw. Himmelfahrt - sondern auch Pippi Langstrumpfs 75. Geburtstag. Und zu Pippi gehört natürlich auch Efraim: Der legendäre König des Taka-Tuka-Landes, Seefahrer und eben Vater des stärksten Mädchens der Welt.

Die spezielle Vater-Tochter-Beziehung bei Astrid Lindgren wurde später immer wieder auf mögliche Lehren für die Kindererziehung abgeklopft. Kein Wunder, erklärt die Autorin Tatjana Jesch in ihrem Buch "Kinderheitsbilder bei Astrid Lindgren" (Lit Verlag, 2016): Das wenige, was Efraim seiner Tochter Pippi an Erziehung zuteil werden ließ, diente einzig und allein dazu, sie selbstbewusst zu machen - so selbstbewusst, dass sie am Ende sogar ihren alten Herrn in die Tasche stecken konnte: Sie besiegt ihn bei Fingerhakeln und ringt ihn sogar später bei gemeinsamen Kampftanz zu Boden. "Wahrhaftig, Mädchen, du bist stärker als ich."

"Als Bezugspunkt Pippis ist der Vater zwar immer gegenwärtig, doch seine physische Anwesenheit ist nicht erforderlich", schreibt Jesch. "Seine Nähe richtet sich als väterliche Unterstützung nach den Bedürfnissen des Kindes."

Einen schönen Vatertag wünscht

Sebastian Schöbel

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Antwort auf [McCarthy ] vom 23.05.2020 um 12:32
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