Gesundheitssenatorin Kalayci - Zahl der Corona-Infizierten steigt in Berlin auf 48

Mo 09.03.20 | 12:40 Uhr
Dilek Kalayci (SPD), Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, spricht am 03.03.2020 im Roten Rathaus über den aktuellen Stand in der Coronavirus-Bekämpfung. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Audio: Inforadio | 09.03.2020 | Sebastian Schöbel | Bild: dpa/Annette Riedl

In Berlin ist die Zahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen am Montag erneut leicht angestiegen, darunter ist auch ein zweiter Fall bei der Berliner Polizei. Zwei Schulen konnten derweil wieder öffnen. Kritik gibt es an dem Plan, Großveranstaltungen abzusagen.

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In Berlin sind mittlerweile 48 Personen nachweislich mit dem neuartigen Coronavirus infiziert. Das sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Montagmorgen im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses. Das sind acht Fälle mehr als noch am Sonntag bekannt waren.

Ein Großteil der 48 bestätigten Infektionen hängt nach Einschätzung der Behörden mit einem Abend in einem Club zusammen. Nach einem positiven Test bei einem Gast des Clubs "Trompete" im Stadtteil Tiergarten seien 16 weitere Infektionen bei Menschen nachgewiesen worden, die am gleichen Abend in dem Lokal waren, hieß es am Montag aus der Senatsverwaltung für Gesundheit. Es sei möglich, dass noch weitere, bisher nicht bekannte Fälle hinzukommen.

Nach Bekanntwerden der Infektion bei dem Mann aus Reinickendorf hatte die Gesundheitsverwaltung in der vergangenen Woche Clubbesucher, die wie der Infizierte am 29. Februar vor Ort waren, vorsorglich gebeten, zu Hause zu bleiben. Sie sollten sich zudem beim Gesundheitsamt Mitte melden. Wie die Berliner Polizei mitgeteilt hatte, sind unter den Infizierten aus dem Club auch zwei Polizisten.

Kalayci: Schutzausrüstung "Mangelware"

Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) geht davon aus, dass sich das Virus weiter in Berlin ausbreiten werde. Über Ausmaß und Tempo könne allerdings gegenwärtig niemand eine Aussage treffen, sagte sie. Die Lage sei "hochdynamisch". Es gelte weiter die Strategie der Eindämmung, also positive Fälle schnell zu identifizieren, Kontaktpersonen ausfindig zu machen und diese zu isolieren, um Infektionsketten zu unterbrechen.

Darüberhinaus kündigte Kalayci an, dass sich das Land Berlin um Schutzausrüstung bemühe. Diese sei laut der Gesundheitssenatorin europaweit "Mangelware". Berlin starte daher eine zentrale Beschaffung und wolle prüfen, was auf dem Markt verfügbar sei, so Kalayci. Aus dem Bestand stelle man bereits Ausrüstung etwa für den öffentlichen Gesundheitsdienst bereit. Für die Ausrüstung niedergelassener Ärzte sei der Senat nicht zuständig, hieß es.

Die CDU warf Kalayci vor, zu schlecht über das Virus zu informieren. Die FDP forderte Massentests auf das Coronavirus in ganz Berlin – was Experten allerdings als medizinisch unsinnig einstufen.

Innensenator Geisel kritisiert Spahn

Berlins Innensenator Andreas Geisel mahnte derweil vor dem Hintergrund möglicher Absagen von Großveranstaltungen und Bundesliga-Spielen zu einem kühlen Kopf. Die Bundesregierung habe keine gemeinsame Linie, sagte der SPD-Politiker. Deutliche Kritik äußerte Geisel an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der via Twitter angeregt hatte, Großveranstaltungen ab 1.000 Menschen abzusagen. Auch Kalayci forderte eine bundesweit einheitliche Regelung.

Offiziell hatte Spahn in seiner Funktion als Minister aber keine entsprechenden Maßnahmen verfügt. Dieses Vorgehen habe unter den Ministerpräsidenten Unmut erregt, sagte Geisel. Das weitere Vorgehen müsse nun von den Experten und auch im Kreis der Ministerpräsidenten besprochen werden. Zugleich betonte er, dass Berlin weit vom Katastrophenfall entfernt sei.

Berliner Behörden beraten Vorsichtsmaßnahmen

Unterdessen prüfen Bürgerämter und einige Behörden in der Stadt, welche möglichen Maßnahmen ergriffen werden können, um Kunden und Mitarbeiter zu schützen. Die zuständige Vorsitzende des Hauptpersonalrats, Daniela Ortmann, sagte dem rbb am Montag, dass sich sogenannte Pandemiestäbe derzeit mit möglichen Hygienemaßnahmen befassen.

Es müsse auch geprüft werden, wie man die persönlichen Kontakte zwischen Bürgern und Behörden reduzieren könne, sagte sie. "Wir haben ja das Behördentelefon mit der 115", so Ortmann im rbb-Inforadio, "und wir haben auch in allen Dienststellen dahinter Telefonzentralen geschaltet, die die fachlichen Fragen dann besser beantworten können." Außerdem müsse darüber nachgedacht werden, ob vorübergehend lediglich dringend notwendige Anliegen der Bürger bearbeitet werden sollten und andere geschoben würden.

Eine Schule bleibt geschlossen, zwei andere wieder offen

Die Emanuel-Lasker-Oberschule in Friedrichshain-Kreuzberg bleibt diese Woche wegen des Coronavirus weiter geschlossen, weil dort eine Lehrkraft sowie eine Schülerin nach einer Südtirol-Skifahrt positiv auf den Erreger Sars-CoV-2 getestet wurden. Wie die Senatsbildungsverwaltung am Montag mitteilte, soll der Unterricht am kommenden Montag (16. März) wieder starten. 

In zwei anderen in der vergangenen Woche geschlossenen Berliner Schulen ist das bereits passiert: Die private Metropolitan School habe nach drei Tagen Schließung bereits seit Freitag wieder geöffnet, so der Sprecher. Eine Filiale der Modersohn-Grundschule auf dem Gelände der Lasker-Schule war nur kurzfristig für einen Tag dicht. Die Lage kann sich nach Einschätzung der Senatsverwaltung allerdings täglich ändern.

Fünf neue Corona-Anlaufstellen

Seit Montag bieten nach der Berliner Charité auch der landeseigene Vivantes-Konzern und andere Kliniken Anlaufstellen, um dort einen möglichen Corona-Verdacht abzuklären. Betroffene können sich nun im Tempelhofer Wenckebach-Klinikum sowie am ehemaligen Klinikstandort Prenzlauer Berg in der Fröbelstraße beraten lassen und werden bei Bedarf getestet. Weitere neue Untersuchungsstellen für Berliner gibt es ab Montag in den DRK-Kliniken Westend, am Klinikum Havelhöhe in Spandau sowie am Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge in Lichtenberg.

Abklärungsstellen für das Corona-Virus in Berliner Krankenhäusern im März 2020. (Quelle: rbb)

Schulen in Neustadt bleiben eine Woche geschlossen

In Brandenburg sind derzeit sechs Fälle bestätigt. Am Sonntagvormittag wurde die Schließung von mehreren Schuleinrichtungen in Neustadt (Dosse) im Landkreis Ostprignitz-Ruppin bekannt. Mehr als 1.000 Schüler, Eltern und Lehrer müssen in häusliche Quarantäne, weil eine nachweislich infizierte Frau aus Berlin am 2. März an einer der Einrichtungen gewesen war.

Sendung: Inforadio, 09.03.2020, 10 Uhr

FAQ zum Umgang mit dem Coronavirus

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