Angst vor Corona-Ansteckung - Appell an Patienten, Behandlungen nicht aufzuschieben

So 29.03.20 | 14:19 Uhr
Archivfoto: Das Vivantes Klinikum Neukölln in der Rudower Straße 48 in Berlin-Neukölln, aufgenommen am 5. Juli 2012 für das Fotoessay "Alltag in einem Berliner Krankenhaus" (Quelle: dpa / Kitty Kleist-Heinrich TSP).
Bild: Tagesspiegel

Was Sie jetzt wissen müssen

Angesichts der Corona-Krise und überlasteter Krankenhäuser scheuen sich Menschen mit anderen ernsten Gesundheitsproblemen, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen - offenbar aus Furcht vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus.  "Berliner Krankenhäuser, in denen Schlaganfallpatienten versorgt werden, verzeichnen zurzeit einen deutlichen Rückgang von Schlaganfallpatienten", erklärte ein Sprecher der Berliner Gesundheitsverwaltung am Sonntag. "Es ist davon auszugehen, dass viele Patienten mit leichten Schlaganfällen oder auch Herzinfarkten aus Angst vor einer Infizierung mit dem Coronavirus zu Hause bleiben." Dies dürfe nicht sein.

"Ausbleibende Behandlung möglicherweise gefährlicher als Ansteckungsgefahr"

Der Senat, die Kassenärztliche Vereinigung (KV), die Krankenhausgesellschaft (BKG) und die Ärztekammer riefen die Berlinerinnen und Berliner gemeinsam dazu auf, im Ernstfall keine Scheu davor zu haben, die Notfallversorgung in Anspruch zu nehmen. Bei notwendigen medizinischen Behandlungen - zum Beispiel bei der Einstellung von Diabetes oder bei Bluthochdruck - solle jeder seinen behandelnden Arzt konsultieren oder im Ernstfall Rettungsstellen der Krankenhäuser, KV-Notdienstpraxen oder die Notfallnummern 112 und 116117 kontaktieren.

"Für diese Menschen ist die ausbleibende Behandlung möglicherweise gefährlicher als die verhältnismäßig geringe Wahrscheinlichkeit, sich mit dem Coronavirus bei einem Besuch einer Praxis oder Rettungsstelle zu infizieren", hieß es in der gemeinsamen Mitteilung. Wichtige Behandlungen dürften nicht aufgeschoben werden.

Noch unklar, ob Ausgangsbeschränkungen wirken

Die Zahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen in Berlin stieg am Samstag auf 2.337. 300 Patienten werden im Krankenhaus behandelt, davon 64 auf der Intensivstation. Das geht aus der Statistik der Gesundheitsverwaltung hervor. Neun Patienten sind nach der durch das Virus ausgelösten Krankheit Covid-19 gestorben.

Nach Einschätzung des Reinickendorfer Amtsarztes Patrick Larscheid geben die Infektionszahlen nicht den wirklichen Sachstand wieder. "Der Fallzahlanstieg kann ja nur so groß sein wie die Testkapazität ist", sagte er am Samstag der dpa. "Das ist der Knackpunkt. Die Tests in Berlin sind weiter auf 2000 am Tag limitiert. Der Bedarf geht aber darüber hinaus."

Um welchen Faktor die Fallzahlen unterschätzt sein könnten, sei auch ihm unklar, so Larscheid. "Wir haben in Berlin im Moment schätzungsweise eine Steigerung von 200 bis 400 Fällen täglich. Aber aufgrund der begrenzten Testkapazitäten sehen wir die nicht alle in der Statistik. Das ist das Problem."

Für mehr Tests brauche man einfach mehr Geräte und Reagenzien, sagte Larscheid. Für eine Abschätzung, ob Schutzmaßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen wirkten, ist es nach Larscheids Meinung allein wegen dieser unsicheren Datenlage noch viel zu früh.

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