Coronavirus - Müller will Großveranstaltungen vorerst nicht pauschal verbieten

In Bayern wurden vorerst alle Events mit mehr als 1.000 Menschen untersagt. Damit folgt das Land der Empfehlung von Gesundheitsminister Spahn. Die Berliner Regierung hält von solchen Alleingängen nichts - am Donnerstag sollen die Länder gemeinsam entscheiden.
Großveranstaltungen werden in Berlin weiterhin nicht pauschal untersagt, um eine Ausbreitung des neuen Coronavirus einzuschränken. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte am Dienstag in einer Pressekonferenz, dass nur eine bundesweit einheitliche Regelung sinnvoll sei. "Das macht keinen Sinn. In Zehlendorf werden Veranstaltungen abgesagt und 100 Meter weiter in Kleinmachnow finden sie statt", sagte er.
Beim Treffen der Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstag solle über den Umgang mit besucherintensiven Ereignissen gesprochen werden, so Müller. Vorerst bleibe es dabei, dass Großveranstaltungen kritisch hinterfragt würden. "Im Einzelfall wird aber nach wie vor überprüft und entschieden, in Abstimmung auch mit den Gesundheitsämtern", so Müller.
Geisel fordert ebenfalls einheitliche Regelung
Innensenator Andreas Geisel (ebenfalls SPD) kritisierte den empfohlenen Grenzwert von 1.000 Teilnehmern für die Absage von Veranstaltungen als willkürlich. "Einfach mal eine Größenordnung in den Raum zu stellen, dann aber nicht durch die Bundesregierung eine klare Verordnung rauszugeben, an der man sich orientieren kann, ist schwierig", sagte der SPD-Politiker am Dienstag im Sender RTL/n-tv.
Geisel forderte eine bundesweit einheitliche Regelung. Theater, die maximal 700 Plätze haben, dürften weitermachen. "Das zeigt auch die Willkürlichkeit einer Festlegung von tausend Menschen", sagte Geisel. "Ich rate dazu, mit kühlem Kopf zu entscheiden und immer das Ende zu bedenken." In Berlin werde vorerst weiter für jede Veranstaltung eine individuelle Entscheidung getroffen statt einer pauschalen Regelung.
Nach Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte auch das Robert-Koch-Institut (RKI) am Dienstag dafür plädiert, Events mit mehr als 1.000 Menschen abzusagen.
Konzertveranstalter: "Wo soll dieses Geld herkommen?"
Veranstalter von Konzerten müssen demnach mit Absagen rechnen. Noch sei das nicht der Fall, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Konzertveranstalter, Jens Michow dem rbb. "Wir stellen fest, dass Veranstaltungen durchaus auch mit älteren Leuten bis in die letzte Reihe besetzt sind." Aber man könne sicherlich davon ausgehen, dass sich das Kaufverhalten der Menschen aufgrund des Coronavirus ändern werde.
Viele Veranstalter würden im Falle einer Absage auf den Kosten sitzen bleiben. Das könne sehr schnell zu existenziellen Ängsten führen, sagte Michow im rbb-Inforadio. "Wenn es so kommt, wie es jetzt aussieht, werden Überbrückungskredite nicht ausreichen, denn Kredite müssen auch zurückgezahlt werden - wo soll dieses Geld herkommen?", so Michow weiter. Die Konzertveranstalter würden stattdessen Gelder vom Staat brauchen, um entgangene Gewinne, aber auch die erheblichen Kosten zu kompensieren.
RKI: Auf Fußballspiele verzichten
Ob in Berlin Sport-Veranstaltungen abgesagt werden, werde laut Innensenator Geisel im Laufe der Woche entschieden. Dabei gehe der Bevölkerungsschutz vor, aber das müsse auch mit kühlem Kopf und auf Grundlage von Fakten entschieden werden. Im Moment gehe Geisel das zu schnell. Wie am Dienstag bekannt wurde, werden die beiden Bundesliga-Derbys zwischen Schalke 04 und Borussia Dortmund (Samstag), sowie dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbah (Mittwoch) wegen des Coronavirus ohne Zuschauer stattfinden.
Das RKI rät vom Besuch von Fußballspielen ab. Präsident Lothar Wieler sagte, für ihn wiege der Schutz älterer Menschen schwerer als das persönliche Interesse am Besuch eines Fußballspiels. "Es gibt einfach Dinge, auf die man auch verzichten kann. Und aus meiner Sicht kann man eben auch verzichten, zu einem Fußballspiel zu gehen."
Sendung: Radioeins, 10.03.2020, 11:45 Uhr
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