Interview | BVG-Änderungen wegen Corona - "Warme Luft durch die Gegend zu fahren, ist nicht zielführend"

Mo 23.03.20 | 14:29 Uhr
Menschen gehen am 23.03.2020 im U-Bahnhof Alexanderplatz an einer U-Bahn vorbei (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Audio: Inforadio | 23.03.2020 | Interview mit BVG-Sprecherin Petra Nelken | Bild: dpa/Paul Zinken

Die Corona-Pandemie hat auch Auswirkungen auf den Nahverkehr in Berlin. Seit Montag fahren die U-Bahnen im 10-Minuten-Takt. Im Berufsverkehr drängeln sich daher die Fahrgäste. Laut Sprecherin Petra Nelken steuert die BVG jetzt nach.

Was Sie jetzt wissen müssen

rbb: Wie stark sind die die Fahrgastzahlen in den letzten Tagen gesunken?

Petra Nelken: In der letzten Woche waren es 40 bis 50 Prozent und heute sind wir bei 50 bis 60 Prozent weniger Fahrgästen.

Der Fahrgastverband hat bei der Umstellung der Taktzeiten bei Bussen und Trams von teilweise chaotischen Zuständen berichtet. Einzelne Busse waren ziemlich voll. Das ist eigentlich kontraproduktiv bei dem Gebot, Abstand zu halten. Haben Sie nachgebessert?

Wir werden während des Berufsverkehrs sogenannte Einsätzer einsetzen. Das heißt, wir schieben eine U-Bahn, Straßenbahn oder Bus dazwischen, wenn wir merken, es wird zu voll. Tagsüber ist es deutlich leerer.

Bedenken Sie bitte: Auch wir müssen noch sehr lange durchhalten und insofern ist warme Luft durch die Gegend zu fahren, nicht zielführend.

Wie beobachten Sie das, ob nicht eventuell zu viele Fahrgäste auf engem Raum sind?

Es sind Verkehrszähler unterwegs. Wir haben die Möglichkeit über Computer unsere U-Bahnhöfe einsehen zu können. Unsere Busfahrer sind direkt vor Ort. Die können sagen: Mein Bus ist zu voll, ihr müsst noch einen weiteren Bus schicken. Wir sind durch unsere Fahrerinnen und Fahrer immer mit dabei. Insofern werden wir es genau beobachten. Ab morgen wird die U-Bahn sogenannte Einsetzerzüge bereitstellen. Das heißt immer da, wenn man merkt, jetzt wird es eng, kommt ein weiterer Zug.

Jetzt gibt es das Kontaktverbot von mehr als zwei Personen im öffentlichen Raum. Wie reagieren Sie als BVG darauf?

Wie gesagt, wir müssen uns jetzt alles ansehen. Wir müssen aber sehen, dass wir auch morgen und übermorgen und auch vielleicht in zwei Wochen noch für die Fahrgäste da sind.

Auch wir sind Berlinerinnen und Berliner, auch wir haben Kinder und Familien. Und auch wir haben die gleichen Probleme wie alle anderen auch. Wir müssen also sehen, dass wir möglichst effizient fahren und möglichst so fahren, dass wir alle von A nach B bringen. Wir werden versuchen, auch diese Abstände zu halten.

Vielleicht hilft es auch, wenn wir nicht alle Punkt sieben am U-Bahnhof stehen, sondern uns auch ein bisschen verteilen, um zur Arbeit zu kommen. Ich nehme an, jeder Arbeitgeber kann das verstehen. Wenn man auch da ein bisschen mithilft und ein bisschen mitmacht.

Aber wie kontrollieren Sie, dass es keine Versammlungen zum Beispiel auf U-Bahnhöfen gibt?

Unsere Sicherheitsleute sind unterwegs. Es ist ein großer Vorteil, dass wir, wie gesagt, unsere U-Bahnhöfe einsehen können. Sobald wir eine Ansammlung bemerken, können wir die Kollegen von der Polizei, die übrigens auch einen Arbeitsplatz in unserer Sicherheitsleitstelle haben, informieren. Wir können also ziemlich schnell reagieren.

Es besteht nach Angaben von Virologen eine Möglichkeit, dass sich das Coronavirus eine zeitlang auch auf Gegenständen hält. In Bussen und Bahnen muss man sich an Stangen festhalten und Türknöpfe betätigen. Wie reagiert die BVG darauf?

Wo es technisch möglich ist, öffnen die Fahrzeuge automatisch. Es geht aber leider nicht an allen Fahrzeugen. Wir haben zum Teil einen etwas veralteten Fuhrpark, insbesondere bei der U-Bahn. Also bitte nicht den Fahrer anbrüllen oder verrückt spielen, wenn die U-Bahn nicht aufgeht. Ich würde empfehlen, dass Fahrgäste sich ein Taschentuch um den Finger wickeln.

Die Knöpfe sind keine Sensoren, sondern funktionieren auf Druck. Wir reinigen auch regelmäßig und wischen beispielsweise die Stangen ab. Aber jeder muss auch selber mitdenken. Eine U-Bahn, in der am Tag mehrere hundert Leute unterwegs sind, kann nicht desinfiziert werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview mit BVG-Pressesprecherin Petra Nelken führte Dörthe Nath, Inforadio.

Der Text ist eine redigiert und gekürzte Fassung. Das vollständige Interview können Sie oben im Audio-Player nachhören.

Sendung: Inforadio, 23.03.2020, 09:25 Uhr

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Antwort auf [Pudili] vom 24.03.2020 um 08:05
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