Interview | Corona-Alltag in der Apotheke - "Die Kunden reagieren jetzt mehr besonnen"

Do 26.03.20 | 06:14 Uhr
Rentner sitzen in Berlin im Bezirk Steglitz-Zehlendorf auf einer Bank an einer Bushaltestelle. (Quelle: dpa/Steinberg)
Audio: Inforadio | 25.03.2020 | Interview mit Anke Grabow | Bild: dpa/Steinberg

In Corona-Zeiten ist vieles anders, manche Dinge bleiben aber selbstverständlich, wie der Gang zur Apotheke. Anke Grabow ist Apothekerin in Berlin-Karlshorst. Im Interview erzählt sie, wie ihre Mitarbeiter und Kunden die letzten Tage und Wochen erlebt haben.

Was Sie jetzt wissen müssen

rbb: Frau Gabow, wie lief Ihre letzte Nachtbereitschaft?

Anke Grabow: Die Nachtbereitschaft war erstaunlich ruhig. Ich hatte ein paar Patienten, aber ab 12 Uhr war es ruhig. Die Leute bleiben zuhause. Unsere Apotheke suchen jetzt vor allem Menschen auf, die sich mit Medikamenten bevorraten. Dadurch kam es in den letzten zwei Wochen zu diesem großen Andrang, den wir zu bewältigen hatten.

Hat sich der Andrang abgeflacht?

Wir haben das Gefühl, dass es seit letzter Woche ein bisschen ruhiger geworden ist. Vielleicht auch deshalb, weil wir uns ein bisschen sortieren konnten. Auch der Großhandel musste sich erstmal auf diesen erhöhten Bedarf einstellen.

Was sind die häufigsten Fragen der Kunden?

Es wird vor allem nach Desinfektionsmitteln gefragt. Jeder will sich zuhause mit Desinfektionsmitteln eindecken. Eine andere große Frage: Ist mein Medikament verfügbar? Die Corona-Krise bringt es noch einmal stark auf den Punkt, denn wir haben bereits seit zwei Jahren mit Lieferengpässen zu kämpfen. Die Leute sind natürlich besorgt, ob sie ihr Medikament, was sie täglich benötigen, auch bekommen.

Wie äußert sich die Besorgnis der Kunden?

In den ersten zwei Wochen waren die Leute sehr gestresst und panisch. Keiner wusste, wie es eigentlich weitergeht. Natürlich hatte jeder viel zu klären, sei es innerhalb der Familie oder am Arbeitsplatz. Hinzu kommt, dass seit letzter Woche auch die Betreuung der Kinder geklärt werden muss. Das spielt natürlich eine Rolle, dass die Leute einfach sehr unruhig und panisch sind. Jetzt merken wir, dass die Leute sich ein bisschen eingerichtet haben. Die Kunden reagieren mehr besonnen.

Auch unsere eingeführten Schutzmaßnahmen werden angenommen, dass die Leute mit Abstand an den Tresen herantreten, dass man gegenseitig Rücksicht nimmt. Das hat sich auf jeden Fall deutlich verbessert. Und wir merken, dass die Leute sehr solidarisch miteinander umgehen.

Wie sind Sie gewappnet, wenn eine Kollegin oder ein Kollege ausfällt?

Das war letzte Woche unser großes Thema: Wie wir selbst gesund bleiben und wie wir die Versorgung aufrechterhalten können. Hinzu kommt, dass Kollegen mit Kindern zuhause bleiben müssen. Wir haben aber auch gemerkt, dass wir es nicht durchstehen, von 8 bis 19 Uhr hintereinander Menschen zu bedienen oder zu betreuen. Dazu hat die Apothekerkammer Berlin Handlungsempfehlungen gegeben und Kernöffnungszeiten eingeführt. Deshalb haben wir nun eine Früh- und Spätschicht, mittags haben wir eine Stunde geschlossen. In dieser Stunde können wir beispielsweise mit Ärzten telefonieren oder Arbeiten erledigen, die wir sonst nebenbei machen, damit das alles nicht im völligen Chaos endet.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview mit Anke Grabow führte Alexander Schmidt-Hirschfelder, Inforadio.

Bei dem Text handelt es sich um eine redigierte und gekürzte Fassung. Das komplette Interview können Sie oben im Audio-Player nachhören.

Sendung: Inforadio, 25.03.2020, 08:45 Uhr

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