Schülerwettbewerb vor Absage - Corona gefährdet jetzt auch das Känguru

Mi 18.03.20 | 18:32 Uhr | Von Nico Schmolke
Symbolbild: Teilnehmer eines Schülerwettbewerbs; mit Logo von Tangram - dem teilnehmerstärksten Schülerwettbewerb Deutschlands. (Quelle: dpa/tangram)
Bild: dpa/tangram

Der Berliner Känguru-Verein organisiert Deutschlands größten Schülerwettbewerb. Wegen der Schulschließungen kann der für Donnerstag geplante Mathe-Test jedoch nicht stattfinden. Jetzt kämpft der Verein um seine Existenz. Von Nico Schmolke

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Eine Million Knobelspiele, eine Million Urkunden und dann noch Tausende Brettspiele, Experimentierkästen und Bücher liegen bereit. Die Preise sind also da, doch ob es beim Känguru-Wettbewerb überhaupt Teilnehmer und Gewinner geben wird, ist offen.

Wie jedes Jahr sollte auch in dieser Woche Deutschlands größter Schülerwettbewerb am dritten Donnerstag im März stattfinden, in dieser Woche also. Allein in Berlin und Brandenburg hätten dann zeitgleich fast 100.000 Schülerinnen und Schüler die mathematischen Ankreuz-Aufgaben gelöst. An keinem anderen Schülerwettbewerb in Deutschland nehmen mehr Menschen teil, viele Kinder freuen sich auf den Test. Der Känguru-Wettbewerb richtet sich nicht nur an Mathe-Freaks, sondern soll mit lebensnahen Aufgaben bei allen Kindern Lust aufs Rechnen machen.

"Dann sind wir futsch"

Nun wird der Wettbewerb von den Schulschließungen kalt erwischt. Vorerst hatte der Verein den 27. April als neuen Termin verkündet, doch ob die Schulen nach Ostern wirklich wieder öffnen können, ist bei der derzeitigen Entwicklung der Corona-Pandemie unklar. Für den Verein jedoch ist die Durchführung existenziell wichtig, da mit Druck und Versendung der Aufgaben sowie der Anschaffung der Preise bereits in Vorleistung gegangen wurde.

Es gehöre laut Verein zur Tradition, dass jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer eine Urkunde und ein Knobelspiel erhält, unabhängig vom Ergebnis – und diese Belohnungen liegen bereits alle auf Lager. "Wenn der Wettbewerb gar nicht stattfindet, haben wir ein immenses finanzielles Problem", sagt Alexander Unger, der Vorsitzende des Känguru-Vereins. "Dann sind wir futsch."

Erst die Teilnahmegebühr der Schülerinnen und Schüler von zwei Euro kompensiert die Ausgaben des Vereins, der gemeinnützig ist und keine Rücklagen aufbauen kann. Vor 25 Jahren aus dem Wohnzimmer seiner Gründerin Monika Noack koordiniert, hat der Verein zwar mittlerweile fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, kommt jedoch weiterhin ohne staatliche Förderung oder große Spenden aus. Dadurch wären bei einem Ausfall nicht nur die fünf Arbeitsplätze in Gefahr, sondern auch ein Vorzeigeprojekt, das mittlerweile in weltweit 80 Ländern jährlich mehr als sechs Millionen Schülerinnen und Schüler erreicht.

80 Länder machen mit

In Deutschland haben erst die Hälfte aller teilnehmenden Schulen die Teilnahmebeiträge überwiesen. Wenn die anderen Schulen nicht überweisen und die Schülerinnen und Schüler ihr Geld zurückhaben wollen, bliebe der Känguru-Verein auf seinen Kosten sitzen, sagt Vorsitzender Unger. In fast allen anderen 80 Teilnehmerländern stehen die Vereine vor derselben Herausforderung - nur in Russland und ausgerechnet in China und Hongkong kann der Wettbewerb während der Corona-Pandemie wohl wie geplant durchgeführt werden.

Verein hofft auf solidarische Lösungen

Wie also das Aus des Känguru-Vereins und des Wettbewerbs in Deutschland verhindern? Es deutet sich an, dass der Verein den Wettbewerb erstmals nicht zentral durchführen wird, sondern den Schulen die Aufgaben freigibt. Die könnten dann selbst entscheiden, ob sie den Schülerinnen und Schülern den Test per E-Mail schicken oder auf eine mögliche Schulöffnung nach Ostern warten. Der Wettbewerbscharakter wäre für dieses Jahr dann ausgesetzt, weil es keine Aufsicht beim Ausfüllen der Arbeiten gibt. Die Besten sollen dann also keine gesonderten Preise erhalten, und auch das internationale Mathe-Camp am Brandenburger Werbellinsee für die Sieger aus den Klassenstufen 9 und 10 würde ausfallen.

"Wir hoffen, dass die Kinder die zwei Euro nicht zurückhaben wollen. Für uns ist es existenzbedrohend, für den Einzelnen nicht", sagt Känguru-Chef Alexander Unger. Er hofft, dass auch innerhalb der Schulen solidarische Lösungen gefunden werden, wenn einzelne Schülerinnen oder Schüler das Geld zurückhaben wollen. Ausschließen könne er aber nicht, dass ganze Schulen vom Wettbewerb zurücktreten und der Känguru-Verein auf den Kosten sitzenbleibt.

Noch später im Schuljahr könne der Wettbewerb nicht stattfinden. Denn es dauert zwei Monate, bis alle Urkunden und Preise in Berlin-Adlershof verpackt und an die Schulen in ganz Deutschland verschickt werden. Wäre der Wettbewerb erst im Mai, sind viele Kinder schon in den Sommerferien, wenn die Pakete die Schulen erreichen. 

Schulen unterstützen Notfall-Plan

Aus den Schulen deutet sich nun Unterstützung für den beschriebenen Notfall-Plan an. Mathematik-Lehrer Falk Ebert vom Herder-Gymnasium in Berlin-Charlottenburg will den Wettbewerb nach Ostern unbedingt durchführen, auch wenn dafür wie schon in diesen Wochen erneut Schulstunden ausfallen würden: "Es wäre ein gewisses Maß an Rückkehr zur Normalität. Der Unterricht soll sich ja auf innovative Art und Weise fortsetzen."

Auch Mathe-Fachbereichsleiter Marcel Pietschmann vom Heinrich-Hertz-Gymnasium in Friedrichshain will einen Ausfall des Känguru-Wettbewerbs verhindern: "Der Wettbewerb hat an der Schule Tradition, die Schüler freuen sich darauf." An seiner Schule nehmen die Klassen 5 bis 10 fast geschlossen am Wettbewerb teil. Die Teilnahmebeiträge hat Pietschmann bereits eingesammelt, die Überweisung aber erstmal verschoben, um die neuen Entwicklungen abzuwarten. Zur Not würde auch er den Wettbewerb online durchführen wollen. "Ich glaube auch nicht, dass da viele schummeln werden. Wer teilnimmt, macht das aus Überzeugung und aus Spaß", so der Lehrer.

Für Känguru-Chef Alexander Unger sind diese Bekenntnisse gute Nachrichten. Dennoch richtet er einen Appell an alle Beteiligten: "Schulen, macht den Wettbewerb irgendwie möglich, wenn es ihn auch nächstes Jahr noch geben soll!"

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Beitrag von Nico Schmolke

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Antwort auf [Mama kanga] vom 18.03.2020 um 19:25
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