Fehlende Schutzkleidung - Etlichen Arztpraxen droht wegen Corona-Krise die Schließung

Fr 20.03.20 | 10:44 Uhr
Kinderarzt Dr. Wienhold untersucht eine Patientin
Bild: Video: Abendschau | 19.03.2020 | Norbert Siegmund

Während die Berliner Krankenhäuser mit Hochdruck auf die Corona-Pandemie vorbereitet werden, schlagen die niedergelassenen Ärzte Alarm: Ihnen geht die Schutzkleidung aus, Praxen mussten schon schließen. Dabei stemmen sie die medizinsiche Grundversorgung.

Was Sie jetzt wissen müssen

Das Telefon in der Kladower Kinderarztpraxis von Stephan Wienhold steht nicht mehr still. Seinen Sommerurlaub hat er coronabedingt bereits abgesagt. Stattdessen macht er ungeplante Sprechstunden und unerwartet viele Notfälle. Dazu kommen Eltern, die in Corona-Zeiten zusätzlich verunsichert sind.

"Ich habe schon große Sorgen", sagt Krisitina S., die mit ihrer Tochter in die Praxis gekommen ist. "Bei meinem Kind wurde gerade eine Lungenentzündung festgestellt." Christiana H. steht im Wartezimmer mit ihren kleinen Sohn auf dem Arm. "Wenn er nur zwei Tage Fieber gehabt hätte, wäre es kein Problem. Aber bei vier Tagen mache ich mir schon Sorgen und möchte es einfach abklären." In der Familie gehe gerade auch noch die Grippe rum.

Schutzausrüstung geht rapide zur Neige

Einfache Erkältung oder schwerwiegende Infektion - vielleicht auch mit dem Coronavirus? In der aktuellen Krise sind Ärzte wie Stephan Wienhold für Eltern die ersten Ansprechpartner. Hanna, die neunjährige Tochter von Kristina S., hat Glück im Unglück: nur eine Mittelohrentzündung.  

Doch sonst quälen Kinderarzt Wienhold Sorgen. Schutzkittel, Masken und Handschuhe gehen absehbar zur Neige und sind nirgends mehr zu bekommen, sagt er. "Die Konsequenzen sind, dass wir Menschen anstecken können, weil wir uns anstecken, und dass ich meine Helferinnen nicht mehr ruhigen Gewissens arbeiten lassen kann, weil sie sich einer großen Gefahr aussetzen."

Mangels Schutzbekleidung müssten demnächst Arztkollegen in Spandau schließen, sagt Wienhold. "Dramatisch" sei das, sagt Mutter Christiana H., die normalerweise bei einer anderen Kinderärztin ist, dort aber seit Tagen niemanden erreichen konnte. "Wenn man gar keinen mehr erreicht, wo soll man hin?"

Die ersten Helfer in der Krise könnten also die ersten sein, die ihre Waffen strecken müssen. Die Kinderärzte nehmen ihren Auftrag ernst, sagt Stefan Wienhold. Aber ohne Nachschub werde es für viele Mediziner extrem schwierig. "Mir fehlen vor allem Atemmasken", sagt Wienhold der rbb-Abendschau. Von den Materialien, die der Bund nun zentral beschaffen will, habe er nichts gehört. Er habe sich damit bereits an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) gewandt - doch ohne Erfolg.  

KV ruft Unternehmen zu Materialspenden auf

Vor genau dieser Situation habe man schon vor Wochen gewarnt, sagte Burkhard Ruppert, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KV in Berlin, dem rbb. "Wir kriegen seit Tagen Rückmeldung aus den Praxen, dass dem so ist und wir mit einer massenhaften Schließung von Praxen rechnen müssen." Der Zustand sei "katastrophal", so Ruppert, es werde dringend Schutzausrüstung benötigt. Ruppert kritisierte, dass noch im Januar medizinische Schutzkleidung aus Deutschland exportiert worden sei. Nun habe die KV alle Berliner Betriebe aufgefordert, originalverpackte Desinfektionsmittel, Schutzbrillen, Kittel oder Atemschutzmasken zur Verfügung zu stellen. "Wir brauchen jede Quelle, weil wir sonst in eine Situation kommen, dass die Ärzte ungeschützt sind." Dadurch würden sie nicht nur das Virus verbreiten, sondern letztlich auch dem Versorgungssystem verloren gehen.

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