Corona-Quarantäne in Berlin - Wenn man 44 Mal versucht, die Hotline anzurufen
Zehn Menschen sind aktuell nachweislich in Berlin mit dem Coronavirus infiziert. Weitaus mehr befinden sich in Quarantäne. So wie eine junge Frau, die am Arbeitsplatz Kontakt mit einem Infizierten hatte. Sie kritisiert die Berliner Behörden. Von Oliver Soos
In Berlin sind am Mittwoch und Donnerstag weitere Coronainfizierte gemeldet worden und damit steigt auch die Zahl der möglichen Kontaktpersonen im Umfeld. Doch detailierte Informationen und Handlungsanweisungen bekommen Betroffene zum Teil zu wenig, wie eine Frau berichtet, die am Arbeitsplatz möglicherweise Kontakt mit einem Infizierten hatte.
Mitbewohner müssen gehen oder stehen auch in Quarantäne
Die 28-jährige Frau wohnt im Bezirk Treptow-Köpenick und möchte anonym bleiben. Sie erzählt, dass sie den ersten Coronavirusinfizierten in Berlin zwar nicht kenne, dass er aber an ihrem Arbeitsplatz in Berlin-Mitte "zugegen war". Genaueres möchte sie nicht sagen.
Die 28-Jährige erzählt, dass sie an diesem Montag ganz normal zur Arbeit fahren wollte, doch dann sei ein Anruf von ihrem Arbeitgeber gekommen: "Ich wurde am Montag angerufen, dass ich zu den 60 Kontaktpersonen des ersten Berliner Coronainfizierten zähle, und mir wurde gesagt: Ich solle zuhause bleiben." Und genau das sei dann auch auch erstmal der Status für Montag geblieben. Mehr habe sie nicht erfahren und habe nur gewusst, dass sie irgendwann der Amtsarzt weiter informiere.
Dieser Anruf vom Amtsarzt vom Gesundheitsamt Treptow-Köpenick sei dann auch am Montagabend gekommen: "Mir wurde gesagt, dass ich unabhängig davon, ob ich infiziert bin oder nicht, 14 Tage zuhause bleiben soll. Außerdem sagte er mir, dass ich die Person, die mit mir im Haus wohnt, vor die Wahl stellen soll, ob sie sich sofort eine andere Unterkunft sucht, oder für diese Tage mit mir in Quarantäne bleibt."
Keine Angst, aber Sorge
Angst hatte sie nicht, wie die 28-Jährige erzählt, doch sie habe sich sofort Gedanken gemacht: Wen hat sie nach dem Kontakt mit dem Infizierten alles getroffen? Welche Termine stehen in den nächsten Tagen an? Wem muss sie absagen.
Der Amtsarzt habe ihr dann am Montag gesagt, dass sie am Mittwoch getestet werden solle, doch bislang habe sich nichts getan: "Ich fühle mich sehr schlecht informiert und tatsächlich auch im Stich gelassen. Man weiß ja jetzt gar nicht genau: Darf ich vielleicht trotzdem Besuch empfangen, was ist das jetzt?"
Außerdem fehle es an Ansprechpartnern: "Man kam da jetzt natürlich auch nirgendwo durch bei diesen Nummern. Die sind alle besetzt, jeder ruft da gerade an." Auf ihrem Handy könne sie sehen, dass sie 44 Mal versucht habe, die Hotline des Senats anzurufen. Mittlerweile habe sie Kontakt zu anderen Leuten, die zuhause isoliert wurden in unterschiedlichen Berliner Bezirken. Und jedem sei dabei etwas anderes erzählt worden: "Das ist abhängig vom Bezirk, wahrscheinlich auch vom Sachbearbeiter."
So habe sie nun erfahren, dass Persononen in Quarantäne teilweise gar nicht getestet werden müssen: "Oder: Sie mussten dann tatsächlich selber die Quarantäne verlassen, um sich testen zu lassen." Sie wisse nun nicht mehr genau, was man tun könne und müsse. "Der Amtsarzt sagte mir, dass ich behördliche Auflagen erhalten werde. Aber wie sehen die denn nun aus? Könnte es etwa bestraft werden, wenn man sich nicht an sie hält?"
"Das ist immer noch ziemlich unkonkret"
Im Laufe des Mittwochs dann habe sie doch noch die Nachricht bekommen, dass sie am Donnerstag wegen eines Tests angerufen werde: "Doch das ist immer noch ziemlich unkonkret." Die 28-Jährige sagt, sie bleibe erstmal weiter zuhause. Freiwillig. Denn kontrolliert werde das nicht. Immerhin fühle sie sich gesund und körperlich fit.
Sendung: Inforadio, 05.03.2020, 6.20 Uhr
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