Neue gemeldete Fälle in Deutschland - RKI schätzt Coronarisiko derzeit als "gering bis mäßig" ein

Fr 28.02.20 | 12:10 Uhr
Eine Frau mit Mundschautz in der Berliner U-Bahn (Quelle: imago.images)
Bild: www.imago-images.de

Wegen des Coronoavirus sind Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel bereits Mangelware. Das Robert-Koch-Institut schätzt das Risiko für die Bevölkerung aber derzeit als "gering bis mäßig" ein. Zudem seien Desinfektionsmittel nicht sinnvoll, heißt es.

Was Sie jetzt wissen müssen

In Deutschland sind am Donnerstag 27 neue Fälle von Infektionen mit dem Coronavirus gemeldet worden. Das gab das Robert-Koch-Institut (RKI) am Freitagvormittag bekannt. "Die neuen Fälle sind ganz gut zuzuordnen", sagte Lars Schaade, Vizepräsident des RKI. Derzeit schätze er das Risiko für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland aber als "gering bis mäßig" ein.

Bisher konnte das RKI mehrere Cluster von Infektionen identifizieren, die sich in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern befinden. Hinzu kämen drei Einzelfälle von Italien-Rückkehrern. Insgesamt gibt es seit Jahresbeginn 53 Covid19-Fälle in Deutschland, von denen 16 bereits vor Wochen aufgetreten sind.

Desinfektionsmittel nicht sinnvoll

Weltweit haben sich die Coronavirus-Infektionen laut Schaade erhöht. Demnach gibt es derzeit 83.300 Patienten in insgesamt 52 Ländern. 

Schaade gibt die Empfehlung, sich an die "Husten- und Niesenetikette" zu halten, sich wenig ins Gesicht zu fassen, Einwegtaschentücher zu verwenden und in die Ellenbeuge zu husten oder niesen. Eine Nutzung von Desinfektionsmittel oder Atemschutzmasken im Alltagsleben hält er derzeit nicht für sinnvoll.

"Starke bis sehr starke Grippewelle"

In 85 Prozent der Fälle sei die Lungenerkrankung nach 14 Tagen überstanden, so Schaade. Bei einem schweren Verlauf könne eine Genesung vier bis sechs Wochen andauern. Ein solcher Verlauf wurde in Deutschland bisher nur in einem Fall im nordrhein-westfälischen Heinsberg festgestellt. 

Das RKI vergleicht die Coronavirus-Ausbreitung derzeit mit einer "starken bis sehr starken Grippewelle", sagt Schaade. In Deutschland starben in der Grippesaison 2017/2018 mehr als 25.000 Menschen an der Erkrankung.

Noch keine Fälle in der Region

In Berlin und Brandenburg gibt es auch am Freitag noch keinen bestätigten Coronavirus-Fall. Die Gesundheitsämter der Berliner Bezirke überprüften aber einige Verdachtsfälle, die Amtsärzte verhängten in Einzelfällen auch häusliche Isolation für mögliche Träger des Virus.

Im Fall des Erlebnisbadbesuchs eines Infizierten im Landkreis Dahme-Spreewald gibt es keine neuen Erkenntnisse. Am Donnerstag war bekannt geworden, dass ein positiv getesteter Mann aus Nordrhein-Westfalen vom 20. bis 23. Februar mit seiner Familie im "Tropical Islands" bei Krausnick war.

91 Mitarbeiter des Erlebnisbads werden am Freitag auf das Coronavirus getestet, Ergebnisse werden am Montag erwartet. Eine Ansteckungsgefahr für andere Badegäste, die zur selben Zeit im "Tropical Islands" waren, war nach Einschätzung von Experten äußerst gering. Das Schwimmbad könne bedenkenlos besucht werden, betonte Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Donnerstag. Das örtliche Gesundheitsamt im Landkreis Dahme-Spreewald hat für alle Fragen von Bürgern zum Erreger ein Bürgertelefon eingerichtet. Es ist den Angaben zufolge täglich zwischen 8 und 22 Uhr unter 03375/262146 erreichbar.

Berliner Pneumologe: "Bevölkerung wird "durchseucht" werden

Der Berliner Pneumologe Torsten Bauer sagt, das wichtigste Anzeichen für eine mögliche Infektion mit dem Coronavirus sei Fieber. "Wenn der Körper kein Fieber produziert, dann kommt er wahrscheinlich – das ist meine Einschätzung – mit der Infektion zurecht", sagte Bauer am Freitag dem rbb-Inforadio.

Der Chefarzt für Pneumologie an der Lungenklinik Heckeshorn in Berlin-Zehlendorf hält Atemschutzmasken nur bei Infizierten geeignet, um Mitmenschen nicht anzustecken. "Aber eigentlich sollen die Menschen sich ja selbst schützen und dafür sind die Masken ungeeignet", so Bauer. Die Knappheit von Desinfektionsmitteln hält Bauer "für die Kontrolle dieses Ausbruchs von untergeordneter Wichtigkeit".

Das Risiko, sich bei Großveranstaltung wie der ITB mit dem Virus anzustecken, schätzt Bauer als real ein - über eine Absage müsse letztlich aber die Politik entscheiden. Für ihn aber stehe bereits fest: "Die deutsche Bevölkerung wird durchseucht werden. Wir werden uns alle irgendwann damit infizieren." Nun ginge es darum, den Prozess ein bisschen zu verzögern. Auch das Wetter spiele eine Rolle in der Bekämpfung des Virus. Im Sommer würden sich weniger Menschen gegenseitig anstecken: "Wenn die Menschen wieder mehr draußen sind, dann wird sich diese Infektionsgeschwindigkeit deutlich wieder verlangsamen."

ITB steht auf der Kippe

Mit Spannung blickt am Freitag die Messe Berlin auf die Einschätzung des Krisenstabs der Bundesregierung zur Internationalen Tourismusbörse ITB, die eigentlich am 4. März in den Messehallen unter dem Funkturm beginnen sollte. Während sich die Messe auf Bewertungen einer Amtsärztin beruft und weiterhin die ITB durchführen möchte, ließ Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag ernsthafte Zweifel daran durchblicken. Der Krisenstab wird am Freitag eine Empfehlung aussprechen, letztlich entscheiden über eine ITB-Absage muss aber das Land Berlin.

Für die ITB haben sich 10.000 Aussteller aus aller Welt angemeldet, sie müssen ein Formular ausfüllen und darin schriftlich versichern, dass sie Coronavirusfrei sind und in den zurückliegenden 14 Tagen nicht in Risikogebieten waren. Für die Besucher, deren Zahl in den vergangenen Jahren meist bei 150.000 lag, gibt es keine solche Regelung.

Sendung: Inforadio, 28.02.2020, 10:40 Uhr

FAQ zum Umgang mit dem Coronavirus

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