Corona-Krise in Berlin und Brandenburg - "Systemrelevante" Berufe: "Die Leute beißen sich durch"

So 22.03.20 | 12:53 Uhr | Von Götz Gringmuth-Dallmer
Eine Kassiererin an der Kasse in Berlin (Quelle: dpa/Jens Kalaene)
Bild: dpa/Jens Kalaene

Sie arbeiten im Supermarkt an der Kasse, in Krankenhäusern, Arztpraxen, bei Polizei oder Feuerwehr: Menschen in sogenannten systemrelevanten Berufen. In Zeiten der Corona-Krise stehen sie vor unterschiedlichen Herausforderungen. Von Götz Gringmuth-Dallmer

Was Sie jetzt wissen müssen

Allein im Lebensmitteleinzelhandel arbeiten in Berlin und Brandenburg mehr als 20.000 Menschen im Verkauf. Björn Fromm, Inhaber von zwei Supermärkten in Berlin und zugleich Präsident des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, berichtet, dass seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Zeit die doppelte Menge von dem auspacken und verkaufen würden, was normalerweise üblich wäre. "Die Leute beißen sich durch, wir haben relativ wenig Kranke. Die Kolleginnen und Kollegen sind richtig engagiert", sagt Fromm über seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.   

Unterschiedliches Verhalten der Kunden

Viele Kunden würden sich dankbar zeigen und wären relativ gelassen. "Zur Zeit gibt es aber auch Kunden, die kein Verständnis dafür haben, was die Mitarbeiter leisten", beklagt Fromm. Im Gepräch mit rbb|24 weist er immer wieder darauf hin, dass es keine Lebensmittelkrise gibt und bittet um Verständnis: "Es kann auch mal zwei Tage dauern, bis ein gewünschter Artikel wieder da ist."

Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, sagt, die Hauptbelastung für Menschen, die im Lebensmitteleinzelhandel arbeiten, wäre die Konfrontation mit den Kunden, die noch nicht begriffen hätten, was dort geleistet wird. "Der Ton wird rauher", so seine Beobachtung. Und dann gebe es im Handel ja noch die, die ihre Geschäfte schließen mussten. "In diesem Bereich", sagt Busch-Petersen, "herrscht schiere Verzweiflung".

Starkes Informationsbedürfnis

Für die Feuerwehr in Berlin hat sich eigenen Angaben zufolge hinsichtlich der Zahl der Anrufe und Einsätze bislang noch nichts verändert. Das Anrufaufkommen in der Leitstelle der Feuerwehr entspricht demnach momentan einem durchschnittlichen Aufkommen (Stand 20.03, 10:00 Uhr). Auch die Zahl der Einätze sei derzeit ebenfalls auf dem Durchschnittsniveau, heißt es aus der Pressestelle. Die Feuerwehr registriert aber auch, dass es in der Stadt ruhiger geworden ist. "Es gibt weniger Verkehrsunfälle", sagt der Sprecher der Beliner Feuerwehr, Thomas Kirstein im Gespräch mit rbb|24.

Die Kolleginnen und Kollegen hätten jedoch ein gesteigertes Informationsbedürfnis, berichtet Sabine Kästner von der Berliner Feuerwehr. Das standartisierte Vorgehen bei Einsätzen würde sich je nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) ändern. Dadurch würden sich im Ablauf Dinge ändern, das wäre schon eine neue Situation. "Von der allgemeinen Unsicherheit sind die Menschen bei der Feuerwehr genauso betroffen wie die restliche Bevölkerung", so Kästner. "Dass eigene Kollegen betroffen sind, das hatten wir so auch noch nicht. Eine ganze Wachabteilung musste in häusliche Isolation, das beschäftigt die Kollegen."

Mehr als 40.000 Menschen arbeiten in der Altenpflege

So gibt es neben den Menschen im Lebensmittelhandel und bei der Feuerwehr noch sehr viele andere, die in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten. Die Arbeitsagentur zählte im Juni 2019 zum Beispiel mehr als 44.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, die in beiden Bundesländern in der Altenpflege arbeiten und mehr als 160.000, die in medizinischen Berufen arbeiten. "Bei den Beschäftigten in den Krankenhäusern ist die Anspannung hoch, was den Eigenschutz betrifft", sagt Joachim Odenbach von der Deutschen Krankenhausgesellschaft.

Krankenhäuser und die Beschäftigten bereiteten sich seit Wochen mit Hochdruck darauf vor, dass die Zahl der Infizierten stark ansteigt. "Da ist das Unverständnis über Grillfeste im Park und 'Corona-Partys' ist extrem hoch." Dazu kommen viele niedergelassene Ärzte, die über mangelnde Ausrüstung klagen.

Mehr als 20.000 Menschen arbeiten in der Energiewirtschaft, etwa ebenso viele in der Land-, Tier- und Forstwirtschaft. Dazu kommen zahlreiche Beschäftigte in der Verwaltung, in Bereichen der sogenannten kritischen Infrastruktur und den Verkehrsbetrieben.

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Beitrag von Götz Gringmuth-Dallmer

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