Interview | Genesene Covid-19-Patientin - "Ich hatte Corona, ich bin jetzt immun. Wie kann ich helfen?"

So 29.03.20 | 13:21 Uhr
Tanja Krone aus Berlin hat eine Infektion mit dem Coronavirus überstanden. (Quelle: Jasper Kettner)
Bild: Jasper Kettner

Die Berliner Theaterregisseurin Tanja Krone hatte sich mit Corona infiziert - und ist inzwischen wieder gesund. Warum sie aber nicht in der Statistik der Genesenen auftaucht und was sie jetzt mit ihrer neuen "Superkraft" Immunität vorhat, erzählt sie im Interview mit Sarah Mühlberger.

Was Sie jetzt wissen müssen

rbb|24: Sie haben eine Superkraft, Frau Krone, welche ist das?

Tanja Krone: Ich habe mir das, halb im Scherz, so überlegt: Ich hatte Covid-19 und hab's überstanden. Das könnte meine Superkraft sein.

Wie haben Sie sich infiziert, wissen Sie das?

Ich bin Theaterregisseurin und hätte eigentlich am 13. März eine Premiere gehabt, am Theater Aachen. Die wurde einen Tag vorher abgesagt, denn die Theater schlossen vorsorglich. Die Generalprobe haben wir noch durchgezogen, weil wir einen ordentlichen Abschluss haben wollten, und an diesem Abend begannen dann bei mir Kopf- und Gliederschmerzen. Und einer der Schauspieler fiel aus, weil er krank war. Ich hab mir aber keine Gedanken gemacht, sondern bin dann einfach irgendwann nach Hause gegangen. Am nächsten Tag konnte ich mich nicht so richtig gut bewegen. Auch da habe ich noch gedacht: alles kein Problem. Manchmal hat man ja anstrengende Proben, und unsere waren sehr intensiv, bestimmt kommen meine Symptome daher.

Wie ging es dann weiter?

Am Nachmittag bekam ich die Info, dass der Intendant des Theaters infiziert sei. Daraufhin bin ich dann losgefahren und habe mich testen lassen, damit ich nicht Aachen verlasse und vielleicht mit einem Virus durch die Welt renne.

Haben Sie sich Sorgen gemacht, während Sie auf das Testergebnis gewartet haben?

Nee, gar nicht. Ich bin auch überhaupt nicht davon ausgegangen, dass ich das hätte. Ich nahm an, dass das jetzt ein grippaler Infekt ist - selbst mit der Info, dass der Intendant infiziert war und ich ihn in der Woche zu einem längeren Gespräch getroffen hatte. Also ich habe null damit gerechnet. Bei einer Theaterproduktion hat man ja relativ viel miteinander zu tun, auch körperlich. Wir haben immer noch unsere Witze gemacht, und ich ganz besonders. Denn ich bin auch Performerin und Musikerin, und mein Bühnenname ist schon ewig "MC Korona" – in Anlehnung an meinen Nachnamen Krone.

Nicht Ihr Ernst.

Doch, dieses Alter Ego habe ich schon lange. Und dann habe ich immer so Witze gemacht: 'Ich bin der Virus ..., hallo, der Virus kommt jetzt nach Aachen', und so weiter. So gesehen war es fast klar, dass es so kommen musste. Inzwischen ist quasi die ganze Produktion infiziert – alle SchauspielerInnen, die Regieassistenz.

Als Sie einen Tag nach Ihrem Test ein positives Ergebnis bekamen, wie haben Sie da reagiert?

Überrascht, aber eigentlich habe ich anfangs nicht so viel nachgedacht, ich war vor allem ganz schön im Delirium. Aber dann habe ich eine Info bekommen, dass einer der Schauspieler mit Lungenentzündung im Krankenhaus liegt und der Intendant auch. Und dann wurde ich nervös.

Und konnten trotzdem nichts machen, nur abwarten.

Ich habe einfach versucht locker zu bleiben, obwohl das nicht immer leicht war, zumal in einer fremden Umgebung. Ein bisschen geholfen hat aber, dass ich mir die Wohnung in Aachen mit einer Frau geteilt habe, die in einer Uniklinik arbeitet. Zwar als Logopädin, aber ich dachte mir, im Zweifel weiß sie, was zu tun ist.

Sie waren dann gemeinsam in häuslicher Quarantäne?

Ja und nein. Sie musste weiterarbeiten, wenn auch mit Mundschutz und nicht am Patienten. Sie hat Büroarbeit am Computer gemacht. Wenn sie zu Hause war, stand sie unter Quarantäne. Das war schon ein bisschen eine Herausforderung. Natürlich konnte meine Mitbewohnerin auch nicht mehr einkaufen gehen. Das haben Freunde von ihr erledigt. Da gab es ein gutes Netz, wir waren sofort gut versorgt. Und wir haben zu Hause alles Mögliche getan, damit sie sich nicht bei mir ansteckt, dass bloß keine Viren zu ihr gelangen. Das ist uns auch gelungen. Sie ist wirklich negativ getestet worden.

Wann wussten Sie, dass Sie es überstanden haben?

Nach vier, fünf Tagen habe ich gemerkt, dass sich da was getan hat auf der Lunge. Aber das hatte nichts mit Atemnot zu tun, mehr so ein Druck. Mehr ist aber zum Glück nicht passiert. Nach einer Woche habe ich gemerkt, dass es mir besser geht, dann konnte ich wieder konzentrierter lesen. Um halbwegs wieder normal fit zu sein, brauchte ich so zehn Tage. Mittwoch war der letzte Tag der Quarantäne, seit Donnerstag bin ich wieder auf freiem Fuß.

Woher wissen Sie, dass Sie jetzt nicht mehr infiziert sind? Waren die Tests negativ?

Eigentlich hieß es am Anfang, dass man nach Symptombeginn zehn Tage in Quarantäne soll, und dann bekommt man einen Freitest und kann wieder los. Aber während meiner Erkrankung wurden die Regeln geändert, diesen Freitest gibt es nicht mehr. Das heißt, jetzt gibt es die Regel 14 Tage Quarantäne, 48 Stunden symptomfrei, und dann kann man wieder raus. Aber eine Bestätigung, dass ich geheilt bin, habe ich nicht.

Und Sie gehen auch nicht in die Statistik der Genesenen ein.

Genau.

Nach allem, was wir heute wissen, sind Sie jetzt immun. Gab es irgendein wissenschaftliches Interesse an Ihnen als Covid-Genesene?

Nein, aber es gab privat jemanden, der sich infizieren wollte, um immun zu werden. Da habe ich aber nein gesagt.

Freuen Sie sich nach dem Ende der Quarantäne auf irgendetwas ganz besonders?

Ich freue mich vor allem, dass ich wieder losgehen kann, wenn ich was brauche. Vielleicht sogar trotzdem mit Mundschutz. Die Leute wissen ja nicht, dass ich das schon hatte und das jetzt nicht mehr habe und auch nichts übertragen kann. Aber mir gefällt eigentlich die Vorstellung ganz gut, draußen zu signalisieren, ich verbreite meine Viren nicht. Ich habe aber auch schon seit Langem immer einen Mundschutz in meiner Handtasche, vor allem für längere Zugreisen. Seit ich mal eine schwere Grippe hatte, bin ich sehr vorsichtig.

Die allermeisten Leute bewegen sich gerade mit unzähligen Vorsichtsmaßnahmen durch ihren Alltag – wenn sie sich überhaupt bewegen. Sie hingegen könnten sich jetzt wie eine Superheldin durch die Stadt bewegen, alles und alle berühren. Haben Sie das schon ausgekostet?

Noch nicht. Aber einige Freunde haben angeregt, dass ich jetzt ja der beste Partygast überhaupt sei: Man kann mich ohne jedes Risiko auf jede Party einladen. Dann kommt halt wenigstens ein Gast zum Geburtstag. Dafür könnte ich jetzt zur Verfügung stehen. Oder ich lese älteren Leuten vor.

Wie würde normalerweise jetzt Ihr Alltag aussehen, ohne Corona?

Ich bin ja Freiberuflerin und hätte in den nächsten Wochen mehrere Theaterjobs gehabt, die natürlich abgesagt wurden. So habe ich jetzt erst mal Zeit, um mich zu fragen, wie es weitergeht. Womit ich mich beschäftigen möchte. Es fällt mir aber schwer, mir vorzustellen, dass ich jetzt online Theater machen soll, um die Leute weiterhin zu unterhalten. Oder mich dadurch als Künstlerin zu legitimieren. Das ist jetzt gerade nicht so mein Anliegen.

Einige Freunde haben angeregt, dass ich jetzt ja der beste Partygast überhaupt sei: Man kann mich ohne jedes Risiko auf jede Party einladen. Dann kommt halt wenigstens ein Gast zum Geburtstag. Dafür könnte ich jetzt zur Verfügung stehen. Oder ich lese älteren Leuten vor.

Tanja Krone

Sondern?

Ich frage mich, wie ich mich als Corona-Geheilte jetzt nützlich machen kann. Da gibt es jetzt noch nicht so wahnsinnig viele Ansätze. Im Krankenhaus wird das natürlich kommen, dass sie da Unterstützung brauchen, aber ohne Ausbildung ist es vielleicht schwierig, da auszuhelfen. Ich interessiere mich auch schon länger für den Bereich Bestattungen und hatte mir ohnehin dieses Jahr vorgenommen, ein Praktikum zu machen. Und ich habe jetzt auch die Zeit der Quarantäne genutzt, erste Bewerbungen zu schreiben. Vor ein paar Tagen habe ich mit einem Bestattungsinstitut telefoniert und denen direkt gesagt: Ich hatte Corona, ich bin jetzt immun. Ich könnte also jetzt helfen, wenn ihr irgendwo Schwierigkeiten habt. Das fanden die dann auch ganz interessant, weil man ja bei diesem Job auch viel mit älteren Angehörigen zu tun hat. Also irgendwo kann ich meine Superkraft hoffentlich bald sinnvoll einsetzen.

Das Interview führte Sarah Mühlberger, rbb|24

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Antwort auf [Sirpa Krombholz] vom 04.04.2020 um 22:47
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