Ideen aus Asien - Was beim Eindämmen des Coronavirus helfen könnte

Fr 13.03.20 | 07:06 Uhr | Von Haluka Maier-Borst
Symbolbild: Passanten in Tokio tragen Schutzmasken und gehen dicht aneinander gedrängt über eine Straße. (Quelle: dpa/Kyodo)
Bild: dpa/Kyodo

Während in Deutschland die Zahl der Fälle bisher schnell wächst, haben einige Länder in Asien bereits dank verschiedener Maßnahmen kleine Erfolge erreicht. Was davon lässt sich auch in Berlin und Brandenburg umsetzen? Von Haluka Maier-Borst

Der Wiederbeginn des Unisemesters wird verschoben, Großveranstaltungen abgesagt und manche Schulen sind geschlossen. Sowohl Berlin als auch Brandenburg haben zahlreiche Maßnahmen getroffen, um den Ausbruch einer Corona-Epidemie zu verhindern oder zumindest entscheidend zu verlangsamen. Wenn sie richtig durchgeführt werden, könnten sie helfen. Das zumindest legen die Zahlen verschiedener Länder in Asien nahe, wenn man sie sich genauer anschaut.

Hinweis: Da bei Epidemien das Wachstum der Fallzahlen exponentiell ist und man mit einer Verdoppelung jede Woche rechnen muss, haben wir in den Grafiken logarithmische Skalen für die Zahl der Fälle verwendet. Das heißt, ein Wachstum von 100 Fällen auf 200 in der ersten Woche liegt auf der selben Linie wie ein Wachstum von 200 Fällen auf 400 in der zweiten Woche.

Japan: Schulen und Unis schließen

Japan hat vor anderthalb Wochen alle Schulen landesweit geschlossen [JapanTimes]. Und tatsächlich scheint sich der Anstieg der Fallzahlen zu verlangsamen. Geht man davon aus, dass sich alle sechs bis sieben Tage die Zahl der Fälle verdoppelt, wie Experten schätzen [Süddeutsche Zeitung], so ist das Land seit gut einer Woche außerhalb dieser Schätzung.

Aber es gibt auch Zweifel an den Zahlen. Einige Kritiker gehen davon aus, dass schlichtweg nicht genügend getestet wird und darum die Fallzahlen so niedrig sind. Nichtsdestotrotz hat sich nun auch Dänemark entschlossen [tagesschau.de], Kitas und Schulen vorerst zu schließen. 

Daniela Huzly, Bundesvorsitzende des Berufsverbands der Ärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, kann sich nach ihrer Aussage durchaus auch einen solchen Schritt für einzelne Bundesländer oder ganz Deutschland vorstellen. "Kinder sind auch bei anderen Krankheiten entscheidend daran beteiligt, dass sich die Erreger verbreiten", sagte sie rbb|24, "und so wird es wohl auch bei Corona sein, auch wenn die meisten von ihnen einen leichten Krankheitsverlauf haben."

Entsprechend könne zumindest ein temporäres, flächendeckendes Schließen von Kindergärten und Schuleinrichtungen helfen, so Huzly weiter. Gleichzeitig betont die Ärztin, dass natürlich sicher gestellt sein müsse, dass nicht schon kranke Kinder, die dann zu Hause bleiben, zum Beispiel ihre Großeltern anstecken.

China: Quarantäne ganzer Regionen

Hubei [tagesschau.de], der wahrscheinliche Ursprung des Corona-Virus wird wohl so schnell nicht in Vergessenheit geraten. Ganze Städte, die zu Sperrzonen werden, in die weder ein- noch ausgereist wird. Eine ganze Region unter Quarantäne, das ist der absolute Extremfall.

Seit einigen Wochen vermeldet man in China nun einen Rückgang beim Anwachsen der Fallzahlen. Haben also die drastischen Maßnahmen geholfen?

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Vielleicht zu deutlich, wie Daniela Huzly zu bedenken gibt. "Wie sicher sind wir, dass diese Zahlen aus China belastbar sind", fragt sie. Grundsätzlich plädiert Huzly dafür, Maßnahmen wie ein komplettes Abriegeln von Regionen und Städten als allerletztes zu ergreifen. Zum einen, weil sie natürlich das Leben der Bewohner massiv beeinträchtigten. Zum anderen, weil sie unfassbar schwer für ganze Regionen durchzuführen seien. Dass dies aber zumindest für einzelne Fälle möglich ist, zeigt aktuell das Beispiel Neustadt (Dosse).

Südkorea: Massentests

Südkorea ist seit dem Ausbruch des MERS-Erregers 2012, bei dem 38 Menschen in dem Land starben, besonders gut auf Epidemien vorbereitet. So ist das Land aktuell in der Lage, 20.000 Tests auf Corona durchzuführen - pro Tag. Seit dem 28. Februar können dafür sogar potenziell Infizierte mit dem Auto durch spezielle Durchfahrtsstraßen fahren und sich noch im Wagen sitzend auf das Coronavirus testen lassen. Das soll verhindern, dass Infizierte beim Weg in die Klinik andere anstecken.

Wer sich die Zahlen zu den Infizierten anschaut, würde aber wohl auf den ersten Blick bezweifeln, dass dieser Ansatz funktioniert.

Die Infiziertenzahlen liegen deutlich über den geschätzten Verdoppelungsraten und das Land gehört zu den Nationen mit den meisten Fällen. Aber es hat mit 66 Toten auf 7.869 Fälle auch eine der niedrigsten Sterberaten. Der Grund dafür liegt wohl zum einen daran, dass dank der Massentests früh Fälle gefunden werden und zum anderen daran, dass wahrscheinlich in vielen anderen Ländern leichte Fälle gar nicht registriert werden. 

"Das Muster ist eigentlich recht ähnlich zu uns hier in Deutschland", sagt Daniela Huzly. Auch in Deutschland habe man sehr viele Fälle registriert, aber noch eine sehr geringe Zahl an Toten. Dass auch hierzulande erste Durchfahrtsstraßen für Tests aufgestellt werden, bezeichnet die Medizinerin als eine gute Maßnahme.

Man habe in Deutschland sowohl in Großstädten wie Berlin als auch auf dem Land wie in Brandenburg ein gutes Versorgungsnetz an Testlaboren und könne entsprechend große Mengen an Leuten testen, sagt Huzly. "Sicher sollte das nicht überstrapaziert werden, dass jeder mit Halskratzen getestet wird, aber man ist in jedem Fall bereit, um ebenfalls massenweise Tests durchzuführen, um auch schon leicht Erkrankte frühzeitig zu identifizieren", sagt sie.

In Südkorea scheint die Strategie aufzugehen: Seit einigen Tagen ist der Zuwachs an neuen Fällen langsamer geworden. Damit sich die Lage in Deutschland ähnlich gut entwickelt, reichen aber laut Huzly nicht nur Schulschließungen und die Tatsache, dass sich die Labors auf eine große Zahl an Tests wappne. "Am Ende ist, so banal es klingt, auch jeder einzelne gefordert etwas zu tun. Sei es eben das Verzichten auf das Ausgehen in eine Bar oder der Supermarktbesitzer, der ein paar Mal am Tag seine Regale mit Seife und Wasser abwischt." Nur dann könne das Wachstum der Fallzahlen vom derzeitigen Niveau gebremst werden.

(Alle Zahlen auf dem Stand 12. März, 14 Uhr) 

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Beitrag von Haluka Maier-Borst

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Antwort auf [Vera] vom 13.03.2020 um 10:45
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