Schutzkleidung und strenge Besuchsregeln - Wie Berliner Seniorenheime mit der Corona-Gefahr umgehen

Mi 01.04.20 | 21:09 Uhr | Von Jenny Barke
Ein älterer Mann sitzt auf einer Bank vor einem Gebäude. (Quelle: imago-images/Sabine Gudath)
Audio: Inforadio | 31.03.2020 | Jenny Barke | Bild: imago-images/Sabine Gudath

Ältere Menschen sind bei einer Corona-Infektion besonders gefährdet. Die Berliner Altenpflegeheime versuchen einen Ausbruch im eigenen Haus vorzubeugen, aber die Maßnahmen werden zum Teil kritisch gesehen. Von Jenny Barke

Was Sie jetzt wissen müssen

Bärbel Arwe, Geschäftsführerin der Caritas Altenpflege in Berlin, ist besorgt. Zwar hätten sie und die Mitarbeitenden der Caritas alle Vorkehrungen getroffen, damit das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus für die alten Menschen gering bleibt. Doch sie weiß, dass nie komplett ausgeschlossen werden kann, dass eine Infektionskette wie in Wolfsburg ausbricht.

In einem dortigen Pflegeheim sind von mehr als 160 Bewohnern bisher 18 Menschen an einer Coronavirus-Infektion gestorben. Die größte Sorge von Arwe ist, dass die Schutzausrüstungen wie Atemmasken, Schutzkleidung und Brillen zur Neige gehen.

"In den nächsten Tagen wird es auslaufen", so Arwe. "Was uns besonders umtreibt, ist, dass wir keine FFP2-Masken haben. Und der Worst Case wäre, dass wir unter Umständen unsere Menschen aus den Heimen ins Krankenhaus geben müssten." Die Caritas-Geschäftsführerin geht davon aus, dass dort genügend Mitarbeiter und Schutzausrüstungen vorhanden sind.

Kritik: Keine Kontrolle der Heime mehr möglich

Damit es gar nicht erst so weit kommt, gelten bei den Caritas-Einrichtungen strenge Besuchsregeln: Nur noch ein Angehöriger dürfe pro Bewohner für eine Stunde täglich kommen, sagt Arwe.

In Brandenburg gilt komplettes Besuchsverbot. Viele Berliner Einrichtungen haben sich für ähnlich strikte Besuchsregelungen zum Schutz der alten Menschen entschieden. Ausnahmen gelten oft nur in Notfällen und bei der Sterbebegleitung. Das dürfe keine Dauerlösung sein, kritisiert Rechtsanwältin Ulrike Kempchen vom Biva-Pflegeschutzbund. Viele Angehörige befürchten laut Kempchen, dass durch das strikte Besuchsverbot die Kontrolle der Pflegeheime wegfalle.

"Wir können nicht auf Dauer die Grundrechte, auch die Freiheitsrechte der pflegebedürftigen Menschen in den Einrichtungen zu ihrem Schutz so einschränken, dass wir nicht wissen, was in den Einrichtungen passiert", mahnt Kempchen. Zwischenmenschliche Kontakte blieben aus und Bezugspersonen könnten ihre pflegebedürftigen Angehörigen nicht besuchen.

Auch Schutz der Psyche wichtig

Andreas Grenz von der Volkssolidarität kann die Kritik verstehen, doch beim derzeitigen Infektionsrisiko stehe der Schutz der Pflegeheimbewohner an erster Stelle.

"Das Verbot, das Haus zu betreten, bedeutet ja nicht, dass es ein absolutes Kontaktverbot gibt. Die Bewohnerinnen und Bewohner könnten das Haus verlassen und sich im Freien mit den entsprechenden Abstandsregeln auch mit ihren Angehörigen treffen", erklärt Andreas Grenz. "Wir sind auf dem richtigen Weg und bisher geben uns die Zahlen recht."

Um die soziale Distanz zwischen Pflegeheimbewohnern und Angehörigen etwas zu verringern, versucht es die Volkssolidarität nun mit Videochats. Eine Lösung, die auch Rechtsanwältin Kempchen vom Biva-Pflegeschutzbund befürwortet.

Auch Unterstützung durch das Pflegepersonal beim Telefonieren sei eine Option. Denn, so betont Kempchen, noch ist unklar, wie lange die Einschränkungen für die alten Menschen bestehen bleiben. Bei allem Schutz vor der Corona-Infektion sei auch der Schutz der Psyche alter Menschen sehr wichtig.

Beitrag von Jenny Barke

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Antwort auf [berlinberlin67] vom 02.04.2020 um 18:34
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