Einstellige Werte in Berlin und Brandenburg - RKI warnt angesichts niedriger Fallzahlen vor Verharmlosung

Di 12.05.20 | 11:50 Uhr
RKI-Vizepräsident Schaade am 12. Mai 2020 in Berlin (Bild: dpa/AFP/Tobias Schwarz)
Bild: dpa/AFP/Tobias Schwarz

In Berlin und Brandenburg sind zuletzt nur noch sehr wenige Neuinfektionen mit dem Coronavirus gemeldet worden. Das Robert-Koch-Institut warnt trotzdem: Von Entwarnung könne keine Rede sein, das Virus sei noch da.  

In Berlin und Brandenburg sind in den vergangenen Tagen nur sehr wenige Corona-Neuinfektionen registriert worden. In der Hauptstadt waren es am Montag nur zwei neue Corona-Fälle, in Brandenburg fünf. Ein ähnliches Bild zeigt sich in anderen Bundesländern: Sachsen-Anhalt meldete laut Robert-Koch-Institut [rki.de] am Montag fünf neue Fälle, Mecklenburg-Vorpommern nur einen – und das Saarland keinen einzigen.

"Das Virus ist noch nicht weg!"

RKI-Vizepräsident Lars Schaade warnte angesichts solcher Zahlen dennoch, die Gefahr des Coronavirus zu unterschätzen. "Es gibt ja auch unentdeckte und asymptomatische Fälle. Und auch wenige können neue Ansteckungswellen auslösen", betonte er am Dienstag auf einer Pressekonferenz. Der Rückgang in manchen Bundesländern sei zwar erfreulich, die Gefahrenlage sei derzeit auch tatsächlich geringer als noch vor Wochen, aber: "Das Virus ist noch nicht weg", so Schaade.

In Sicherheit wiegen könne man sich letztlich erst, sobald wirksame Instrumente gegen Covid-19 vorlägen. Bis dahin sei das Verhalten eines jeden ausschlaggebend, so Schaade: "Wenn wir uns alle vernünftig verhalten, haben wir eine Chance, die zweite Welle zu vermeiden. Wenn wir das nicht tun, wird es wieder aufflammen." Ein Leben so, "wie es etwa im vergangenen Dezember noch war", sei nur denkbar mit einem guten Medikament, oder, noch besser, mit einer Impfung, so der Vize-Präsident des Robert Koch-Instituts.

RKI will "geglätteten R-Wert" mitteilen

Schaade erläuterte auch, warum die Reproduktionszahl, der sogenannte "R-Wert", trotz mancherorts nur noch einstelliger Fallzahlen seit Tagen über der kritischen Marke 1 liege. Der R-Wert gibt Aufschluss darüber, wie viele Menschen ein einzelner Infizierter anstecken könnte. Grund für die derzeit registrierte Zahl 1 seien zum einen lokale Ausbrüche in Schlachthöfen in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Solche regional beschränkten Ereignisse würden diese Zahl in die Höhe treiben. Hinzu kämen aber auch statistische Schwankungen.

Schaade kündigte an, künftig auch einen "geglätteten R-Wert" bekanntzugeben. Der greife auf einen breiteren Zeitrahmen zurück und berücksichtige statistische Unsicherheiten. "Dieser geglättete Wert lag in der vergangenen Woche an keinem Tag über 1", betonte Schaade.

Zur Tendenz, dass nun schon seit dem Wochenende der R-Wert über 1 liegt, erklärte Schaade, "einzelne Tage sind nicht das Problem." Je länger und größer der R-Wert über 1 liege, desto mehr Fälle und mehr Krankenhausaufenthalte gäbe es allerdings. "Wenn wir längere Zeit bei 1,2 oder 1,3 lägen, wäre das besorgniserregend."

"R-Wert ist nur ein Parameter"

Grundsätzlich bemerkte der RKI-Vizepräsident, dass nicht nur der R-Wert ausschlaggebend ist für die Bewertung der Gefährdungslage in Deutschland. "Diese Zahl ist nur ein Parameter, um die Dynamik der Pandemie einzuschätzen. Hinzu kommen weitere Parameter: die Anzahl der Neuinfektionen, die Schwere der Erkrankungen und die Todesfälle sowie auch die personelle Situation in Krankenhäusern und Gesundheitsämtern." Alle diese Punkte seien erheblich, wenn es um Lockerungen oder Verschärfungen von Schutzmaßnahmen gehe.

Schaade rechnet damit, dass der R-Wert auch in den nächsten Tagen bei etwa 1 liegen wird. Ursache sei, dass sich die Zahl täglicher Neuinfektionen bundesweit betrachtet kaum mehr verringere und sich einem Plateau nähere. Die aktuelle Reproduktionszahl bilde jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab.

Sendung: Inforadio, 12.05.2020, 12 Uhr

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Antwort auf [Frank] vom 13.05.2020 um 10:56
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