Fitnessstudios in Brandenburg wieder offen - Es darf wieder trainiert werden - aber nur gemäßigt

Do 28.05.20 | 13:22 Uhr | Von Oliver Soos
Geräte im Fitnessstudio werden desinfiziert (Quelle: dpa/Franklin)
Video: Brandenburg Aktuell | 28.05.2020 | P. Manske | Bild: dpa/Franklin

Seit Donnerstag ist Indoor-Sport in Brandenburg wieder erlaubt - allerdings unter zahlreichen Auflagen. Vor allem regelmäßige Durchlüftung ist wichtig. Denn viele Mediziner warnen vor einer Infektion durch Aerosole. Von Oliver Soos

Im Fitnesscenter "Clever Fit" in Bernau (Barnim) ist der Zulauf am Donnerstagvormittag verhalten. Etwa 50 Kunden seien in den ersten fünf Stunden gekommen, sagt der Geschäftsführer Markus Wolff. Vor der Corona-Pandemie waren in Stoßzeiten bis zu 70 Gäste gleichzeitig da. Wolff hat erst am Morgen, als er schon geöffnet hatte, konkrete Anweisungen des Gesundheitsministeriums bekommen und die muss er nun überprüfen, ob sie mit seinen eigenen Eindämmungsmaßnahmen übereinstimmen.

Fitnessstudio-Betreiber Markus Wolff (Quelle: rbb/Oliver Soos)
Markus Wolff betreibt Fitnessstudios in Brandenburg | Bild: rbb/Oliver Soos

"Wir haben die Vorab-Pressemitteilung des Ministeriums gelesen und mit Fitnessstudios aus anderen Bundesländern telefoniert, die schon geöffnet haben", erzählt Wolff. "Deshalb haben wir ihre Regeln übernommen." Unter anderem ist Duschen verboten. Zwischen den Sportgeräten wird ein Abstand von mehr als anderthalb Metern eingehalten. Die Kunden müssen mit Mundschutz kommen und diesen in der Umkleide tragen. Erst an den Geräten dürfen sie ihre Maske abnehmen. Nach jeder Übung müssen die Gäste die Geräte desinfizieren und auch beim Betreten und Verlassen des Studios müssen die Hände eingesprüht werden.

Durchlüftung wichtiger als Desinfektion

Doch es gibt noch ein weiteres wichtiges Thema, das Fitnesscenter betrifft. Christian Drosten, der Chefvirologe der Berliner Charité, hat es in letzter Zeit immer wieder in Interviews angesprochen: Er lese immer mehr Studien, die zeigen, dass sich Coronainfizierte zu einem großen Teil durch Aerosole, also Kleinstpartikel, die in der Raumluft schweben, angesteckt haben. "Am Anfang haben wir vor allem an die Tröpfcheninfektion gedacht, also an Tröpfchen, die zu Boden fallen. Deshalb die ganzen Abstandsregelungen. Durch das Ausatmen, Sprechen und Husten entstehen aber auch Aerosole mit infektiösen Partikeln, die lange in der Luft bleiben." Nach Einschätzung des Virologen entsteht knapp die Hälfte der Übertragungen durch Aerosole, knapp die Hälfte durch Tröpfcheninfektion und etwa zehn Prozent durch Kontaktinfektion, wenn etwas an den Händen kleben bleibt. In geschlossenen Räumen sei eine gute Durchlüftung deutlich wichtiger, als die Desinfektion von Händen und Oberflächen, so der Virologe.

"Anforderung mehr als erfüllt"

Das Brandenburger Gesundheitsministerium schreibt allen Betreibern von Indoor-Sportanlagen vor, mindestens einmal pro Stunde durchzulüften. Markus Wolff von Clever Fit sagt, dass er die Vorgaben in seinen Fitnessstudios erfüllen kann. "In unserer Zweigstelle in Brandenburg an der Havel, wo ich die technischen Daten besser kenne, beträgt das Luftvolumen etwa 4.000 Kubikmeter. Unser Belüftungssystem tauscht 6.500 Kubikmeter Luft pro Stunde aus. Damit ist die Anforderung des Ministeriums mehr als erfüllt", sagt Wolff.

Die frische Luft komme direkt von außen. Der Luftabzug befinde sich in einem anderen Bereich, so dass da nichts vermischt werde. Außerdem könne durch das Kippen der Fenster und das Öffnen der Tür ein zusätzlicher Durchzug erzeugt werden, so der Fitnessstudio-Betreiber.

Und dennoch sind manche Mediziner skeptisch, so beispielsweise Patrick Larscheid, der Leiter des Gesundheitsamts des Berliner Bezirks Reinickendorf. Hier öffnen die Fitnessstudios voraussichtlich ab 6. Juni. Larscheid findet, dass man sich auf Belüftungsanlagen nicht hundertprozentig verlassen kann. "Wir können nicht wirklich beurteilen, ob ein Fitnessstudiobesuch gefährlich ist oder nicht. Wir wissen auch nicht, inwiefern das Ansteckungsrisiko verringert wird, wenn mehr Luft rein- und rausgeblasen wird. Generell aber dürfte das Ansteckungsrisiko in Fitnessstudios deutlich höher sein, als zum Beispiel in Büros oder in Warteräumen, weil die Besucher von Fitnessstudios vermehrte Atemarbeit leisten", sagt Larscheid.

"Ich mache lieber Entspannungsübungen"

Markus Wolff beteuert, dass man in seinen Fitnessstudios dieses Problembewusstsein habe. Deshalb sei es während der Corona-Pandemie verboten, sich übermäßig zu verausgaben. Nur gemäßigtes Aufwärmen und Krafttraining seien erlaubt, so Wolf.

Unter Bernauern gibt es unterschiedliche Meinungen zum Indoor-Sport in Coronazeiten. "Ich bin noch vorsichtig und mache lieber zu Hause Entspannungsübungen, denn ich gehöre zur Risikogruppe", sagt eine Rentnerin. Eine junge Frau meint: "Wenn, dann würde ich eine Maske tragen wollen, wie beim Einkaufen, aber das macht beim Tanzen keinen Sinn, denn da will man ja frei sein." Ein junger Mann meint dagegen: "Ich hatte von Anfang an keine Ängste und habe auch jetzt keine Angst vor Aerosolen. Abstand halten und Händewaschen - und dann passiert schon nichts."

Sendung: Inforadio, 28.05.2020, 09:30 Uhr

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