Interview | Kommunikationstrainerin - "Es kommt zu vielen Missverständnissen mit Maske"

So 24.05.20 | 18:36 Uhr
Bettina Schinko, Schauspielerin-Kommunikations und Sprechtrainerin (Quelle:
Audio: Inforadio | 22.05.2020 | Juliane Kowollik | Bild: rbb/Juliane Kowollik

Aus "Ich war in der Aftenhoffenstraße" wird "Ich lag tot auf der Straße". Mit Mundschutz müssen wir anders sprechen, sonst kann es zu Missverständnissen kommen. Wie eine gute Artikulation trotz Maskenpflicht gelingt, erklärt Kommunikationstrainerin Bettina Schinko.

rbb: Frau Schinko, momentan tragen wir alle eine Maske und klingen, als ob wir mit einer Hand vor dem Mund sprechen. Worin besteht beim Kommunizieren jetzt die Herausforderung?

Bettina Schinko: Die ganze Mimik geht verloren. Man kann an den Augen ablesen, ob jemand lacht, lächelt oder ernst schaut. Aber unser Hauptausdruck kommt über den Mund, und das fällt jetzt weg. Deswegen ist es auch gut nachzufragen: "Wie hast du das gemeint?", um zu vermeiden, dass Leute beleidigt sind. Neulich war zum Beispiel meine Mutter sauer und da musste ich ihr erstmal erklären, dass ich das nicht so gemeint habe, wie sie es verstanden hat.

Es ist anstrengender geworden zu kommunizieren, das ist wie mit einem Korken im Mund zu sprechen. Das Atmen fällt schwer. Ein Personal Trainer sagte kürzlich zu mir: "Wenn du Kopfschmerzen bekommen willst, dann mach mal mit Maske Sport!". Aber es ist auch eine gute Chance, jetzt besser zu sprechen und zu kommunizieren.

Wie kann das aussehen?

Wir müssen uns ganz klar besser artikulieren und mit Gesten unterstützen. Ein positiver Effekt durch die Einschränkungen: Man überlegt sich besser, was man sagt. Das ist ja gut, ich bin auch sehr für eine "Redediät", weil wir viel zu viele Füllworte verwenden. Wir werden also durch die Maske präziser im Sprechen. Hier in meinem Kiez tragen die Menschen Maske. Ich schätze es auch sehr, wenn die Wirtin oder der Verkäufer Maske trägt.

In welche Fallen können wir beim Sprechen mit Maske geraten?

Vor allem Verneinungen werden schlechter verstanden. Wenn ich sage "Das ist nicht gut." und nuschle das "nicht" ein bisschen weg, dann kommt beim Anderen "Das ist gut." an. Dann lieber andere Worte benutzen und sagen "Das ist schlecht". Das ist zwar etwas härter gesagt, wird aber wenigstens verstanden. Und wenn ich merke, da gibt's eine Irritation in den Augen des anderen, dann lieber nachfragen. Auch Zahlen werden schnell falsch verstanden und das kann dann ja auch mal den Auftrag kosten: Zwei und drei oder zwei-und dreihundert.

Es kommt zu vielen Missverständnissen mit Maske. Ein Freund hat mir erzählt, er war auf einer Radtour und ist vorrausgefahren und sein Freund rief von hinten "Ich lag tot auf der Straße" und beim nächsten Halt hat er gefragt: "Was hast du gesagt?". Der Freund sagte: "Ich war in der Aftenhofferstraße", "Achso, da bin ich aber froh". Oder "Hier geht's zur Kasse"- wird zu "Hier gibt's 'ne Tasse", das kann witzig werden.

Das kleine Wort "und" ist auch ganz wichtig. Wenn ich das nicht gut ausspreche, dann wird aus "und gut- ungut", aus "und freundlich“- "unfreundlich" und aus "und natürlich“- "unnatürlich"- sehr gefährlich.

Das Interview mit Bettina Schinko führte Juliane Kowollik, Inforadio.

Sendung: Inforadio, 22.05.2020, 06:30 Uhr

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Antwort auf [Bine] vom 25.05.2020 um 15:10
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