Nach Covid-Ausbruch in Potsdam - Bergmann-Klinikum will bundesweit sicherstes Krankenhaus werden

Sa 16.05.20 | 09:17 Uhr
Einer der Eingänge zum Ernst-von-Bergmann Klinikum in Potsdam (Quelle: DPA/Andreas Franke)
Bild: picture alliance

Mit einem Virusausbruch ist das größte Potsdamer Krankenhaus bundesweit in negative Schlagzeilen gekommen, Dutzende Covid-19-Patienten starben bisher. Die neue Klinikspitze will das Image verbessern und hat dazu ein neues Behandlungskonzept entwickelt.

Das Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann will als Konsequenz aus dem Coronavirus-Ausbruch bei der Sicherheit künftig deutschlandweit ganz oben sein. "Unsere Vision für das nächste Jahr ist, dass wir das sicherste Krankenhaus bundesweit werden, was die Versorgung von Pandemie-Patienten betrifft", sagte Geschäftsführer Hans-Ulrich Schmidt der Nachrichtenagentur DPA. Das gelte schwerpunktmäßig in Brandenburg, "aber vielleicht auch als Vorzeigeprojekt für andere Krankenhäuser". "Wir haben ein sehr aufwendiges Konzept entwickelt, das uns hilft, eine sichere Versorgung anzubieten." Die Klinik stelle sich angesichts von Lockerungen auf eine neue Infektionswelle ein - "in der Hoffnung, dass sie nicht kommt".

In dem größten Potsdamer Krankenhaus hatten sich im März Infektionen mit dem Erreger Sars-CoV-2-bei Patienten und Mitarbeitern gehäuft. Anfang April trat ein Aufnahmestopp für neue Patienten außer Notfällen in Kraft. Bisher starben insgesamt 45 Covid-19-Patienten. Die Klinik ist für die medizinische Versorgung von etwa einer halben Million Menschen zuständig. Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hatte die bisherigen Geschäftsführer beurlaubt und neue eingesetzt. Bis Juli soll die Klinik wieder in Normalbetrieb gehen. Geplant ist ein Umbau in eine "Covid-Klinik", eine "Nicht-Covid-Klinik" und eine Klinik für Verdachtsfälle. Eine Expertenkommission geht seit Donnerstag Ursachen des Ausbruchs auf den Grund und prüft Defizite.

Patienten werden grundsätzlich alle vier Tage getestet

Der neue Geschäftsführer Schmidt nannte Sicherheit die oberste Priorität. "Hygiene geht vor Wirtschaftlichkeit", sagte er. Als Gefahr sieht er unentdeckte Infektionen ohne Symptome. "Wir haben deshalb unsere Laborkapazitäten auf bis zu 1.000 Corona-Tests pro Tag für die Patienten und Mitarbeiter ausgeweitet und werden die Kapazität sogar kurzfristig verdoppeln." Als wichtigste Erkenntnisse aus dem Ausbruch nennt er die Weiterentwicklung der Hygienestandards und ein flexibles Schutz- und Sicherheitskonzept für mögliche Pandemien mit Trennung der Bereiche. Die Patienten werden nach Angaben von Co-Geschäftsführer Tim Steckel grundsätzlich alle vier Tage auf das Coronavirus getestet, auch die Mitarbeiter - in besonderen Risikobereichen noch häufiger.

Die Klinik hat aber auch Sorgen. Sie ist im Moment mit rund 200 Patienten belegt. "Das sind aktuell 23 Prozent unserer normalen Kapazität", sagte Steckel. "Die Situation ist wirtschaftlich angespannt." Er betonte: "Aber das Klinikum ist nicht existenziell bedroht." Der Ausfall bestimmter Betten, die nicht belegt sind, werde vom Bund anteilig ausgeglichen. "An unserer medizinischen Qualität gab es nie einen echten Zweifel", sagte Steckel. "Diese Kompetenz müssen wir wieder stark in den Fokus rücken." Es müsse gelingen, Mitarbeiter und Bevölkerung für das neue Konzept zu gewinnen.

Verlegungen nur noch nach bestimmten Vorgaben

Nach dem Virusausbruch hatten Experten des Robert Koch-Instituts unter anderem kritisiert, Umzüge ganzer Stationen könnten die Virusübertragung begünstigt haben. Die neue Klinikleitung sieht diese Gefahr nicht mehr. "Vor der ersten Pandemie-Welle im März haben wir schon Maßnahmen realisiert, um die Krankenhausbereiche in "Covid" und "Nicht-Covid" zu trennen", sagte Steckel. "Damals war das Haus aber noch relativ gut belegt und ganze Stationen mussten für diese Trennungen umgezogen werden. Wenn dagegen künftig nur ein einzelner Patient zum Beispiel vom grauen zum weißen, Covid-freien Bereich verlegt wird, ist das über die Stufen Tests, Isolation, sichere Schleusen und kreuzungsfreie Wege erheblich einfacher möglich."

Bei der gesamten Klinikgruppe Ernst von Bergmann, zu der weitere Krankenhäuser gehören, arbeiten knapp 4.500 Beschäftigte. Das Klinikum erwirtschaftete auf Konzernebene 2018 Umsatzerlöse von rund 295,3 Millionen Euro und einen Jahresüberschuss von 887.000 Euro.

Sendung: Inforadio, 16.05.2020, 9 Uhr

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