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Audio: Inforadio | 29.06.2020 | Birgit Raddatz | Quelle: imago images/MiS

Corona-Tests

Wer sich in Berlin testen lassen kann – und was das kostet

Mehr Lockerungen im öffentlichen Leben bedeuten auch, dass mehr Menschen auf Covid getestet werden sollen. In Berlin sind derzeit knapp 60.000 Tests pro Woche möglich. Aber nicht jeder bekommt seinen von der Krankenkasse bezahlt. Von Birgit Raddatz

Vor ungefähr zwei Wochen bekommt Florian Schmid Halsschmerzen und Schnupfen. "Als es nach drei Tagen nicht weg war, dachte ich mir, ich rufe jetzt einfach mal bei der Telefonnummer 116 117 an und frage, ob es angezeigt ist, einen Test zu machen", erzählt Schmid. Seine Kinder sind erkältet. Er will sichergehen, ob er nur einen harmlosen Infekt hat oder ob es eine leichte Form von Corona sein könnte.

Der Patientenservice der Kassenärztlichen Vereinigung verweist ihn zunächst an den Hausarzt. Erst als Schmid mehrmals nachfragt, bekommt er den Hinweis, sich an eine der rund 30 Covid-19-Schwerpunktpraxen in Berlin zu wenden.

Die wichtigsten Fragen

Wer wird getestet?

Menschen mit Symptomen wie Fieber, Halsschmerzen, Atemnot, Verlust des Geruchssinnes und ähnlichem. Der Arzt entscheidet auf Basis der Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, ob er oder sie einen Test für sinnvoll hält. Wer keine Symptome hat, aber von der Corona-App gewarnt wurde, darf ebenfalls von niedergelassenen Ärzten getestet werden. Menschen ohne Symptome, die in Einrichtungen wie Kitas, Schulen, Pflegeheimen oder Kliniken arbeiten, können nach einem Corona-Ausbruch oder stichprobenartig durch das Gesundheitsamt getestet werden.

Wo kann man sich testen lassen?

Manche Hausärzte bieten die Tests mittlerweile an. Zudem kann man sich an die 28 Covid-19-Schwerpunktpraxen in Berlin oder an die 27 Abklärungsstellen in Brandenburg wenden. Die Abklärungsstellen in Berlin, die unter anderem auf dem Gelände der Charité und von Vivantes entstanden sind, schließen Ende Juni. Patienten sollten immer vorher entweder bei der 116117, dem zuständigen Gesundheitsamt oder dem Hausarzt vorher anrufen.

Welche Tests gibt es?

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Testmöglichkeiten. Der klassische Test im Labor basiert auf der sogenannten Polymerasekettenreaktion, kurz PCR, mit der Erbgut des Virus nachgewiesen werden kann. Hier wird entweder beim Arzt oder zu Hause ein Rachenabstrich sowie gegebenenfalls auch ein Abstrich in der Nase gemacht. Auch ein Schnelltest, der nicht ins Labor muss, gibt es bereits. Jedoch ist diese Methode teurer, verbraucht mehr Material und ist unzuverlässiger. Einen Selbsttest, der ähnlich funktioniert wie zum Beispiel ein Schwangerschaftstest, gibt es noch nicht. Experten raten unbedingt von Tests aus dem Internet ab.

Wer bezahlt den Test?

Entscheidet ein Arzt, den Test durchführen zu lassen, trägt die gesetzliche Versicherung die Kosten. Dies gilt auch für Privatpatienten. Wird der Test als Privatleistung abgerechnet (zum Beispiel beim Selbstabstrich in Berlin oder wenn er für die Umgehung einer Quarantäne nach einem Urlaub dient) können je nach Labor und Arztleistung zwischen 150 Euro und 300 Euro anfallen.

Abstrich in zehn Minuten auf der Straße

Er ruft in der Praxis von Sybille Katzenstein in Neukölln an. Hier bittet man ihn, auf jeden Fall vorbeizukommen. Ab da geht alles ganz schnell. "Ich musste noch drei Blätter ausfüllen und dann war das eigentlich nach zehn Minuten getan", sagt er. Für den Test selbst geht Schmid gar nicht erst in die Praxis rein, ein Medizinstudent macht den Abstrich vom Fenster aus.

"Ich habe mir relativ früh am Anfang der Pandemie Gedanken gemacht, wie ich Menschen in meiner Praxis testen lassen kann", erklärt Sybille Katzenstein. Damit sie möglichst wenig mit den Patienten in Kontakt kommt, hat sie zwei Räume mit einer Wand sowie einer Art Tankstellentür getrennt. Jetzt im Sommer will sie jedoch immer auf der Straße testen, sagt die Ärztin, damit sich keine Aerosole in den Räumen bilden können. Am nächsten Tag ruft Patient Florian Schmid im Labor an und gibt eine 8-stellige Pin, die er von der Praxis erhalten hat, durch. Das Testergebnis: negativ.

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Ohne Symptome kein Test

Sybille Katzensteins Praxis hält als Vorzeigebeispiel her. Sie testet jeden schon bei dem leisesten Verdacht. Den sogenannten PCR-Test, der im Labor gemacht wird, bezahlt die Krankenkasse. Ganz ohne Symptome oder eine Warnung durch die Corona-App darf die Ärztin jedoch niemanden abstreichen. Durch eine neue Testverordnung des Bundesgesundheitsministeriums können zwar nun auch Menschen getestet werden, die keine Symptome haben: Kontaktpersonen, Personal und Kinder in Kitas oder Schulen sowie Mitarbeitende in Krankenhäusern und Pflegeheimen zum Beispiel [bundesgesundheitsministerium.de].

Diese Tests müssen aber vom Gesundheitsamt angewiesen werden. "Die Gesundheitsämter sind jetzt schon wieder am Rande ihrer Kapazitäten, weil sich die Fälle in Kitas zum Beispiel wieder häufen", kritisiert Katzenstein. Außerdem nehme sie eine gewisse Blockadehaltung sowohl der Gesundheitsämter als auch beim Patientenservice der KV wahr, die besonders mögliche Kontaktpersonen abwimmele, obwohl sie vielleicht einen Test machen sollten.

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Streitpunkt Selbstabstrich

Schon im März hat die Allgemeinmedizinerin ihren Patienten außerdem angeboten, einen Selbstabstrich zu Hause zu machen. Dafür holt eine gesunde Kontaktperson das Do-it-yourself-Kit für den Patienten ab und bringt die Proben später wieder in die Praxis zurück. Die Verbraucherzentrale warnt auf ihrer Internetseite vor dieser Handhabung [verbraucherzentrale.de]. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt, zwei Proben zu nehmen: aus den oberen und den unteren Atemwegen. Das sei schwierig für medizinische Laien.

Sybille Katzenstein hält dagegen, mit einer Anleitung und einem Erklärvideo hätten ihre Patienten den Selbstabstrich sehr zuverlässig machen können. Sie stehe für Fragen dann per Telefon bereit. Auch die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin schreibt: "Nur wenn ein in Eigenregie durchgeführter Abstrich nicht möglich ist, sollte er in der Praxis erfolgen" [ncbi.nlm.nih.gov].

Während die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe in einer Empfehlung den Selbstabstrich als bezahlte Kassenleistung zugelassen hat, gilt er in Berlin weiterhin als Privatleistung [kvwl.de]. In einem Brief an die Ärztin verweist sie darauf, dass die Versichertenpauschale einen Kontakt zwischen dem Arzt und dem Patienten erfordere. So muss Sybille Katzenstein weiterhin für den Selbstabstrich 170 Euro berechnen, der Großteil sind die Laborkosten.

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Die Preise für die Tests als Privatleistung schwanken erheblich, sagt ein Sprecher der Berliner Ärztekammer. Zwischen 150 und 300 Euro können sie kosten, je nach Labor, Versicherungs- und Testart. Allein in einer Woche hat Sybille Katzenstein wieder fünf Menschen, zum Teil auch nur mit milden Symptomen, positiv getestet. "Das klingt wenig, ich bin aber nur eine einzelne Praxis in Berlin", sagt sie.

Sie sei zu so etwas wie einer Abstrichärztin geworden. Sie glaube schon länger, dass die zweite Welle längst in Berlin begonnen habe. "Unter den Positiven waren Studentinnen, KfZ-Mechaniker und Kinder – und niemand von denen war auf einer Demo", sagt sie.

Sendung: Inforadio, 29.06.20, 7 Uhr

Beitrag von Birgit Raddatz

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