Die wichtigsten Informationen - Was Sie über die Corona-Warn-App wissen müssen

Mi 17.06.20 | 13:54 Uhr
Ein Mann schaut sich die Corona-Warn-App auf seinem Smartphone an. (Quelle: dpa/Michael Kappeler)
Video: Abendschau | 16.06.2020 | Tobias Schmutzler | Bild: dpa/Michael Kappeler

Die Corona-Warn-App steht zum Download bereit. Sie soll das übernehmen, was zurzeit Mitarbeiter von Gesundheitsämtern in mühevoller Kleinarbeit machen: Infektionsketten nachverfolgen und Kontaktpersonen von Infizierten warnen. So funktioniert die App.

Wofür ist die Corona-Warn-App gut?

Die Corona-Warn-App soll helfen, Corona-Infektionsketten schnell zu erkennen und dadurch rechtzeitig zu durchbrechen. Sie warnt Menschen im Nachhinein, die sich mindestens 15 Minuten in der Nähe einer infizierten Person aufgehalten haben. Das soll dazu beitragen, die Verbreitung des Coronavirus weiter einzudämmen - und verhindern, dass aus einzelnen Infektionsketten wieder größere Herde werden können.

Bis jetzt muss diese Kontaktnachverfolgung händisch von Mitarbeitern in Gesundheitsämtern gemacht werden. Wird eine Infektion gemeldet, wird der oder die Infizierte gefragt, welche Menschen er zuletzt getroffen hat und somit auch potenziell angesteckt haben könnte. Dann wird diesen Kontaktpersonen hinterhertelefoniert. Erinnerung aber ist lückenhaft - viele Infektionsketten können auf diese Weise schon bald nicht mehr nachvollzogen werden. Das erhöht das Risiko, dass Kontaktpersonen unbemerkt weitere Menschen anstecken.

Die App soll diese Arbeit automatisiert und viel genauer erledigen - sozusagen als digitale Gedankenstütze. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt bezeichnet sie als "sehr sinnvolles Instrument". Die App ist allerdings kein Ersatz für die geltenden Abstands- und Hygieneregeln wie etwa häufiges Händewaschen und das Tragen von Mund-Nasen-Schutz, wo es Pflicht ist - sie soll die Maßnahmen lediglich ergänzen. Der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, gerade in der Phase der Lockerung mit zunehmender Mobilität der Menschen mache die App Sinn: Etwa im Zug, Bus, in der S-Bahn oder bei Demonstrationen "kommen wir wieder immer mehr in Kontakt mit Personen, die wir nicht persönlich kennen".

Wie genau funktioniert die App?

Die App wird nur auf Smartphones verwendet und kann kostenlos heruntergeladen werden. Der Gedanke dahinter: Viele Menschen haben ihr Handy meist dabei, vor allem wenn sie rausgehen und andere Personen treffen. Je mehr Menschen die App nutzen, desto leichter lassen sich Infektionsketten nachvollziehen.

Die App erfasst, welche Smartphones einander über längere Zeit näher als etwa zwei Meter gekommen sind. Sie zeichnet auf, wann und wie lange man sich mit einem anderen App-Nutzer getroffen hat. Das höchste Risiko gilt ab einer Dauer von 30 Minuten. Sie zeichnet nicht auf, wo man sich mit jemandem getroffen hat. Um die App zu nutzen, muss man seine Bluetooth-Funktion am Handy und sein mobiles Internet permanent angeschaltet lassen.

Die Handys tauschen dann via Bluetooth zufällig erzeugte Krypto-Schlüssel aus. Diese Schlüssel ändern sich die ganze Zeit, damit ein Nutzer nicht identifiziert werden kann. Beispiel: Einem Handy ist einige Minuten lang der Schlüssel XFAZ3FB zugeordnet, später GTVC239. Jedes andere Handy in der Nähe mit der Warn-App darauf speichert nun diese Schlüssel. Der Austausch der Schlüssel mit anderen Geräten passiert in Abständen von zweieinhalb bis fünf Minuten. Weil die App die Signalstärke dieser Sendung erkennen kann, kann sie auch die Entfernung zum anderen Smartphone schätzen.

Die verschickten mobilen Datenmengen sind dabei sehr klein, der jeweilige Tagesschlüssel ist 16 Byte groß. Bei der Vorstellung der App am Dienstag hieß es, dass Mobilfunkbetreiber den Kunden in Deutschland generell keinen Datenverkehr in Zusammenhang mit der App berechnen. Andere Bluetooth-Verbindungen, zum Beispiel via Smart-Watch oder kabellosen Kopfhörern, werden durch die App nicht beeinträchtigt.

Wie installiert man die App?

Die Corona-Warn-App gibt es sowohl für Android- [play.google.com] als auch für iOS-Betriebssysteme [apps.apple.com]. Es ist wichtig, nach genau diesem Namen zu suchen, denn Apps in Zusammenhang mit Corona werden mehrere angeboten. Man erkennt sie auch an dem Symbol eines hellblau-weinroten C. Mehr Hinweise zur Installation finden Sie auch in diesem Video. Nutzbar ist die Corona-Warn-App von Menschen ab einem Alter von 16 Jahren. Jüngere brauchen die ausdrückliche Zustimmung der Eltern. 

Beim iPhone muss iOS 13.5 installiert sein. Das wird für Geräte ab dem iPhone 6s oder dem iPhone SE bereit gestellt. Ältere Modelle sind nicht mehr kompatibel. Bei Android-Smartphones muss mindestens Android 6 installiert sein, welches Ende 2015 veröffentlicht wurde. Experten schätzen, dass zwischen zehn und 20 Prozent aller im Einsatz befindlichen Smartphones in Deutschland nicht die Mindestvoraussetzungen erfüllen. Hier hat die Bundesregierung aber Verbesserungen angekündigt.

Achtung: Weil man für die Nutzung der App dauerhaft Bluetooth eingeschaltet haben muss, zieht das ein wenig mehr Strom. Sie sollten also damit rechnen, Ihr Handy etwas häufiger laden zu müssen. Die App braucht laut RKI knapp 20 Megabyte Speicherplatz. Sie müssen die App nicht die ganze Zeit geöffnet haben, sondern nur im Hintergrund Bluetooth und die Risiko-Ermittlung der App aktiviert lassen.

Bin ich verpflichtet, die App herunterzuladen?

Nein, der Download und die Nutzung sind rein freiwillig. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) betonte nochmal das Prinzip der "doppelten Freiwilligkeit": Man entscheide selbst, ob man die Anwendung auf dem Smartphone installiere - und dann auch, ob man bei einem positiven Test das der App mitteile. "Die Freiwilligkeit ist eine der wesentlichen Voraussetzungen dafür, dass diese App angenommen wird." Darüber hinaus brauche es kein Gesetz.

Datenschutz-Expertinnen wie Anke Domscheit-Berg fordern allerdings genau so ein Gesetz. Der Bundestagsabgeordneten (parteilos, für die Linke) reicht diese Freiwilligkeit ihren Worten zufolge "nicht, wenn sie nur die Abwesenheit von staatlichem Zwang bedeutet", sagte die Oppositionspolitikerin am Dienstag dem rbb. Arbeitgeber könnten sagen, sie wollten alle Mitarbeiter zum Nutzen der App verpflichten, Leute beim Einlass bei Veranstaltungen das Vorzeigen der App einfordern. "Daher möchte ich eine gesetzliche Grundlage, die festlegt: Für diesen einen Zweck und für gar keinen anderen muss diese App verwendbar sein."

Auch die vier Justizminister und -senatoren der Grünen in den Bundesländern, darunter der Berliner Justizsenator Dirk Behrendt, sind dieser Ansicht. Sie bestehen darauf, den Einsatz der App per Gesetz zu regeln. So müsse sichergestellt werden, dass die App lediglich auf freiwilliger Basis eingesetzt werden dürfe, heißt es in einem gemeinsamen Positionspapier. Arbeitsrechtlich ist es so, dass Sie Ihr Arbeitgeber in keinem Fall zwingen kann, diese App zu benutzen.

Was passiert, wenn ich positiv getestet bin?

Wird ein App-Nutzer positiv auf Covid-19 getestet, kann er das Ergebnis in der App eingeben - freiwillig. Dieses Testergebnis muss er allerdings auch belegen, das geht nur mithilfe eines QR-Codes des Testlabors oder einer telefonisch vermittelten TAN. Laut der Telekom sollen innerhalb der kommenden vier Wochen alle Corona-Testlabore und alle Gesundheitsämter in Deutschland digital mit der App verbunden werden.

Hat der Nutzer sein positives Testergebnis in der App vermerkt, werden die bisher auf seinem Handy verwendeten Schlüssel übermittelt, als Schlüssel einer infizierten Person. Die Geräte anderer Nutzer können nun kontrollieren, ob sie einen dieser Schlüssel übermittel bekommen haben, also sie sich in den vergangenen 14 Tagen in seiner Nähe aufgehalten haben. Die Besitzer erfahren somit auf ihren Handys, wenn es einen positiven Fall in ihrer Nähe gegeben hat und können sich an einen Arzt oder eine Ärztin wenden, um sich testen lassen zu können. 

Die Identität des oder der Infizierten kann nicht von anderen nachvollzogen werden, auch nicht vom App-Anbieter, dem Robert-Koch-Institut, oder von Google oder Apple, die die App auf ihren Plattformen zum Download bereitstellen. Alles, was andere außer dem Nutzer selbst erfahren, ist: Da war was und ich könnte nun auch infiziert sein. In Echtzeit warnen, wenn man sich einer infizierten Person nähert, darf die App aus Datenschutzgründen nicht. Die App kontrolliert weder, ob Quarantäne-Maßnahmen eingehalten werden, noch, ob Kontaktverbote eingehalten werden. Trägt man als Infizierter nichts ein, erfährt die App auch vom positiven Testergebnis nichts.

Ist eine Infektion durch einen Test bestätigt, gelten die gleichen Regeln wie ohne die App, diese ändert daran nichts: Die Infektion dem Gesundheitsamt zu melden, ist verpflichtend. Das übernimmt normalerweise das Testlabor oder die jeweilige Arztpraxis. Arzt oder Ärztin klären auch das weitere Vorgehen ab, beispielsweise die Krankschreibung. Das Gesundheitsamt kann Quarantäne anordnen [verbraucherzentrale.de].

Was tue ich, wenn ich von der App gewarnt werde?

Es gibt unterschiedliche Risikostufen, die Ihnen die App anzeigt. Interessant wird es erst ab "erhöhtem Risiko": Das bedeutet, dass Sie innerhalb der vergangenen 14 Tage laut App-Aufzeichnungen Kontakt zu mindestens einer positiv getesteten Person hatten. Wenn Sie diese Nachricht auf Ihrer App lesen, heißt das nicht, dass Sie sich tatsächlich angesteckt haben. Es heißt nur, dass ein Risiko dafür besteht. Daraus entsteht keine Pflicht, zuhause zu bleiben. Sie müssen diese Warnung auch nicht den Gesundheitsbehörden melden.

Die Empfehlung: Rufen Sie als erstes bei Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin an und holen Sie sich Rat ein. Verhalten Sie sich bis zu einem eigenen Testergebnis so, als ob Sie selber infiziert wären, um andere in jedem Fall zu schützen. Dafür gelten die schon bekannten Regeln: Minimieren Sie den Kontakt zu anderen und halten Sie Abstand, wo es geht.

Entgegen der ersten Information der Bundesregierung hat man als Gewarnter nicht automatisch Anspruch auf einen Corona-Test. Die Krankenkassen gehen hier nicht einheitlich vor, haben Nachfragen gezeigt. Die Entscheidung über einen Test trifft nach wie vor der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin, heißt es beispielsweise bei der "TK" [tk.de]. Bei der "Barmer" dagegen gilt: Sie können mit der Warnung in ihrer App, dass ein "erhöhtes Risiko" besteht, zum Arzt gehen und einen Test machen lassen - auch ohne Symptome zu spüren. Der Arzt kann die Kosten für diesen Test dann mit der Kasse abrechnen, sagte ein Sprecher der Barmer-Krankenkasse am Mittwoch rbb|24. Auch die "Ärztezeitung" [aerztezeitung.de] berichtet über einen Modus, wie Hausärzte Corona-Tests nach einer App-Warnung abrechnen können. Um sicher zu gehen gilt auch hier: Wenden Sie sich zuerst an Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin.

Fest steht aber: Der Warnhinweis alleine bedeutet keinen Anspruch auf und keine Pflicht zur Krankschreibung. Die Entscheidung über eine Krankschreibung oder häusliche Quarantäne treffen nur der behandelnde Arzt beziehungsweise das zuständige Gesundheitsamt. Sollte das Gesundheitsamt Quarantäne anordnen, zahlt Ihr Arbeitgeber Ihr Gehalt ganz normal weiter, das Geld kann er sich dann bei der zuständigen Behörde zurückholen. Während einer Quarantäne sind sie ganz normal krankgeschrieben, diese Zeit zählt nie als Urlaub.

Was passiert mit meinen Daten?

Die Daten werden, anders als vom Bundesgesundheitsministerium zuerst geplant, nicht zentral gespeichert, sondern nur auf den Smartphones selber - sie landen also nicht in einer sogenannten Cloud. Das "Tagebuch" der Kontaktcodes kann nur für die vergangenen 14 Tagen gesendet werden, danach ist der für eine mögliche Corona-Infektion relevante Zeitraum vorbei.

Man muss sich nicht mit einem Benutzerprofil mit persönlichen Angaben registrieren, wie bei vielen anderen Apps. Die App verarbeitet keine personenbezogenen Daten und speichert den Standort nicht, sie ist nicht GPS-fähig. Sie erlaubt auch keinen Zugriff auf andere Daten auf dem Smartphone. Entscheidet man sich dafür, die App wieder zu deinstallieren, werden laut Entwicklern alle Daten gelöscht. Der IT-Dienstleister TÜV Informationstechnik hatte nach einer Prüfung der App keine Einwände. 

Interessant ist: Die Entwickler der App haben den Programmcode von Beginn an im Internet offengelegt, auf der Plattform "GitHub" [github.com]. Diesen Ansatz nennt man Open Source, er steht für die größtmögliche Transparenz. So konnten Fachleute das Programm und insbesondere die Datensicherheit jederzeit nachvollziehen. Tausende Menschen sahen sich den Code und die Entwicklungsschritte an, wiesen auf Fehler hin und und gaben Verbesserungsvorschläge.

Laut der Datenschutzexpertin Domscheit-Berg wurden diese Vorschläge eingearbeitet. "Dass dann Leute, die völlig unabhängig von der Regierung sind und sehr viel Ahnung von solchen Dingen haben, sagen, sie haben da keine Datenabflüsse, Hintertüren oder irgendwas gefunden, dann kann man dem auch vertrauen", sagte Domscheit-Berg am Dienstag dem rbb. 

Wie exakt ist diese App?

Am Fraunhofer-Institut wurde getestet, mit welcher Genauigkeit die Warn-App in verschiedenen Szenarien wie Zugabteil, Schlange im Supermarkt oder Restaurant die Begegnungsdauer und den Begegnungsabstand einschätzen kann. Ergebnis laut RKI: Eine Trefferquote von 80 Prozent - es ist also durchaus noch Luft nach oben. Hier beteuern RKI, Telekom, SAP und Fraunhofer allerdings, durch weitere Tests in den kommenden Wochen kontinuierlich nachzubessern. Je mehr Menschen sich die App herunterladen, desto mehr können ihr die Entwickler "beibringen".

Vor möglichen Fehlalarmen durch die App warnte der Virologe Alexander Kekulé. Er sagte am Dienstag in einem Podcast des MDR, das Smartphone könne zum Beispiel keine schützenden Plexiglasscheiben erkennen oder ob Kontaktpersonen einen Mundschutz getragen hätten.

Wer hat die App entwickelt?

Die Deutsche Telekom und der Software-Konzern SAP haben die App im Auftrag der Bundesregierung entwickelt, sie wird vom Robert-Koch-Institut (RKI) herausgegeben. Beraten wurden Telekom und SAP dabei von Experten der Fraunhofer-Gesellschaft und des Helmholtz-Zentrum CISPA. Ein Zusammenschluß europäischer Technologieunternehmen hat dann die Tests zur Bedienung der App begleitet. Google und Apple stellen die App nur auf ihren Plattformen bereit, sie waren nicht an der Entwicklung beteiligt und haben keinen Zugriff auf die Daten in Zusammenhang mit der App. Gekostet hat die Entwicklung der App laut der Aussage des RKI etwa 20 Millionen Euro.

Wie sieht die Zustimmung in der Bevölkerung bisher aus?

Bis Mittwochnachmittag wurde die Corona-Warn-App dem Bundesgesundheitsministerium zufolge mehr als sieben Millionen Mal heruntergeladen, ein relativ hoher Wert im Vergleich zu Apps in anderen großen EU-Staaten wie Frankreich oder Italien.

Im aktuellen ARD-DeutschlandTrend vom 4. Juni, einer repräsentativen Umfrage von infratest dimap, war die Meinung zur damals noch nicht veröffentlichten App relativ ausgeglichen. 42 Prozent der Befragten sagten, sie würden eine solche App zur Nachverfolgung von Infektionsketten nutzen. 39 Prozent sagten, sie würden sie nicht nutzen. Die Zustimmung ist allerdings im Vergleich zu vorherigen Umfragen gesunken.

Ab wievielen Downloads ist die App hilfreich?

Das lässt sich nicht pauschal sagen, zu unterschiedlich sind die jeweiligen nationalen Vorgaben. Die berühmteste Studie dazu kommt von der Universität Oxford. Demnach kann die Epidemie gestoppt werden, wenn 60 Prozent der Bevölkerung eine solche Warn-App verwenden und ihren Empfehlungen folgen [research.ox.ac.uk]

In Deutschland gibt es nach Schätzungen von Marktforschern derzeit nur eine App, die von mehr als 60 Prozent der Smartphone-Besitzer genutzt wird: den Messengerdienst WhatsApp, der zum Facebook-Konzern gehört und direkt mit der jeweiligen Telefonnummer verbunden ist.

Für ihre Berechnung gingen die britischen Forscher allerdings noch davon aus, dass außer der App keine anderen Schutzmaßnahmen existierten, zum Beispiel das Tragen von Masken oder strenge Kontaktbeschränkungen. Sie nehmen eigenen Aussagen zufolge an, dass sich die Warn-App schon bei einer weit niedrigeren Nutzungsrate als 60 Prozent merklich positiv auswirkt. Eine der Co-Autorinnen der Studie sagte dem "Spiegel" vor wenigen Tagen, mithilfe der App könnten bereits dann Infektionsketten durchbrochen werden, wenn sie 15 Prozent der Bevölkerung nutzten [spiegel.de].

In Frankreich kamen Experten zum Schluss, dass mindestens zehn Prozent der Bürgerinnen und Bürger die dortige App nutzen müssen, damit diese einen hilfreichen Effekt hat. Rechnet man das um, bedeutet das für Deutschland einen Wert von 8,3 Millionen Nutzern. Nimmt man die 15 Prozent aus der britischen Studie entspräche das knapp 12,5 Millionen Nutzern in Deutschland. Diese können wohl bald erreicht werden, wenn man sich den Start des Projektes ansieht.

Schon innerhalb der ersten etwa 30 Stunden gab es in der Bundesrepublik mehr als die Hälfte dieser errechneten Mindestzahl an Downloads, inzwischen sind es mehr als sieben Millionen. Aber sicher werden nicht alle, die die Corona-Warn-App heruntergeladen haben, sie auch dauerhaft benutzen.

Um das in Relation zu setzen: In Deutschland gab es 2019 laut der Verbrauchs- und Medienanalyse Vuma insgesamt 57,7 Millionen Smartphone-Nutzer. Gerade junge Menschen nutzen diese Geräte in hohem Maß, bei den 14- bis 49-Jährigen sind es 95 Prozent. Die Nutzerraten sinken jedoch mit zunehmendem Alter.

Gibt es vergleichbare Apps in anderen Ländern?

Ja, es gibt mehrere in der Umgebung, etwa in Österreich, der Schweiz, Polen, den Niederlanden. Dass die deutsche Regierung spät dran ist, liegt auch daran, dass sie länger gebraucht hat, den geforderten Datenschutz auf die Reihe zu bekommen.

Laut der EU-Kommission haben neben Deutschland fünf weitere europäische Länder eine ähnliche, dezentral arbeitende Anwendung in Betrieb, weitere elf Staaten entwickeln sie. In Frankreich dagegen werden alle Daten der Warn-App "StopCovid" zentral gespeichert. Eine europäische Lösung, die angesichts der nun wieder wegfallenden Reisebeschränkungen sehr hilfreich wäre, gibt es noch nicht.

Wer mit der Corona-Warn-App Deutschland verlässt und in den Urlaub fährt, dem hilft die App dort nichts. Verbringt man also beispielsweise die Sommerferien in Frankreich oder Italien, kann man sich nur die nationale App herunterladen, um seinen persönlichen Schutz zu erhöhen - in diesen beiden Ländern steht sie auch auf Deutsch zur Verfügung. Es spielt keine Rolle, ob man Bürger eines anderen Landes ist, jeder kann die Apps nutzen.

Die französische Stop-Covid-App (Bild: dpa)
So sieht das französische Pendant "StopCovid" aus - es wird wohl nicht kompatibel zur deutschen Warn-App werden, weil die Daten dort zentral gespeichert werden. | Bild: dpa

Bei dieser Flickschusterei wollen die Bundesregierung und die Regierungen mehrerer Nachbarländer aber nachbessern. Die verschiedenen Corona-Apps der EU-Staaten und der Schweiz sollen künftig Informationen untereinander austauschen können und so die Kontaktverfolgung von Infizierten über Ländergrenzen hinweg möglich machen. Das wird allerdings noch mindestens mehrere Wochen dauern. Am frühesten wird der Datenaustausch voraussichtlich mit der Schweiz klappen, das geplante App-System ist dem deutschen am ähnlichsten.

In Australien gibt es seit dem 26. April die App "COVIDSafe", sie wurde laut der britischen Tageszeitung "Guardian" auch von sechs Millionen Bürgern heruntergeladen, einem Drittel aller Smartphone-Besitzer. Allerdings hat sie laut Recherchen von Ende Mai lediglich überschaubaren Erfolg [theguardian.com].

Apps in Ländern wie China, Singapur, Südkorea, Israel oder Indien erfüllen nicht die deutschen Datenschutzstandards, weil sie beispielsweise die Nutzer identifizierbar machen oder ein Bewegungsprofil erstellen können. Deshalb heißen sie Tracking-Apps, sie sind grundlegend anders als sogenannte Tracing-Apps, wie sie in Deutschland nun eingesetzt werden.

Was ist, wenn ich weitere Fragen zur Corona-Warn-App habe?

Wenn bei Ihnen noch Fragen zur Funktionsweise der Warn-App offen sind, schreiben Sie sie uns gerne in die Kommentare unter diesen Beitrag. Wir werden uns bemühen, den Beitrag in den nächsten Tagen entsprechend zu erweitern.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es, durch die App Gewarnte könnten sich (auch symptomlos) auf Kosten ihrer Krankenkasse auf Corona testen lassen. Grundlage dafür waren Informationen, die Bundesgesundheitsministerium und RKI anlässlich der Vorstellung der App veröffentlicht hatten. Diese Information ist so pauschal nicht richtig, die Kassen haben hier unterschiedliche Vorgaben. Es gibt also keinen automatischen Anspruch für jeden Versicherten. Wir haben das korrigiert.

Sendung: Radioeins, 16.06.2020, 09:38 Uhr

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Antwort auf [Walther] vom 26.06.2020 um 02:16
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