Berliner Freibäder in der Corona-Krise - Schwimmen gehen als "Supersonderausnahmesituation"

Mo 15.06.20 | 17:39 Uhr | Von Mara Nolte
24.04.2020, Berlin: Norman reinigt das Geländer einer Badeleiter im Sommerbad Kreuzberg. (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
Video: rbb24 | Bild: dpa/Jörg Carstensen

Freibad-Tickets müssen im Corona-Sommer teilweise wie begehrte Konzertkarten ergattert werden, der Einlass ist begrenzt und die beliebten Bäder schnell ausgebucht. Doch die richtigen Fans hält auch ein bisschen Planungsaufwand nicht fern. Von Mara Nolte

"Spontan zu sagen: Das Wetter ist schön, jetzt gehe ich ins Prinzenbad, das geht leider nicht." Mit ein bisschen Planung vorab, hat es Michael Neuner, selbst ernannter "Prinzenbad-Addict", aber trotzdem in das Freibad in Berlin-Kreuzberg geschafft. Er liegt auf einer Decke im vorderen Bereich der Liegewiese. Sein Ticket hat er vorher online gebucht. 

Die digitalen Eintrittskarten sind im Moment der einzige Weg, um in Berlin ins Freibad zu kommen, über die Seite der Berliner Bäder-Betriebe werden sie jeweils sieben Tage vorher zum Verkauf geboten. Einmal habe er eine Woche vorher pünktlich um elf Uhr vor dem Laptop gesessen, um noch ein Ticket für das Prinzenbad zu ergattern, sagt Neuner. Das Freibad in Kreuzberg ist fast immer ausgebucht. 

Bezahlen nur mit Kreditkarte und Paypal - "blöd für Leute, die technikfern sind"

Der Besuch ist in drei Zeitfenstern möglich, ab sieben, elf und 16 Uhr. Über den Kauf im Internet registrieren die Bäder-Betriebe die Namen der Ticketinhaber, damit im Corona-Infektionsfall Kontakte zurückverfolgt werden können. Nach 28 Tagen werden die Daten gelöscht. Bezahlt werden kann nur per Kreditkarte oder PayPal, "blöd für Leute, die technikfern sind", bemängelt Neuner. Die Bäder-Betriebe wollen nachjustieren, bald soll auch per GiroPay bezahlt werden können – Barzahlung ist nach wie vor aber keine Option.

Auch für Kinder unter fünf Jahren müssen Eltern im Moment ein Ticket kaufen. Anfangs wurden sogenannte Null-Karten vergeben, doch viele Eltern seien dann nicht aufgetaucht, die Slots könnten dann nicht nachbesetzt werden. Man arbeite aber an einer "sozialverträglichen" Lösung für die Kinder-Tickets, sagt Matthias Oloew, Pressesprecher der Berliner Bäder-Betriebe.

Anmerkung der Redaktion: Inzwischen können Kinder unter fünf Jahren die Freibäder wieder kostenfrei besuchen.  

Prinzenbad und Olympiabad fast immer ausgebucht

Um elf Uhr vormittags stehen rund 25 Personen vor dem Prinzenbad an, gelbe Klebebänder markieren den nötigen Abstand auf dem Kopfsteinpflaster. Der Einlass geht schnell, zwei Mitarbeiterinnen scannen die Tickets ein. Die Online-Buchung führt bei manchen Gästen aber auch zu Verwirrung. Ein Mann dreht nach einigem Hin und Her am Eingang wieder um. "Wir sind am falschen Ort", sagt er im Vorbeigehen zu seinen Kindern.

Auf dem Mäuerchen am Eingang sitzt eine Frau und tippt nervös auf ihrem Display, bei der Buchung scheint etwas nicht geklappt zu haben. Sie will trotzdem versuchen noch ins Bad zu kommen – doch die verfügbaren Zeitfenster stehen bereits auf rot. Das Prinzenbad ist neben dem Olympiabad besonders beliebt. "Die sind fast immer ausgebucht", sagt Oloew. "An heißen Tagen hatten wir im vergangenen Jahr 8.500 Personen an einem Tag hier". Dieses Jahr kommen über den Tag etwa 1.000 Gäste, in der elf Uhr Schicht sind im Prinzenbad 369 Personen zugelassen. So soll genug Platz bleiben, um die Abstandsregeln einzuhalten.

Strandbad-Eintritt kann bar gezahlt werden

Bei anderen Freibädern kann man spontan mehr Glück haben, geöffnet sind in Berlin inklusive der Strandbäder zurzeit 20 Bäder. In den von Pächtern betriebenen Strandbädern Lübars, Grünau, Plötzensee, Friedrichshagen, Wendenschloß und Orankesee kann man die Planung entspannter angehen. Es gibt keine begrenzten Zeitfenster, außerdem können Tickets an der Tageskasse spontan gekauft und bar bezahlt werden. Die Strandbäder hätten deutlich weniger Besucher, als das Prinzenbad, sagt Oloew. Also sei auch der Aufwand die Daten zu erfassen geringer.

In der Pause wird geputzt

Im Prinzenbad wechselt nach dreieinhalb Stunden die Badeschicht, dazwischen werden in der Pause Geländer, Türklinken, Knöpfe und die Beckenränder gereinigt. Das Bad-Gelände ist mit rot-weißem Flatterband in Einbahnstraßen unterteilt, in die eine Richtung geht es nur rein, in die andere nur raus. Die Toiletten sind offen, geduscht werden kann aber nur im Außenbereich, ohne Shampoo und Seife. Auch die Umkleidekabinen sind geschlossen. Dafür wurden neben den Schwimmbecken Bauzäune aufgestellt, die zwar keinen kompletten Sichtschutz bieten, das Umziehen aber trotzdem etwas privater gestalten.

"Eine Saison ohne Prinzenbad, das wäre der Grusel"

Auf dem Gelände und auch in den Schwimmbecken gilt das Abstandsgebot. Ins Schwimmerbecken dürfen nicht mehr als 18 Personen auf einmal. Überholt werden kann nur am Anfang oder Ende einer Bahn. Es sei eine "Supersonderausnahmesituation", sagt Oloew und es gebe immer Regeln, die mal nicht so akzeptiert würden. Die Mehrzahl der Badegäste mache aber mit. "Darüber sind wir sehr froh, dass das mit den Abstandsregeln klappt, denn das ist ja wichtig, damit wir die Bäder offenhalten können", so Oloew.

Eine Schließung der Freibäder würde auch weitere Einnahmeverluste bedeuten. Schon jetzt geht Oloew davon aus, dass bei einem "Freibadbetrieb unter den derzeitigen Bedingungen bis Ende August ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf von 3,4 Millionen Euro" nötig werde. Im vergangenen Jahr lag der bei null. Auch für Prinzenbad-Addict Michael Neuner wäre die Schließung des Bads wohl schwer zu verkraften: "Eine Saison ohne Prinzenbad, das wäre der Grusel", sagt er.

Beitrag von Mara Nolte

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