Corona-Tests für Reiserückkehrer - Amtsarzt Larscheid warnt vor "falscher Sicherheit"

Di 04.08.20 | 13:54 Uhr
Am 31.07.2020 warten Passagiere mit Mundschutz auf einen COVID-19 Test am Flughafen Tegel. (Quelle. imago images)
Video: rbb Spezial | 03.08.2020 | Bild: imago images

Mehr als 2.000 Reiserückkehrer haben sich bislang an den Berliner Flughäfen auf das Coronavirus testen lassen. Doch der Reinickendorfer Amtsarzt Larscheid warnt vor überzogenen Hoffnungen. Er rät eher zu einem unpopulären Mittel.

Während an beiden Berliner Flughäfen und auch am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) Reiserückkehrer aus Risikogebieten auf das Coronavirus getestet werden können, warnt ein Experte vor überhöhten Erwartungen: Der Leiter des Gesundheitsamts Berlin-Reinickendorf, Patrick Larscheid, sprach am Montagabend im rbb-Fernsehen von einer "falschen Sicherheit".

Er sei irritiert darüber, dass derzeit der Eindruck entstehe, man müsse nur viel testen und dann könnten alle wieder an die Arbeit und in die Kita gehen, sagte Larscheid im rbb-Spezial zur Corona-Pandemie. "Es ist grundsätzlich nicht richtig, symptomlose Menschen zu testen. Das führt nicht zu guten Ergebnissen, auf diese Menschen sollten wir uns gar nicht erst stürzen", sagte Larscheid. Außerdem würden Infektionen, die am Ende des Urlaubs stattgefunden haben, bei diesen Tests direkt nach der Ankunft nicht erfasst.

"Statt sich auf Tests zu verlassen sollten alle Menschen auch weiterhin prinzipiell für zwei Wochen in Quarantäne gehen", forderte Larscheid. So stehe es auch in der entsprechenden Berliner Rechtsverordnung. Außerdem hätte dieses Mittel in den vergangenen Monaten in Berlin sehr geholfen. "Dass das nicht populär ist, ist uns klar. Aber es ist sinnvoll und gut", so Larscheid.

Ein Prozent der bisherigen Tests waren positiv

An den beiden Berliner Flughäfen wurden seit vergangener Woche rund 2.300 Reiserückkehrer aus Risikogebieten auf Covid-19 getestet. "Knapp ein Prozent der getesteten Personen waren positiv", teilte Ulrich Frei, Vorstand Krankenversorgung der Charité, am Montag auf Anfrage mit. Das entspricht etwa 23 positiv getesteten Personen.

Die Charité führt die Tests an den beiden Flughafenstandorten durch: Seit Mittwoch können sich Rückkehrer am Flughafen Tegel testen lassen. Am Freitag wurde auch eine Teststelle in Schönefeld eingerichtet.

Der Flughafen geht davon aus, dass täglich im Schnitt rund 2.000 Menschen aus Gebieten nach Berlin reisen, die das Robert-Koch-Institut (RKI) als Risikogebiete einstuft. Die Tests sind derzeit noch freiwillig. Wer jedoch kein aktuelles negatives Testergebnis nach seiner Rückkehr vorweisen kann, muss in eine 14-tägige häusliche Quarantäne.

Mehr positive Fälle in NRW

Anders als in Berlin waren in Nordrhein-Westfalen die freiwilligen Tests von Reiserückkehrern deutlich häufiger positiv: Bei rund 2,5 Prozent der an NRW-Flughäfen getesteten Personen wurde das Virus festgestellt. Das sei eine "relativ hohe Trefferquote", sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Montag im Deutschlandfunk.

40 bis 50 Prozent der Rückkehrer machten demnach von dem kostenlosen Angebot Gebrauch. In NRW hatten kostenlose Testangebote für Reisende aus Risikoländern an den Flughäfen Düsseldorf, Köln/Bonn, Dortmund und Münster/Osnabrück vor gut einer Woche begonnen. An den vier Flughäfen landeten vergangene Woche etwa 160 Flugzeuge mit 15.000 Reisenden aus Gebieten, die derzeit vom Robert-Koch-Institut als Risikogebiet ausgewiesen sind - etwa der Türkei, Ägypten, Marokko und Israel.

Testpflicht soll in dieser Woche kommen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bekräftigte am Montag, dass eine Corona-Testpflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten im Lauf dieser Woche in Kraft treten soll. Einen genauen Termin nannte er am Montag im ARD-"Morgenmagazin" aber noch nicht: "Wir
haben erste Entwürfe", sagte Spahn. "Wir wollen das gut abstimmen auch mit den Ländern, da das ja auch vor Ort dann an den Flughäfen zum Beispiel oder an den Bahnhöfen gelebt werden können muss. Und deswegen finde ich es wichtig, es gut zu machen."

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums kündigte an, dass die Corona-Testpflicht für Rückkehrer stichprobenartig überprüft werden soll. "Flächendeckende und lückenlose Kontrollen halten wir für nicht praktikabel", sagte der Sprecher am Montag in Berlin. "Wir gehen davon aus, dass viele Menschen sich freiwillig testen".

Aktueller Test kann Quarantäne verkürzen

Berlin hat am Montag derweil seine Tests von Reiserückkehrern ausgebaut: Eine weitere Teststelle nahm am Zentralen Omnibusbahnhof den Betrieb auf. Auch am Hauptbahnhof sind Tests geplant.

Aktuell gilt: Rückreisende, die sich innerhalb von 14 Tagen vor Einreise nach Berlin in einem als Corona-Risikogebiet eingestuften Land aufgehalten haben, müssen grundsätzlich eine 14-tägige häusliche Quarantäne einhalten. Von der Quarantänepflicht befreit sind Personen, die einen aktuellen negativen Corona-Test vorweisen können. Bis zum Erhalt des Testergebnisses müssen sich Reiserückkehrende in Quarantäne begeben.

Sendung: rbb Spezial, 03.08.2020, 20:15 Uhr

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