Fallzahlen, Nachverfolgung und Tests - Wie Berlin und Brandenburg die aktuelle Corona-Lage meistern

Fr 21.08.20 | 15:02 Uhr
Ein Medizinischer Mitarbeiter führt am 11.12.2020 bei einer jungen Frau einen Rachenabstrich für einen SARS-CoV-2-Antigentest, im Corona-Antigen- Schnelltestzentrum am Mauerpark im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg, durch. (Quelle: dpa/Britta Pedersen)
Bild: dpa/Britta Pedersen

Die Corona-Neuinfektionen steigen bundesweit. Doch Vergleiche mit anderen Städten und Bundesländern zeigen: Berlin und Brandenburg scheinen - für den Moment - die Lage im Griff zu haben. Sie sind besser darin geworden, Fälle aufzuspüren. Von Haluka Maier-Borst

Die Corona-Fallzahlen steigen deutschlandweit seit einiger Zeit wieder, inzwischen sind es rund 1.500 Neuinfektionen pro Tag. Die zweite Welle zeichne sich deutlich ab, sagen bereits vereinzelte Experten. Doch für den Moment sieht es so aus, als würden Berlin und Brandenburg die Lage beherrschen - und sich sogar eher gegen den Bundestrend stellen.

Nach dem rapiden Anstieg der Neuinfektionen in Berlin vergangene Woche, ist die Zahl der Neuinfektionen der letzten sieben Tage wieder deutlich zurückgegangen. Damit ist man zwar immer noch auf einem höheren Niveau als noch vor einigen Wochen. Es deutet aber darauf hin, dass dass die Reiserückkehrer zum Ferienende vergangene Woche nicht für all zu viele neue Cluster und eine massive Ausbreitung der Infektionen sorgen.

Ähnlich sieht es auch in Brandenburg aus. Zwar steigen hier die Zahlen nach wie vor leicht, aber eben auf einem niedrigen Niveau.

Außerdem ist für beide Bundesländer die Quote der positiven Tests leicht gesunken und deutlich unter einem Prozent. Das deutet darauf hin, dass Berlin und Brandenburg wohl besser darin geworden sind, Fälle aufzuspüren. Erklären lässt sich das wie folgt:

Generell versucht man bei den Tests nach absteigender Wahrscheinlichkeit einer Infektion vorzugehen. Das heißt, man testet zunächst die Leute, die Covid-19 sehr wahrscheinlich haben. Für diese Tests ist die Quote für positive Befunde hoch. Testet man dann auch die, die etwa nur einzelne Symptome haben, die auf Corona deuten, ist die positive Testquote schon niedriger. Und für die Kontaktpersonen von diesen Leuten oder Reiserückkehrer aus Risikogebieten sollte die Wahrscheinlichkeit eines positiven Tests noch geringer sein. Daraus folgt: Je niedriger die Positivquote, desto unwahrscheinlicher ist es, dass es unentdeckte Fälle gibt.

Für Berlin hat rbb|24 zudem nochmals erfragt, bei wie vielen der positiven Tests sich der Infektionsort rückverfolgen lässt. Dabei hat sich auch gezeigt, dass es bei der Recherche zu einem Artikel vergangener Woche ein Missverständnis gab.

Der Senat weist "Fälle mit bekannter Infektionsquelle" und "Fälle mit Auslandsexposition" aus. Fälschlicherweise ging rbb|24 davon aus, dass das zwei separate Formen der Erfassung sind. Also dass zum Beispiel ein Fall eine bekannte Infektionsquelle haben und aus dem Ausland kommen kann. Tatsächlich ist es aber so, dass ein Fall mit bekannter Infektionsquelle, mit Auslandsexposition oder mit unbekannter Infektionsquelle klassifiziert werden kann.

Der Berliner Senat ist damit strenger in seiner Definition als es andere Städte sind, die rbb|24 zum Vergleich herangezogen hat. Entsprechend werden auch Fälle mit Auslandsexposition als Fälle mit bekannter Infektionsquelle verbucht. Nimmt man diese Anpassung hin, schlägt sich Berlin in einem Vergleich solide. Nur Wien steht klar besser da.

Auffällig ist für Berlin zudem, wie groß der Anteil an positiven Fällen aus dem Ausland ist, wenn man sie gesondert ausweist. Hier deutet sich an, dass die Stadt viele eingeschleppte Fälle hat. Um diese zu erkennen, scheint also das sofortige Testen an Flughäfen, Busterminals und auch am Hauptbahnhof besonders sinnvoll und wichtig. Anders wäre es, wenn die Lage mehr wie in Wien aussehe, wo deutlich weniger eingeschleppte Fälle registriert werden.

Allerdings muss man die aktuellen Zahlen mit Vorsicht interpretieren. Zum einen ist die Zahl der nicht verfolgbaren Fälle leicht gestiegen im Vergleich zur Vorwoche. Zum anderen kommt es eben nicht nur darauf an, ob man Fälle zurückverfolgen kann – sondern auch wie schnell. Denn nur dann lässt sich eine Ausbreitung eindämmen.

Wien beispielsweise setzt auf ein sogenanntes Kaskaden-Testing: Wird eine Person positiv getestet, werden sehr schnell Kontaktpersonen isoliert und getestet und anschließend bei etwaigen Positiv-Tests auch wiederum die Kontaktperson der Kontaktperson isoliert und getestet. Prinzipiell gelten ähnliche Testregimes auch in Deutschland. Allerdings legen einzelne Berichte nahe, dass deutlich mehr Zeit vergeht, bis die Kontaktpersonen isoliert und getestet werden.

Berlin und Brandenburg scheinen die Lage für den Moment im Griff zu haben. Dass aber zum Beispiel Berliner Labore davor warnen, dass sie die Flut an Tests von Rückreisenden nicht mehr abarbeiten können, könnte zu einem Problem werden. Insbesondere, wenn sonst die Verfügbarkeit der Test für die Krankenhäuser gefährdet wären.

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Antwort auf [BerlinerE] vom 21.08.2020 um 17:00
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