Schüler mit Symptomen - Corona-Test kurz vor dem Schulstart - verzweifelt gesucht

Di 11.08.20 | 09:15 Uhr | Von Sabine Krüger
Symbolbild: Schülerin im Wohnzimmer auf der Couch (Quelle: dpa/Mauro Ujetto)
Bild: dpa/Mauro Ujetto

Am Wochenende vor dem Schulstart bekommt Ben, ein Viertklässler, Anzeichen einer Sommergrippe - die von Corona-Symptomen schwer zu unterscheiden sind. Von den Schwierigkeiten, eine Testmöglichkeit zu finden und einer Gewissensentscheidung. Von Sabine Krüger

Endlich wieder Schule. Auf keinen anderen Termin – bis auf Weihnachten und Geburtstag - hat sich mein Sohn Ben*, ein Grundschüler, je so gefreut. Die Freunde wiedersehen, die Lehrer, den Schulhof. Ein großes Stück der schmerzlich vermissten Normalität hätte er zurückbekommen. Genau, hätte. Ich schreibe im Konjunktiv und mache es kurz: Es ist Montagmittag und mein Kind liegt auf dem Sofa und liest Comics (Arbeitsblätter hat es ja noch keine). Zwischendrin schnaubt er sich die Nase, räuspert sich. Beim Schlucken tut der Hals jetzt gar nicht mehr weh, sagt er.

Symptome ab Samstagabend

Angefangen hat der ganze Rotz am Samstagabend. Ganz plötzlich waren Symptome da. Halsweh! Schnupfen! Husten auch. Mein Mann und ich hofften auf einen kurzen Anflug von Sommergrippe, der am nächsten Morgen schon wieder weg ist. Nichts da. In der Nacht zum Sonntag hat Ben* auch noch erhöhte Temperatur. Am Morgen klingt er, als hätte er die Nacht durchgemacht. Er sieht aufgeschwemmt aus im Gesicht, will nur liegen.

Dass wir den ersten Schultag knicken können, ist uns spätestens da klar. Und mit dieser Erkenntnis einher geht die, dass das Kind – oder wir alle – uns wohl auf das Coronavirus testen lassen sollten. Müssten. Unser Sohn ist am Sonntagvormittag so krank, dass er nicht mal traurig ist.

Keine Klarheit, wo wir unser Kind sofort testen lassen können

Ein Anruf bei der Hotline der Kassenärztlichen Vereinigung soll uns, nachdem uns eine schnelle Internet-Recherche ("Stell dir vor, die Teststelle in Reinickendorf ist nur für Leute aus Reinickendorf, die in Mitte nur für Mitte-Bewohner", sagt mein Mann fassungslos. "Pankow als einwohnerstärkster Berliner Bezirk hat gar keine eigene.") nicht wirklich weitergeholfen hat, Klarheit darüber bringen, wo wir unser Kind (und uns, falls das sinnvoll ist) am besten noch am Sonntag auf das Coronavirus testen lassen können.

Bis wir zu einer leibhaftigen Mitarbeiterin durchdringen, braucht es Zeit. Nein, wir wollen keine Infos, wie wir den Mund-Nasen-Schutz richtig handhaben und nein, auch keine zu anderen Themen. Das Auswahlmenü hat echt viele Optionen. Am Ende ist es aber so weit: Eine freundliche Dame rät uns, obwohl die Infektionszahlen "faktisch immer noch niedrig" seien in Berlin, durchaus zu einem Test. Wo wir den für unseren Sohn am selben Tag bekommen könnten, weiß sie aber auch nicht ganz genau. Aber wir sollten uns bitte einfach an eine Kinderarztpraxis mit Notdienst wenden. Dort sollte der Test dann recht unkompliziert durchgeführt werden können. Klingt doch gut.

Eine befreundete Ärztin hilft

Wäre unser Kind öfter krank, hätten wir gleich gewusst, was uns das Internet kurz darauf verrät: Es gibt in Berlin gar keine Notdienst-Praxen für Kinder am Wochenende. Wer ein krankes Kind hat, muss mit diesem zu einer Rettungsstelle für Kinder gehen. Davon gibt es stadtweit vier. Deren Notaufnahmen würden bei Temperaturen von 36 Grad Celsius aber sicher rappelvoll sein: Wespenstiche, Hitzekoller, Beinbrüche und andere Dinge gibt’s ja schließlich auch noch. Dahin wollen wir unser in den Seilen hängendes Kind nun eigentlich wirklich nicht schleppen. Ich schreibe eine befreundete Ärztin an und frage sie, ob sie weiß, wo wir wohl noch am gleichen Tag einen Test bekommen könnten. Die Antwort kommt prompt und lautet: "Nein".

Doch sie bietet an, dass wir am Montagmorgen zu ihr in die Praxis kommen können und sie uns alle drei testet. Das Ergebnis läge dann wahrscheinlich schon Montagabend vor. Mit viel Glück verpasst unser Sohn, der seit Montag in eine neue Klasse, die vierte, geht, dann nämlich nur diesen einen Schultag.

Schon am Sonntagabend ist er zudem wieder gefühlt fit wie ein Turnschuh. Beim Abendessen hat er zwei große Portionen Nudeln verdrückt, die Halsschmerzen sind weg, das Hüsteln auch – lediglich ein wenig Schnupfen ist ihm geblieben. Damit dürfte er, so die neue Normalität, ja theoretisch durchaus in die Schule gehen.

Der Test ist auf dem Weg ins Labor

Gleich am Montagmorgen wird der Abstrich vorgenommen. Nun ist der Test von Mutter, Vater und Kind auf dem Weg ins Labor. Ein wenig unsicher sind wir jetzt doch. Was, wenn Ben (oder wir, gänzlich ohne Symptome), wider Erwarten doch Corona hat? Dann igeln wir uns weiter zuhause ein bei über 30 Grad und machen das Beste daraus.

Außerdem rufen wir die beiden Freunde nochmals an, mit denen er in der vergangenen Woche im Schwimmbad war, und die, mit denen er auf dem Bolzplatz Fußball gespielt hat – zumindest die, die wir kennen. Denn ein Handy samt Corona-App hat so ein frisch gebackener Viertklässler, in diesem Fall jedenfalls, noch nicht.

Ben sorgt sich derweil am meisten darüber, neben wem er wohl sitzen wird und welchen Spind er in der Schule bekommt. Er fühlt sich gesund und findet es ein wenig unfair, dass er diesen wichtigen Tag verpasst – auch wenn er die Gründe verstehen kann. Und ein bisschen hofft er auch darauf, dass es doch Corona ist bei ihm, gesteht er. "Dann hätte ich es endlich hinter mir und wäre immun", sagt er leise.

Update am 12.8.: Nachdem die negativen Test-Ergebnisse von Mann und Kind am Dienstagfrüh vorliegen, erreicht die Autorin selbst - ihre Probe hatte das Labor später erreicht - am Mittwochvormittag die Nachricht, dass der Corona-Test auch für sie negativ ausgefallen ist.

* Der Sohn der Autorin heißt im wirklichen Leben anders. Damit er später selbst entscheiden kann, wie er sich im Internet darstellt, hat er in diesem Text einen anderen Namen.

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Beitrag von Sabine Krüger

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