Interview | Reiserückkehrer aus Risikogebiet - Wenn das Test-Ergebnis erst nach Tagen kommt

Fr 21.08.20 | 20:02 Uhr
29.07.2020, Berlin: Reiserückkehrer stehen am Flughafen Tegel am Corona-Teststand (Quelle: dpa/(Pedersen)
Video: Abendschau | 21.08.2020 | Bild: dpa/Pedersen

Der Berliner Lucas Kuch und seine Freundin waren im Urlaub. Auf den Balearen, die während ihres Aufenthalts zum Risikogebiet erklärt wurden. Bei ihrer Rückkehr haben sie sich auf dem Flughafen Tegel testen lassen. Danach warteten sie fünf Tage auf das Ergebnis.

rbb|24: Herr Kuch, wann waren Sie das letzte Mal auf der Straße vor ihrem Haus?

Lucas Kuch: Am vergangenen Sonntag um 16 Uhr. Nachdem meine Freundin und ich vom Flughafen nach Hause kamen. Wir waren auf den Balearen. Seitdem befanden wir uns in Quarantäne und warteten bis heute auf das Ergebnis unserer Corona-Tests. Das sollte eigentlich binnen 36 Stunden zugestellt werden. So wurde es uns am Flughafen Tegel am Terminal D vom Personal der Teststelle gesagt.

Wie lief der Test ab?

Das war eigentlich super, denn es ging recht zügig. Es hat höchstens eine Stunde gedauert. Was vielleicht aber auch daran lag, dass es nicht allzu voll war. Aus dem Flugzeug, mit dem wir gelandet sind, sind vielleicht die Hälfte der Fluggäste dahin gegangen. Viele wussten vielleicht gar nicht, dass man sich vor Ort testen lassen kann, denn es wurde auch von niemandem übermittelt, dass der Test dort möglich ist. Es gab keine Hinweise, keine Schilder, nichts. Meine Freundin hatte heute am Morgen zuerst per Mail die Nachricht bekommen, dass ihr Corona-Test negativ ist. Sie musste, was wirklich absurd ist, auf den negativen Befund hin das Gesundheitsamt kontaktieren und diesem die Unterlagen zustellen. Anschließend musste sie einen formlosen Antrag stellen, damit sie offiziell aus der Quarantäne entlassen wird.

Der negative Befund reicht nicht?

Nein, er muss samt Flugticket und weiteren Informationen und Kontaktdaten zum zuständigen Gesundheitsamt. Meine Freundin hat sieben Minuten lang mit einer sehr netten Dame vom Gesundheitsamt telefoniert.

Das heißt, Ihre Freundin spaziert jetzt gerade durch die Straßen?

Nein, sie befindet sich ja offiziell noch in Quarantäne. Sie hat der Dame vom Gesundheitsamt nach dem Telefonat heute Vormittag alle Unterlagen gemailt. Seither gibt’s keine Nachricht.

Und Sie haben Ihr Ergebnis mittlerweile auch bekommen?

Ja, am Nachmittag. Wir wurden schließlich zeitgleich getestet, da hatte ich das schon gehofft. Es war auch negativ. Die Zeit war ziemlich frustrierend, aber was soll ich machen. Es fühlte sich schon an wie eine Bestrafung dafür, dass man das Richtige tut und sich hat testen lassen. Aber dafür habe ich direkt noch mein Gesundheitsamt in Kreuzberg erreicht und kann jetzt raus aus der Quarantäne.

Wie war denn Ihr Vorgehen überhaupt, nachdem nach 36 Stunden kein Testergebnis da war?

Wir wollten anrufen und uns erkundigen. Aber das ist relativ schwierig, weil man die Kontaktstellen der Charité, die ja die Tests am Flughafen durchführt, und vom Gesundheitsamt echt nur findet, wenn man findig ist. Wir haben in Tegel angerufen. Dort wurde uns gesagt, wir sollen uns bei den jeweiligen Gesundheitsämtern melden. Das haben wir gemacht. Leider waren die Öffnungszeiten unserer Gesundheitsämter unterschiedlich.

Mein zuständiges Amt in Kreuzberg hat am Mittwoch erst um 13 Uhr geöffnet, das meiner Freundin in Pankow machte um 9 Uhr auf. Doch irgendwann konnten wir mit jemandem sprechen. Und bekamen die Info, dass die Charité-Teststellen heillos überfordert seien. Und dass das Testergebnis in Berlin eben zurzeit nicht unbedingt in 36 Stunden da ist, sondern dass es bis zu neun Tagen dauern kann. Wenn uns das am Flughafen übermittelt worden wäre, wären wir doch in eine kleinere Praxis gefahren. Ich bin selbständig und darauf angewiesen, meinen Laden zu öffnen. Das war jetzt natürlich die ganze Woche nicht möglich.

Sie hatten also einen merklichen Verdienstausfall?

Ja, das ist jetzt nicht zu ändern. Es macht ja Sinn, die Quarantäne anzutreten, weil man wirklich nicht weiß, ob man doch symptomfrei Corona hat.

Haben Sie das Gefühl, irgendwie "abgestraft" zu werden, weil sie Urlaub in einem Risikogebiet - das bei Ihrer Abreise noch gar keines war - gemacht haben?

Nein, das glaube ich nicht. Obwohl ich natürlich nicht weiß, ob erst die Tests, die in den Krankenhäusern gemacht werden, ausgewertet werden und dann erst die von den Risikogebiets-Rückkehrern, die sich am Flughafen haben testen lassen. Das Gefühl hat mir niemand vermittelt. Aber nachdem uns am Telefon gesagt wurde, dass das Testergebnis auch erst nach neun Tagen kommen könnte, bekamen wir vom Gesundheitsamt eine E-Mail-Adresse, an die wir uns wenden können, um nach unserem Ergebnis zu fragen. Es hieß aber, wir sollten uns dort mehrfach melden, da mehrere tausend Mails am Tag bei der Charité eingingen. Daher wären die Server überlastet und von 3.000 E-Mails würden etwa 1.000 automatisch gelöscht. Wir haben dann täglich Mails dorthin geschrieben, aber nie eine Antwort bekommen.

Was haben Sie aus dieser ganzen Nummer für sich mitgenommen?

Zum einen, dass ich nicht wirklich weiß, wie das weitergehen soll, wenn die Zahlen weiter ansteigen und die Tests dann eben auch weiter hochgefahren werden müssen. Ich meine, wenn das Ergebnis meines Corona-Tests eintrudelt, ist es schon fast eine Woche alt. Ich hätte ihn eigentlich gar nicht machen müssen, sondern mich auch einfach in Quarantäne begeben können. Man scheint nicht für das gewappnet zu sein, was da gerade passiert.

Irritierend fand ich andererseits auch das Gespräch meiner Freundin mit dem Gesundheitsamt. Dass man am Ende noch ein Telefonat führt über diesen gesamten Prozess, der doch eigentlich vollautomatisch in der Corona-App vonstattengehen sollte.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24

Sendung: Fritz, 21.08.2020, 10:30 Uhr

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