Auch Oberverwaltungsgericht erlaubt Demo - Demo von Corona-Gegnern am Samstag kann stattfinden

Sa 29.08.20 | 09:06 Uhr
Impression von der sog. Lockdown-Großdemo am 01.08.2020 (Quelle: dpa/Marc Vorwerk)
Audio: Inforadio | 29.08.2020 | 07:05 Uhr | Thorsten Gabriel | Bild: dpa/Marc Vorwerk

Auch das Berliner Oberverwaltungsgericht hat die Demonstration gegen Corona-Maßnahmen am Samstag in Berlin genehmigt. Es bestätigte am frühen Morgen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das zuvor das Demo-Verbot der Polizei aufgehoben hatte.

 

Nach dem Verwaltungsgericht hat auch das Oberverwaltungsgericht Berlin die geplante Großdemonstration von Coronapolitik-Gegnern am Samstag in Berlin genehmigt. Das Oberverwaltungsgericht verwarf am frühen Samstagmorgen wie zuvor das Verwaltungsgericht die Verbotsverfügung der Polizei. Die Demonstration und die Kundgebung am Samstag können damit stattfinden – allerdings wurden dem Veranstalter Auflagen für die Demonstration und die Kundgebung auferlegt.

Die Entscheidung ist endgültig. Für die Senatsverwaltung ist das Oberverwaltungsgericht die oberste Instanz. Die Organisatoren der Demonstration hätten hingegen bis vor das Bundesverfassungsgericht gehen können. Diese Möglichkeit hat der Senat nicht, weil er keine Grundrechtsverletzung geltend machen kann.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) bestätige "im Wesentlichen" zwei Eilbeschlüsse des Verwaltungsgerichts Berlin vom Freitag, hieß es in einer kurzen Mitteilung des Gerichts gegen 3.00 Uhr. Damit seien die beiden Versammlungsverbote des Berliner Polizeipräsidenten vorläufig außer Vollzug gesetzt. Details wurden in der Nacht noch nicht bekannt.

 

Kundgebung und Demonstrationszug bereits in erster Instanz gestattet

Nachdem das Verwaltungsgericht am Freitag zunächst die große Kundgebung unter Auflagen erlaubt hatte, kippte es am Abend auch das Verbot eines Demonstrationszugs. Der Zug soll laut dem Gericht aber eine andere als die geplante Strecke nehmen und durch größere Straßen führen: von der Leipziger Straße zum Tiergarten, durch die Tiergartenstraße und Hofjägerallee zum Großen Stern und dann auf die Straße des 17. Juni. Gegen diese Entscheidung hatte die Polizei Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt. Auch der Veranstalter legte Beschwerde ein. Diese richtete sich gegen die Auflagen.

Polizei berief sich auf Verstöße bei Demo am 1. August

Von mehreren Mitgliedern der Initiative "Querdenken 711" aus Stuttgart waren verschiedene große und kleine Demonstrationen angemeldet worden. Die beiden größten werden voraussichtlich der Demonstrationszug durch die Innenstadt ab 11.00 Uhr und die anschließende Kundgebung auf der Straße des 17. Juni sein. Weil die Anmeldungen durch zwei verschiedene Menschen erfolgten, gab es auch einzelne Verbote durch die Polizei und jeweilige Entscheidungen des Verwaltungsgerichts.

Die Versammlungsbehörde der Polizei hatte eine große Kundgebung und neun weitere kleinere Veranstaltungen am Mittwoch verboten. Als Grund für diesen Schritt hatte die Polizei angeführt, dass durch die Ansammlung zehntausender Menschen - oft ohne Maske und Abstand - ein zu hohes Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung entstehe. Das habe bereits die Demonstration gegen die Corona-Politik am 1. August in Berlin gezeigt, bei der die meisten Demonstranten bewusst Hygieneregeln ignoriert hätten.

Maskenpflicht nicht Teil der Auflagen

Das Verwaltungsgericht Berlin begründete seine Entscheidung damit, dass keine Voraussetzungen für ein Verbot vorlägen. Es gebe keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Die Veranstalter hätten ein Hygienekonzept vorgelegt. Das Land habe nicht darlegen können, dass dieses nicht eingehalten werden solle. Auflagen für die Demo seien nicht hinreichend geprüft worden.

Den Veranstaltern wurde nach den Worten des Gerichtssprechers die Auflage erteilt, den Standort der Hauptbühne etwas zu verschieben, damit genügend Platz ist. Zwischen Videowänden muss ein Mindestabstand von 300 Metern bestehen. Zudem müsse der Veranstalter durch regelmäßige Lautsprecherdurchsagen und Ordner sicherstellen, dass Teilnehmer der Kundgebung Mindestabstand einhalten. Eine Maskenpflicht gehört demnach nicht zu den Auflagen.

Der Initiator der geplanten Demonstration gegen die Corona-Politik zeigte sich erfreut über die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts. "Das ist ein voller Erfolg für uns", sagte Michael Ballweg, Vertreter der Initiative "Querdenken", am Freitag in einem Youtube-Video. "Das ist ein Erfolg für unsere Grundrechte, die wir haben und die wir uns nicht genehmigen lassen müssen." Ballweg betonte, dass die Demonstration am Samstag friedlich ablaufen solle. "Diejenigen, die zu Gewalt aufrufen, gehören nicht zu uns."

FDP und AfD begrüßen Gerichtsentscheidung

Die oppositionellen AfD- und FDP-Fraktionen im Abgeordnetenhaus begrüßten die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts. "Es war abzusehen, dass die Begründung von Senator Geisel zur Absage der Anti-Corona-Demo juristisch nicht standhält. Niemals darf bei Demonstrationen mit politischen Maßstäben gemessen werden, dazu verpflichtet uns das Grundgesetz", teilte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja am Freitag mit. Die Versammlungsbehörde müsse jetzt klare Auflagen und Hygienevorschriften einfordern.

AfD-Fraktionschef Georg Pazderski bezeichnete die Aufhebung des Verbots der Corona-Demos als "Sieg für die Demokratie" und forderte Innensenator Geisel zum Rücktritt auf. "Unser Grundgesetz darf nicht von machtbessesen Altparteien-Politikern ausgehebelt werden. Diesen Schaden gilt es nun durch den Abtritt von Geisel wieder gutzumachen", so Pazderski. AfD-Landeschef Nicolaus Fest schloss sich der Rücktrittsforderung an und betonte, auch seine Partei demonstriere am Samstag für den Erhalt des Rechtsstaates.

Grüne: Urteil zeigt, das Rechtsstaat funktioniert

Nach Ansicht der Berliner Grünen-Fraktion zeigt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts zur Corona-Demo, dass der Rechtsstaat funktioniert.

Ihr innenpolitischer Sprecher im Abgeordnetenhaus, Benedikt Lux, sagte am Samstag im Inforadio vom rbb, man müsse die Entscheidung mit Respekt zur Kenntnis nehmen. Die Gerichte hätten aber auch deutlich gemacht, dass der Veranstalter eine Verantwortung habe und dafür sorgen müsse, dass die Regeln zum Infektionsschutz eingehalten werden. Das habe bei der vergangenen Demo nicht so gut funktioniert. Deshalb werde die Polizei besser aufgestellt sein, um die Auflagen durchzusetzen, betonte Lux.

Sendung: Abendschau, 28.08.2020, 19.30 Uhr

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