Aufspüren von Corona-Infektionen - Was PCR, Antigen- und Antikörper-Tests können – und was nicht

Di 10.11.20 | 15:05 Uhr | Von Haluka Maier-Borst
Eine Testpackung wird aufgemacht. (Quelle: dpa/David Talukdar)
Bild: dpa/David Talukdar

Ergebnisse binnen weniger Minuten statt Tagen, Tests für zu Hause statt im Labor – von neuen Corona-Tests wird sich teils viel versprochen. Doch wo genau haben diese ihre Schwächen und Stärken? Von Haluka Maier-Borst

Grob gesagt gibt es drei Arten von Tests, die derzeit bei der Diagnose von Corona-Infektionen zum Einsatz kommen. Um ein wenig Orientierung zu liefern, erklärt rbb|24 die verschiedenen Tests steckbriefartig. Dabei werden auch zwei Begriffe auftauchen, die vorab kurz erklärt werden sollten: Sensitivität und Spezifität.

Sensitivität beschreibt, wie gut ein Test tatsächlich Infizierte auch erkennt und wie viele Infizierte ihm durch die Maschen gehen. Man spricht in der Statistik von den falsch-negativen Ergebnissen. Je näher der Wert an 100 Prozent ist, desto zuverlässiger spürt der Test alle Infizierten auf.

Spezifität beschreibt dagegen, wie selten ein Test Leute fälschlich als Infizierte einordnet. Hier geht es um die statistisch gesehen falsch-positiven Ergebnis. Auch hier gilt, je näher der Wert an 100 Prozent ist, desto besser.

Bei beiden Werten ist aber zu beachten, wie viele Leute wahrscheinlich in der Bevölkerung tatsächlich eine Krankheit haben. Denn selbst bei Werten nahe der 100 Prozent können Ungenauigkeit drastische Folgen haben, wie ein fiktives Beispiel zeigt.

Ferner beziehen sich alle hier angegebenen Kosten auf die Angaben im Bundesanzeiger [bundesgesundheitsministerium.com].

PCR-Test: Der "Gold-Standard"

Selbst durchführbar: Nein
Dauer bis Ergebnis: Mehrere Stunde
Sagt etwas aus über: Viruserbgut im Rachen
Kostenpunkt: 50,50 Euro für das Labor
15 Euro für den Arzt/die Ärztin
Ein Mitarbeiter des Gesundheitsamts der Stadt Köln demonstriert bei einem Mann einen Corona-Test per Nasenabstrich. (Quelle: dpa/Marius Becker)
Bild: dpa/Marius Becker

PCR-Tests sind die Tests, die derzeit überwiegend zur Diagnose von Corona-Infektionen genutzt werden. Sie gelten in der Forschung als Goldstandard. Aber wieso? Die Tests suchen nach spezifischem Virus-Erbgut in der Probe und haben dadurch mehrere Vorteile. Zum einen können sie selbst kleinste Mengen an Virus-Erbgut aufspüren und so kann in verschiedenen Stadien der Infektion das Virus nachgewiesen werden [nature.com]. Zum anderen haben die PCR-Tests eine hohe Spezifität, denn der Test ist so ausgelegt, dass er spezifisch an für Sars-Cov-2 charakteristische Erbgutteile andockt.

Letzteres wird immer wieder von Kritikern der Corona-Maßnahmen angezweifelt, indem sie auf eine Studie verweisen, bei der PCR-Tests scheinbar deutlich geringere Spezifität zeigen [instand-ev.de] als hier angegeben. Diese Studie untersucht aber nur, wie gut der PCR-Test die einzelnen charakteristische Erbgutteile findet. In der Praxis werden zum Beispiel Dual-Target PCR-Tests benutzt [rki.de], die nicht nur an eine sondern an mindestens zwei Stellen des Corona-Erbguts andocken können. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass der PCR-Test auf einen Erbgutteil anschlägt, der zwar bei Sars-Cov-2 aber auch ähnlichen Erregern vorhanden ist. Experten haben rbb|24 bestätigt, dass man von einer Spezifität über 99,5% ausgehen sollte.

Der PCR-Test hat aber auch einige Nachteile. Er kostet viel, dauert lange, benötigt spezielle Labore und vor allem können positive Fälle unerkannt bleiben. Das kann zum Beispiel geschehen, wenn der notwendige Rachenabstrich nicht richtig durchgeführt wird oder die Infektion schon zu lange her ist. Darum wird zum Beispiel für das Entlassen aus der Quarantäne dazu geraten, dass die Betroffenen zwei negative, zeitversetzte Abstriche vorlegen müssen [rki.de]. Ferner ist es auch möglich, dass noch Viruserbgut gefunden wird, wenn eigentlich der oder die Betroffene längst die Infektion hinter sich hat, aber eben noch Virenreste in Rachen und Nase hat.

Anti-Gen-Test: Schneller, billiger, aber auch ungenauer

Selbst durchführbar: Nein
Dauer bis Ergebnis: Mehrere Minuten
Sagt etwas aus über: Virus-Antigene im Rachenabstrich
Kostenpunkt 15 Euro für den Test
15 Euro für den Arzt/die Ärztin
Antigen Test (Quelle: Roche)
Bild: Roche

Erst wurden zwei Corona-Antigen-Tests im Eilverfahren in Europa und den USA zugelassen, einmal von Abbot [mta-dialog.de] und einmal von Roche [gelbe-liste.de]. Inzwischen werden aber auch andere Antigen-Tests als Schnelltests eingesetzt – vor allem in Alten- und Pflegeeinrichtungen.

Viel Hoffnung wird in diese Antigen-Tests gesetzt, weil sie eben deutlich schneller, billiger und einfacher zu handhaben sind als PCR-Tests. Zwar braucht es nämlich derzeit nach wie vor geschultes Laborpersonal, aber eben nicht den gleichen Aufwand wie bei den PCR-Tests.

Grob gesagt sind Antigene so etwas wie charakteristische Formen auf einem Erreger, an die Antikörper andocken können. Im Fall von Corona kann das zum Beispiel das viel besprochene Spike-Protein sein.

Antigen-Tests haben im Gegensatz zur PCR den Nachteil, eine Infektion nur relativ am Anfang erkennen zu können. Außerdem gibt es Bedenken darüber, wie genau diese Tests sind und wie gut sie validiert wurden [nature.com], da es noch nicht viele Studien zu ihnen gibt. Zahlreiche Labore, unter anderem auch das von Christian Drosten an der Berliner Charité [tagesspiegel.de], versuchen diese Schnelltests weiter zu verbessern und idealerweise sogar für den Laien nutzbar zu machen.

Antikörper-Test: Infiziert ohne es gemerkt zu haben?

Selbst durchführbar: Ja
Dauer bis Ergebnis: Mehrere Minuten
Sagt etwas aus über: Virus-Antikörper im Blut
Kostenpunkt:

59,95 Euro bei dm

beispielweise

Ein Mann gibt mit einer Pipette Blut auf einen Schnelltest auf Antikoerper des SARS-CoV-2 Virus. (Quelle: dpa/Daniel Reinhardt)
Bild: dpa/Daniel Reinhardt

Schon wenige Monate nach dem Beginn der Pandemie gab es bereits erste Antikörper-Tests. Inzwischen listet die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA mehrere Dutzend zugelassene Tests [fda.gov]. Und die gute Nachricht ist, sie werden immer genauer.

Antikörper-Tests untersuchen im Gegensatz zum Antigen-Test die Immunantwort eines Infizierten, nämlich die Antikörper die sich als Abwehrreaktion zu einer Infektion bilden. Das bedeutet naturgemäß, dass diese Tests erst zeitverzögert anschlagen können, am besten funktionieren sie wohl 16 bis 21 Tage nach dem Auftreten von Symptomen [AJCP].

Entsprechend kann man mit diesen Tests auch nicht untersuchen, ob sich jemand als Kontaktperson eines bekannten Falls infiziert hat. Aber diese Tests helfen dabei herauszufinden, ob jemand eine Infektion bereits durchgemacht hat und zumindest zeitweilig immun ist.

Vorläufiges Fazit

Die verschiedenen Tests haben unterschiedliche Vor- und Nachteile und ergänzen sich oftmals gut in der Diagnose. Insgesamt spricht aber viel dafür, ein positives Ergebnis nicht sofort überzubewerten, sondern mit einem zweiten Test nachzuhaken. Und um das Problem der falsch-negativen Ergebnisse in den Griff zu bekommen, ist laut Forschern eins noch wichtiger als die Genauigkeit: die Häufigkeit, mit der zum Beispiel in Schulen, Kitas oder Unis getestet wird [medrxiv.org].

In einer früheren Version haben wir geschrieben, dass die Antigene im Blut nachgewiesen werden. Das ist nicht der Fall, auch hier geht es um einen Rachenabstrich [roche.de]. Wir bitten den Felher zu entschuldigen.

Was Sie jetzt wissen müssen

Beitrag von Haluka Maier-Borst

Kommentar

Bitte füllen Sie die Felder aus, um einen Kommentar zu verfassen.

Kommentar verfassen
*Pflichtfelder

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren