Müller und Kalayci enttäuscht - Nächste Impfstoff-Lieferung für Berlin kommt später als erwartet

Mi 30.12.20 | 22:48 Uhr
Eine Ärztin zeigt im Corona-Impfzentrum in der Arena in Treptow, wie eine Spritze gesetzt wird (Quelle: dpa/Zinken)
Video: Abendschau | 30.12.2020 | Ulli Zelle | Bild: dpa/Zinken

29.250 Dosen des Corona-Impfstoffs wöchentlich ab 4. Januar: Das hat der Bund Berlin versprochen. Doch die Lieferung kommt später als erwartet. Angesichts der Lieferprobleme will Berlins Regierender Bürgermeister nun den Druck auf den Bund erhöhen.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) will angesichts der Lieferprobleme beim bislang einzigen in der EU zugelassenen Corona-Impfstoff den Druck auf den Bund erhöhen. Müller sagte am Mittwoch in der rbb-Abendschau, das werde das große Thema der Ministerpräsidentenkonferenz in der nächsten Woche sein. Er habe mit einigen Länderchefs gesprochen und alle hätten die gleiche Nachricht bekommen, dass es zuerst einen Lieferstopp und dann doch wieder neue Impfdosen geben werde.

Man werde deshalb darauf drängen, dass die Kapazitäten erhöht werden. Die Impfzentren stünden bereit. In Berlin könnten 20.000 Impfungen pro Tag vorgenommen werden, sagte Müller. Die anderen Bundesländer seien ebenfalls gut vorbereitet. Nun müsse Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagen, wie mehr Lizenzen vergeben werden könnten, damit es auch mehr Produkte gebe.

Impfstoff kommt später nach Berlin als erwartet

Wie am Mittwoch bekannt wurde, werden die nächsten Impfstoffdosen gegen Sars-CoV-2 später eintreffen als erwartet. Das Bundesgesundheitsministerium teilte am Mittwoch mit, dass die nächste Impfstoff-Lieferung von 670.000 Dosen ab dem 8. Januar bereitstehe.

Bislang seien wie geplant 1,3 Millionen Dosen des Impfstoffes von Biontech und Pfizer geliefert worden. "Die heutige Lieferung deckt nach den Planungen von Biontech auch die 1. Januarwoche ab." Konkrete Angaben zur Verteilung über die Bundesländer gab es nicht.

Nach dem 8. Januar werde die nächste Lieferung am 18. Januar erfolgen und ab dann vorerst wöchentlich montags, teilte das Gesundheitsministerium mit.

Starke Kritik - auch aus Berlin

Das Bundesgesundheitsministerium reagierte damit auf massive Kritik aus einigen Ländern. Zuvor hatte es nämlich geheißen, dass es erst ab dem 11. Januar mit der Lieferung weitergehen solle.

Berlin war jedoch ursprünglich davon ausgegangen, dass man bereits ab 4. Januar 29.250 weitere Impfdosen erhalten solle. "Das bringt uns jetzt in sehr große Schwierigkeiten, da wir aufbauend auf diese Zusagen unsere Planungen gemacht haben", sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Mittwoch dem rbb. Man habe diese Dosen frühzeitig gebraucht, "um mit den über 80-Jährigen anfangen zu können. Das können wir jetzt natürlich nicht." Deshalb würden ab Mittwoch nun zunächst Menschen über 90 Jahren per Brief zu den Impfungen eingeladen.

"Ich habe die Bitte an den Bund, die Lieferung etwas stabiler und zügiger zu organisieren. Wir können hier nicht alles vorbereiten und dann so eine Bremse bekommen", sagte Kalayci. Das sei mehr als unglücklich gelaufen. "Ich bin sauer. Die Knappheit des Impfstoffs bleibt ein Problem für den Impfstart in Deutschland." Bis zum Mittwoch sind in Berlin 6.296 Menschen geimpft worden, wie die Senatsverwaltung mitteilte.

Brandenburg ebenfalls betroffen

Auch Brandenburg war zunächst davon ausgegangen, dass es in der ersten Januar-Woche keine Impfstoff-Lieferung bekommt. Das sagte die Landesgesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Mittwoch auf einer Pressekonferenz.

Nonnemacher sprach von bundesweiten Lieferschwierigkeiten beim Corona-Impfstoff. "Es betrifft alle Bundesländer gleichermaßen", sagte sie. 19.500 Dosen seien für Brandenburg wöchentlich anvisiert.

"Enttäuscht über die geringen Mengen"

Der Impfstoff wird zentral von der Bundesregierung geordert und vom Bundesgesundheitsministerium nach einem Verteilungsschlüssel an die Bundesländer ausgegeben. Die Länder kümmern sich um die Verteilung des Impfstoffs vor Ort, beispielsweise durch den Betrieb der insgesamt 450 Impfzentren und die Einsätze mobiler Impfteams. Mehr zur Logistik der Verteilung lesen Sie hier [tagesschau.de].

Bundesgesundheitsminister Spahn bezeichnete den Impfstart am Mittwochmorgen als gelungen: "Die größte Impfkampagne unserer Geschichte ist erfolgreich angelaufen."

Die Berliner Senatorin dagegen sagte am Morgen im rbb-Inforadio: "Wir sind alle enttäuscht über die geringen Mengen Impfstoff." Die Senatorin bezog sich dabei noch auf die zunächst 58.500 Impfdosen, die Berlin vor dem Jahreswechsel erhält. Das reiche gerade mal für die Bewohnerinnen und Bewohner in den Pflegeheimen, die seit Sonntag von mobilen Impfteams versorgt werden. Es werde auch bereits medizinisches Personal in Krankenhäusern geimpft, die mit Corona-Patienten zu tun haben.

Pflegekräfte könnten sich von mobilen Impfteams in den Heimen impfen lassen, betonte Kalayci noch einmal. Sie müssten nicht darauf warten, dass Berlins bislang einziges Impfzentrum in der Arena am 4. Januar wieder öffne.

"Wir brauchen den Impfstoff jetzt"

Im neuen Jahr sollten pro Kalenderwoche weitere 29.250 Impfdosen in Berlin ankommen. Zunächst hatte sich Kalayci ihren Worten zufolge bereits "maßlos geärgert", dass noch nicht klar sei, wann die erste Lieferung im Januar 2021 genau bereitgestellt würde.

"Es sind bundesweit sehr hohe Verträge mit dem Impfstoff-Produzenten abgeschlossen", betonte die Senatorin, "an der Gesamtmenge wird es also nicht liegen. Es ist vor allem ein Zeitfaktor." Die Unsicherheit bei den Lieferterminen mache die Impf-Terminvergabe extrem schwierig. "Wir brauchen ihn jetzt", sagte Kalayci.

Auch aufgrund des fehlenden Impfstoffs war am Dienstag das Impfzentrum in der Arena-Halle in Treptow nur zwei Tage nach seiner Öffnung wieder geschlossen worden. Wann die anderen fünf bereitstehenden Impfzentren an den Start gehen, sei allerdings noch offen. Das hänge davon ab, wann genug Impfstoff da ist, sagte die Senatorin. Der Bundesgesundheitsminister habe aber in Aussicht gestellt, dass Anfang des Jahres weitere Impfstoffe zugelassen werden könnten. Als Nächstes zu erwarten ist eine Zulassung des Impfstoffs vom Hersteller Moderna, der in den USA bereits eingesetzt wird.

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