Der rbb|24-Adventskalender | Abgefahren aufgemacht - 16. Tür: Drunter durch statt mittenmang

Fr 16.12.22 | 05:55 Uhr | Von Stefan Ruwoldt
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Adventskalender: Der Tunnelbohrer Bärlinde gräbt sich durch den Berliner Untergrund (Quelle: Marcus Behrendt)
Bild: Marcus Behrendt

Kaum Tiere, wenig Ampeln, kein Regen - Tunnel sind bestens geeignet, schnell voran zu kommen. Die U-Bahn nutzt dieses Prinzip. So einige Linien hat Berlin bereits, weitere allerdings sind schwierig zu bauen. Mit einer neuen Strecke aber glänzte die Stadt zuletzt.

24 kleine Geschichten rund um Bewegung, Geschwindigkeit oder um das bloße Fortkommen, das Verschwinden oder über Menschen, die etwas in Gang setzen - all das natürlich in Berlin und Brandenburg. Alle Türchen auf einen Blick finden Sie hier.

S-788 - Das ist eine... Bundesstraße? Ein Nahrungsergänzungsmittel? Oder eine Norm für abschließbare Fenstergriffe? Alles falsch. Man kommt nicht drauf. Damit "S-788" zu Ehren kommen konnte, handelte der Senat und benannte "S-788" um. Irgendwas mit Berlin und Natur. "Bärlinde" kam raus. Tiernamen gehen immer.

So viel Stützwirkung wie nötig

Bärlinde hatte nichts Niedliches. Ihr Hersteller, die Firma Herrenknecht, nannte sie mit Vornamen "Mixschild" und fügte noch die Abkürzung TBM vorneweg: Die Tunnelbohrmaschine Mixschild Bärlinde war 74 Meter lang, schuf zwei parallele Röhren mit jeweils 1.620 Metern Länge und kämpfte mit den Herausforderungen der märkischen Erde wie kein zweiter Bär vor ihr: "Bärlinde bohrte sich mit einer Suspension mit erhöhter Dichte mit so wenig Druck wie möglich und so viel Stützwirkung wie nötig sicher unter der Flusssohle durch", beschreibt die Herstellerfirma Herrenknecht Bärlindes Werk in einem Satz, der kein Komma enthalten durfte.

Das Türenteam

Marcus Behrendt (Quelle: Marcus Behrendt)
Marcus Behrendt

Illustrator und Comiczeichner "EMBE", mit bürgerlichem Namen Marcus Behrendt, steigt auch bei Schnee und Kälte auf sein Rad. Der gelernte Pädagoge nutzt jede Gelegenheit zum Zeichnen.

Stefan Ruwoldt (Quelle: Marcus Behrendt)
Marcus Behrendt

Redakteur Stefan Ruwoldt ist dem Weihnachtmann hinterhergehetzt, hat ihn aber nie erwischt. Das tat er mit dem Rad, dem Boot und seinem ganz privaten Motorschlitten. Nur beim Reiten, Golfen und Gleitschirmfliegen guckt er lieber zu.

Als "Bärlinde" fertig war am 14. Oktober 2015 kamen wieder Männer, gaben der nun fertigen Höhle ebenfalls einen neuen Namen und überließen den Rest den Inneneinrichtern, die Schienen und Wartebänke installierten: U5-Verlängerung. Die Bärnamen waren aus.

Wo ist sie?

Die U5-Verlängerung untergrub oder passierte das Rote Rathaus, die Spree, das wiederentstehende Stadtschloss, den Berliner Dom, die Staatsoper, kreuzte die Friedrichstraße und kam da raus, wo alle hinwollen: am Brandenburger Tor. Dafür musste Bärlinde buddeln, kämpfte mit Wassereinbrüchen und verursachte Fahrbahnrisse, zwischendurch brauchte sie eine Art Generalüberholung, am Ende aber lieferte sie und sorgte dafür, dass alle unterirdisch gut zum Hauptbahnhof oder zum Bundeskanzleramt kommen - am Brandenburger Tor schloss Bärlindes neuer Tunnel an die schon vorhandene Minilinie durch den Spreebogen.

Die U5-Verlängerung also ist fertig. Aber wo ist Bärlinde? Viele Touristen wünschen sich endlich eine U-Bahn-Anbindung des Mauerparks, fragen nach dem richtigen Ausgang für die Revaler Straße und suchen den Bahnhof Prenzeberg.

Bärlinde ist unterwegs. Ganz sicher. Sie gräbt da unten nach dem Berghain: vier Ausgänge ein Floor - mit richtig viel Suspension.

Beitrag von Stefan Ruwoldt

3 Kommentare

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  1. 3.

    Es handelt sich hier glücklicherweise weit eher um freie Assoziationen, was ja eine pure Freude ist, als darum, überall und an jedem Ort Anti-Wahlkampf zu machen. Sorry. ;-

  2. 2.

    Wenn ich nur noch wüsste, ob die "Spandauer-TBM" einen Spitznamen hatte. Einfacher war das Unterfangen jedenfalls nicht. An der Zitadelle vorbei, unter der Havel lang, am Kolk vorbei, unter der Altstadt durch. Was wurden alles für Katastrophen heraufbeschworen. Absacken der Zitadelle, Wassereinbrüche bei der Havelunterquerung, Bauschäden an Gebäuden im denkmalgeschützten Kolk, am Gotischen Haus, der Nikolaikirche, dem Rathaus u.v.m. Passiert ist nicht wirklich was.

    @Alfred N.: Frau J. tritt in Spandau, Wahlkreis 2, an. Die Streichung der Priorisierung des U 7 - Ausbaus kommt hier nicht wirklich gut an. Ebenso wie die Phantasiespiele die Seegefelder zwischen Bahnhof und Park Autofrei zu bekommen.

  3. 1.

    Ähnlich der immerhin am Rande erwähnten O-Bus-Idee für Spandau bei Berlin hätte der RBB spätestens hier auch über die gleiche ganz lange Bank berichten können, auf der die dortige U7-Verlängerung bei Jarasch gelandet ist. Dabei hat sie die Wahlwiederholung auch zur Abstimmung über die Verkehrswende in Spandau ausgerufen, bei der schwarz-rote Vorleistungen für die Tram in der Wasserstadt von ihr ebenso wie von ihrer grünen Vorgängerin so schnell nicht genutzt werden sollen.

    Vielleicht gibt es ja noch ein Türchen, hinter denen sich Wassertaxies befinden wie sie Pop angesichts des untätigen Verkehrssenates vorgeschlagen hatte.

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