Keine Impfstoff-Produktion - Müller korrigiert Kalayci-Vorstoß: Berlin könnte nur Impfstoff-Abfüllung

Do 28.01.21 | 19:16 Uhr
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Spritzen mit dem Impfstoff des Herstellers Biontech/Pfizer gegen das Coronavirus liegen in einer Box im zweiten Impfzentrum Berlins, im Erika-Hess-Eissatdion. (Quelle: dpa/Nietfeld)
Video: Abendschau | 28.01.2021 | Anja Herr | Bild: dpa/Nietfeld

Corona-Impfstoff made in Berlin - das deutete Berlins Gesundheitssenatorin Kalayci am Donnerstag an. Doch der Regierende Bürgermeister relativiert die Aussage, es gehe nur um die Abfüllung. Für eine Impfstoffproduktion fehlt die notwendige Technologie.

In Berlin wird es auf absehbare Zeit doch keine vollständige Produktionslinie für einen Corona-Impfstoff geben. Das sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller dem rbb.

Zuvor hatte Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) im Abgeordnetenhaus erklärt, dass man in Gesprächen mit dem Pharmaunternehmen Berlin Chemie stehe. "Berlin steht bereit, bei der Impfstoff-Produktion mitzuhelfen", sagte die SPD-Politikerin wörtlich.

In der Pandemie arbeite das Land schon jetzt eng mit Pharmaunternehmen zusammen, beispielsweise bei den Impfzentren. Nun sei das private Pharmaunternehmen Berlin-Chemie bereit, in der Hauptstadt eine Impfstoff-Produktion aufzubauen, sagte Kalayci. Das Berliner Traditionsunternehmen aus Adlershof prüfe gemeinsam mit der Gesundheitsverwaltung den Aufbau von Produktions-Kapazitäten, so die Gesundheitssenatorin: "Ich finde, das ist eine gute Nachricht." Das Unternehmen selbst wollte diese aussage auf Nachfrage des rbb jedoch nicht bestätigen.

Müller zeigt sich skeptisch gegenüber Plänen

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) relativierte später: Es gehe seines Wissens nach nur um die Abfüllung von Impfstoff. Damit habe Berlin Chemie bereits Erfahrung, so Müller."Meine Erkenntnisse sind, dass es nicht um Impfstoffproduktion sondern um die Abfüllung von Impfstoffen geht", erklärte Berlins Regierender dem rbb am Donnerstag. Die Unterstützung von Berlin Chemie könnte Berlin allerdings helfen wesentlich schneller in der Auslieferung und der Terminvergabe von Impfungen zu sein.

Aus Unternehmenskreisen erfuhr der rbb, dass Berlin Chemie nicht über die notwendige Technologie für eine Impfstoffproduktion verfügt. Der rbb erfuhr auch, dass die Lizensierung einer eigenen Impfstoff-Produktion im Weg stehe. Lizenzen für die Impfstoffe würden bei den jeweiligen Herstellern liegen. Berlin Chemie hätte darauf keinen Zugriff.

Berlin-Chemie: Technologie nicht für die Produktion geeignet

Berlin-Chemie habe gute Ressourcen, etwa eine eigene Halle, um die Impfstoff-Produktion schnell aufbauen zu können. Auch Personal würde zur Verfügung stehen, hatte Kalayci gesagt. Eine genaue Aussage, wann es mit der Produktion losgehen könnte und welcher Impfstoff in Berlin produziert werden könnte, machte die Senatorin nicht.

Berlin-Chemie bedankte sich bei der Berliner Senatsverwaltung für die "positiven und konstruktiven Gespräche", betonte aber, dass die Technologie, über die das Unternehmen verfüge, nicht für die Produktion von Impfstoffen geeignet sei.

Die CDU kritisierte, dass Kalayci konkrete Nachfragen dazu unbeantwortet ließ und "nur noch mehr Verwirrung" stifte. In einer Erklärung der Fraktion wurde darauf hingewiesen, dass der Regierende Bürgermeister Müller noch vor zwei Wochen eine Impfstoffproduktion in Berlin als zu kompliziert ausgeschlossen habe. Im Senat wisse die linke Hand nicht, was die rechte tue, so der Vorwurf der CDU-Fraktion.

Impfstoff von Astrazeneca soll Freitag zugelassen werden

Bisher sind in der EU zwei Corona-Impfstoffe der Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna zugelassen. Allerdings gibt es seit Wochen Probleme mit dem Umfang und der Pünktlichkeit der Lieferungen. Die Folge: Beim Impf-Tempo ist noch viel Luft nach oben.

Im September 2020 hatte Biontech in Marburg (Hessen) das Werk des Pharmaunternehmens Novartis übernommen [spiegel.de], um seine Produktion auszuweiten. Im Januar kam die endgültige Genehmigung, ab Februar soll auch dort Impfstoff hergestellt werden. Ziel sind 750 Millionen Impfdosen im Jahr, davon 250 Millionen im ersten Halbjahr 2021. Auch in Mainz, Idar-Oberstein (beides Rheinland-Pfalz), Laupheim, Tübingen (beides Baden-Württemberg), Dessau und Brehna (beides Sachsen-Anhalt) werden teilweise Impfstoffe produziert, allerdings handelt es sich dabei um global vernetzte Prozesse: Oft werden nicht alle Schritte an einem Standort durchgeführt.

Zudem ist ein Streit der Europäischen Union mit dem Pharmakonzern Astrazeneca entbrannt, dessen Impfstoff voraussichtlich am Freitag in der EU zugelassen wird. Der Impfstoff des Herstellers wird voraussichtlich zunächst in weit geringen Mengen nach Deutschland und andere Länder geliefert als zunächst erwartet. Bei einem Krisentreffen am Mittwochabend hatte das Unternehmen keine zusätzlichen Lieferungen zugesagt. Der Astrazeneca-Impfstoff soll nach einer Empfehlung der deutschen Impfkommission im Gegensatz zu den Präparaten von Biontech/Pfizer und Moderna nur an Menschen zwischen 18 und 64 Jahren verabreicht werden [tagesschau.de].

SPD fordert Impfgipfel

Erst am Mittwoch hatte die SPD auf eine Beschleunigung der Corona-Impfungen in Deutschland gedrängt und etwa in Person des Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) einen Impfgipfel von Bund, Ländern und Wirtschaftsvertretern gefordert. "Wir brauchen einen klaren Plan, wie wir das Impfen in Deutschland schneller hinbekommen", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Dafür ist es wichtig, dass alle Ebenen jetzt zusammenkommen."

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich dafür offen gezeigt. Im Radiosender NDR Info schlug er am Donnerstag ein gesondertes Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder vor, an dem auch Vertreter der Pharmahersteller teilnehmen sollten.

Sendung: Abendschau, 28.01.2021, 19:30 Uhr

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135 Kommentare

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  1. 135.

    Danke für Ihren Beitrag. Besser kann man es nicht zusammenfassen.
    Bleiben Sie gesund!

  2. 134.

    Zitat: "Oder ist das nur nachgeplappert was über die Medien verbreitet wurde?"

    Die allermeisten Bürger*innen sind in vielen Lebensbereichen auf die Informationen aus "den Medien" angewiesen.
    Wenn man sich auf solche Informationen bezieht, ist das kein Nachplappern.
    (Das man bei der Auswahl "seiner" Medien heutzutage selektiv sein sollte, ist natürlich unbenommen.)

    Welche Quellen nutzen Sie denn?
    Sind Sie Insider?
    Arbeiten Sie in den verschiedensten Bereichen mit Informanten zusammen?
    Oder holen Sie sich Ihre Informationen auch nur aus den Medien, wie z.B. hier vom RBB?

  3. 133.

    Dies Senatorin sticht immer wieder hervor, wenn es um „Fehlinterpretationen“ eigener Aussagen geht. Ich möchte hier keine Unfähigkeit unterstellen, da ich nicht nah genug am Geschehen bin, um dies einschätzen zu können. Allerdings würde mich mal interessieren, welche Befähigungsnachweise unsere Berliner Politiker haben. Die einzig positive Entwicklung sehe ich im Innenresort. Vielleicht hat da Jemand verstanden, dass Wahljahr ist??

  4. 132.

    Mein Gott das ist ja nur noch peinlich! Wie kommt man denn auf sowas und veröffentlicht das auch noch! Schon wieder ein angeblicher Kommunikationsfehler? Fr. Kalayci ist genauso ein Fehlbesetzung auf diesem Posten, wie die Schulsentorin.
    Es ist an der Zeit vorzeitig den Hut zu nehmen und nicht erst zu den Wahlen. Was für eine Inkompetenz!!!!!

  5. 131.

    Jaaaaa,sehr nebulös was die Dame so von sich gibt! Nicht nur bei diesem Thema!

  6. 130.

    Jeder blamiert sich so gut wie er kann. Und der Berliner Senat ganz sich besonders gut blamieren, vor allem diese unfähige Senatorin Deilek Kalayci. Allerdings ist Michael Müller auch eine Fehlbesetzung. Hoffentlich wählt den demnächst niemand in den Bundestag.

  7. 129.

    Eine Gesundheitssenatorin, die Herstellung und Abfüllung von Impfstoffen nicht unterscheiden kann, hat Berlin nun wirklich nicht verdient.

  8. 128.

    ".....und die Verträge wurden wohl so abgeschlossen, dass alle Werke, auch die in GB, einbezogen sind."
    Woher wissen sie das? Haben sie die Verträge gelesen? Oder ist das nur nachgeplappert was über die Medien verbreitet wurde?

  9. 127.

    Ich würde es mal mit einer Kombination aus Heimatkunde und Gelbe Seiten versuchen. Leider wandeln unsere Politiker momentan wie "Hans guck in die Luft" umher, leider ohne dazu benötigter Expertise. Also alles beim Alten. Vielleicht hätten sie mal jemanden Fragen sollen der sich damit auskennt und das mitten in Berlin ;-)

    https://www.bbraun.de/de/unternehmen/b-braun-entdecken/standort-berlin.html

  10. 126.

    Berliner können nur "abfüllen" ;-) - so habe ich das gar nicht gesehen, mal beobachten ;-)

  11. 125.

    Frau Kalayci ist ja nun schon mehrfach mit bizarren Thesen zum Thema Impfen aufgefallen. Erst sollten Berliner freie Auswahl haben, nun soll ein Unternehmen, das von nichts weiß, Impfstoffe in Berlin produzieren. Für eine Fachsenatorin echt grenzwertig.

  12. 124.

    Hin und her ,wie so oft bei diesem PEINLICHEN Senat

  13. 123.

    So sind unsere Politiker halt und denen soll man noch was glauben. Diese ganze Impfpolitik ist doch in den Brunnen gefallen und da helfen auch keine Bes hoenigungen mehr. Unsere Politiker sind einfach heillos ueberfordert und das kostet Menschleben, was man ihnen mal klar machen muss. Sonst sind es ja nur Arbeitsplätze oder das Geld der Steuerzahler.

  14. 122.

    AstraZeneca hat noch zwei Werke in den Niederlanden, das ist EU, und die Verträge wurden wohl so abgeschlossen, dass alle Werke, auch die in GB, einbezogen sind. Aber wie mir persönlich scheint, gilt jetzt auch in GB - GB first. Darüber sollte man sprechen, Vertrag ist Vertrag. Man kann nicht nur VorschussMillionen kassieren.

  15. 121.

    Corona macht es uns schwer, aber Presseartikel über jeden Krümel der herunter fällt auch. Vielleicht sollte die Presse nicht jede Info sofort verbreiten, so vieles davon ist schon Tage oder Stunden danach nicht mehr aktuell. Nach dem Motto "Hauptsache Schlagzeile" verwirrt uns alle derzeit nur noch mehr und schadet somit unserer Haltung der Sache gegenüber.

  16. 120.

    Das übliche mediale Chaos!!!
    Impfung hin und her, heute so, morgen so.
    Versprechungen und Rückzieher.
    Der Eine schiebt die Verantwortung auch immer weiter, unzuverlässig, falsche Planung ! Das ist ehrlich gesagt ein Versagen hoch drei.

  17. 119.

    Also Kalatschi fabuliert von Impfstoffherstellung, Müller orakelt "seines Wissens" nur Abfüllung.
    Mhhh ... Tageschau gesehen Herr Müller?
    Da kam eine Absage zur Abfüllung. Kann man auch hier nachlesen:
    "Etwa sieben Stunden später die Ernüchterung: Das von Kalayci ins Spiel gebrachte Unternehmen Berlin-Chemie stellte klar, dass es "derzeit" weder Impfstoff produzieren noch abfüllen könne."
    https://www.n-tv.de/politik/Impfstoff-Vorstoss-aus-Berlin-sorgt-fuer-Verwirrung-article22324089.html

    Ich will das Zeug nicht riechen, was die rauchen.

  18. 118.

    Informationsaustausch fehlte. Berlin- Chemie teilte heute Abend mit, die Technologie, über die das Unternehmen verfüge, sei für die Produktion von Impfstoffen nicht geeignet.

  19. 117.

    Ja, Corona macht das Leben komplizierter. Nur, vom Jammern und alles schrecklich finden und sich das ständig zu erzählen wirds nicht besser. Das schafft Traumata, bei Jung, ganz Jung und Alt. Akzeptieren was ist, Lösungen suchen, gemeinsam handeln (gemeinsam wäre echt gut, mal einigen), nach vorne schauen (es gibt doch Licht am Ende des Tunnels) positiv denken und dies auch verbreiten hilft die Traumata klein zu halten. Verzagtheit an den Nagel hängen bitte. Das auch bitte bei den Medien. Sich gemeinsam schützen, die Gesellschaft schützen, die Wirtschaft (brauchen wir) vor COVID 19 und vor Frust. Und bitte alle: Verantwortung tragen. Jeder! Nicht nur die Politiker, Virologen und Ärzte und deren Mitarbeiter. Wo geht's lang? Dort nach vorne, da ist das "Licht" und ... um uns rum übrigens noch genug! Also, schön gesund bleiben.

  20. 116.

    OK, aber Menarini war jetzt die schlechteste Lösung, was ich so mitbekommen habe.

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