Nach Corona-Ausbruch in Reinickendorf - Amtsarzt Larscheid verteidigt Quarantäne am Humboldt-Klinikum

Mo 25.01.21 | 11:34 Uhr
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Das Vivantes Humboldt-Klinikum in Berlin-Reinickendorf (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Audio: Radioeins, 25.01.21, 7:20 Uhr | Bild: dpa/Paul Zinken

Rund 1.500 Mitarbeiter und 400 Patienten sind betroffen: Nach dem Ausbruch einer Infektionswelle am Humboldt-Klinikum mit der Corona-Mutation B.1.1.7. sind viele Menschen in Quarantäne. Amtsarzt Larscheid verteidigt die Abschottung.

Nach der Schließung des Reinickendorfer Humboldt-Klinikums aufgrund des dortigen Coronaausbruchs hat der Reinickendorfer Amtsarzt Patrick Larscheid die Abschottung des Hauses verteidigt. Er sagte am Montag im rbb: "Wir hatten sehr starke Hinweise darauf, dass das ein Geschehen ist, was sich im Krankenhaus stärker verteilt hat und dann war uns ziemlich schnell klar, dass es gar keine andere Chance mehr gibt, wenn wir überhaupt noch etwas retten wollen, einfach zu sagen: 'Wir machen jetzt komplett dicht!'"

Das gesamte Haus stehe nun unter Quarantäne. Hintergrund dieser Entscheidung ist die Feststellung von Infektionen mit der hochansteckenden Corona-Mutation des Typs B.1.1.7. Die Quarantäne betrifft rund 1.500 Ärztinnen, Schwestern und Pfleger, Verwaltungsmitarbeiterinnen und technische Angestellte sowie rund 400 Patientinnen und Patienten, die derzeit in dem Krankenhaus behandelt werden.

"Es fing an, ein bisschen auszufasern"

Larscheid sagte zur Begründung der Schließung des Hauses, es habe sich immer deutlicher abgezeichnet, dass auch wenige andere Fälle, in denen die zuerst in Großbritannien beschriebene Virusvariante (B.1.1.7) entdeckt wurde, in Zusammenhang mit dem Krankenhausausbruch stehen: "Es fing an, so ein bisschen auszufasern."

Zudem habe es sehr starke Hinweise gegeben, dass sich das Geschehen möglicherweise im Humboldt-Klinikum schon stärker verteilt habe. Es sei nicht mehr deutlich gewesen, ob es sich um einen Ausbruch oder parallele Ausbrüche handle. Wie genau die Virusmutation in die Klinik gelangte, sei noch unklar - mehrere Hypothesen würden verfolgt, schilderte der Amtsarzt.

Patrick Larscheid, Amtsarzt im Berliner Bezirk Reinickendorf. (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Der Reinickendorfer Amtsarzt Patrick Larscheid. | Bild: dpa/Paul Zinken

Erster Fall offenbar auch in Spandau

Nach mehreren Infektionen mit der in Großbritannien entdeckten und als ansteckender geltenden Coronavirus-Variante nimmt das Klinikum bereits seit Samstag keine Patienten mehr auf. Routinescreenings in der Station für Innere Medizin und Kardiologie hatten am Samstag positive Nachweise bei 20 Personen ergeben. Neben 14 Patientinnen und Patienten seien sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen, wie die Klinik im Stadtteil Reinickendorf bestätigte.

Laut einem Bericht des "Tagesspiegel" ist inzwischen auch ein Patient im Vivantes-Klinikum Spandau von B.1.1.7 betroffen: Der Mann sei aus Reinickendorf dorthin verlegt worden und sei seitdem isoliert.

Der Virus-Typ B.1.1.7 war bisher vor allem in Großbritannien aufgetreten, ist inzwischen aber in mehreren Ländern nachgewiesen. Die Variante ist Experten zufolge leichter übertragbar und womöglich auch tödlicher als die bislang vorherrschende - hierzu gibt es allerdings noch keine eindeutigen Forschungsergebnisse. In Abstimmung zwischen Klinikum, Gesundheitsamt Reinickendorf und Robert Koch-Institut gilt auf Anordnung des Gesundheitsamtes daher ein vorläufiger Aufnahmestopp. Durch die Maßnahme soll die Ausbreitung der Virusvariante in Berlin eingedämmt werden.

Etwa 2.000 Menschen unter Quarantäne

Um den Betrieb am Laufen halten zu können, werden ab Montag Hunderte Mitarbeiter der Reinickendorfer Vivantes-Klinik mit Charter-Bussen der BVG (Berlkönig) durch Berlin pendeln. Mit dieser sogenannten Pendelquarantäne sollen Masseninfektionen durch die mutierte Coronavirus-Variante verhindert werden. Die Kleinbusse sollen als Sammeltaxen das diensthabende Personal zu Hause abholen und nach der Schicht heimfahren, um Kontakte mit Außenstehenden möglichst kleinzuhalten.

Müller strikt gegen Lockerungs-Debatten

Angesichts des Ausbruchs in Reinickendorf warnte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) vor Debatten über Lockerungen der Coronamaßnahmen nach dem zunächst bis Mitte Februar vereinbarten Lockdown. "Jetzt über konkrete Daten für Lockerungen zu sprechen, wo wir kaum absehen können, wie sich die britische Mutante in den nächsten drei Wochen auswirkt, halte ich aktuell für wenig sinnvoll", sagte Müller der "Berliner Zeitung" (Montag-Ausgabe).

Der Ausbruch am Humboldt-Klinikum bereite ihm große Sorgen, so Müller. "Es muss jetzt alles darangesetzt werden, die Infektionszahlen weiter zu senken, und da sind wir bundesweit, aber vor allem auch in Berlin, auf dem richtigen Weg. Ein unbedachter Abbruch dieses Wegs wäre fatal."

Sendung: Radioein, 25. 1. 2021, 7. 20 Uhr

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21 Kommentare

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  1. 21.

    Mein Vater, 70+ kaputte Lunge.
    Mache mir Sorgen.
    Der macht sich überhaupt keine Sorgen.
    Dem tun die Jungen leid, die noch nichts vom Leben hatten.
    Momentan liegt der Fokus komplett auf den Alten.
    Verstehe ich natürlich auch irgendwo.
    Das sind die Schwächsten.
    Aber man könnte wenigstens 20% Maßnahmen für Junge machen (Sport, Schule usw.)
    Und nicht jeden Treff von Freunden gleich kriminalisieren.

  2. 20.

    Äh Moment mal:
    Es könnte auch sein, dass Bekannte es beim Personal verteilt haben.
    Wieso ist immer das Personal die Infektionsquelle?
    Wir wissen nur deshalb von der Mutante, weil im Krankenhaus getestet wird.
    Die Mutante ist doch längst in zahlreichen Berliner Haushalten angekommen. Nur aus Wohnung XY kommt ja keine live-Schalte.
    Außerdem was soll das Personal denn machen?
    Die haben jeden Tag Kontakt zu Corona-Kranken.

  3. 19.

    Es ist immer die persönliche Betroffenheit,die Einfluß auf Meinung und Verhalten der Leute hat.
    Wer alte Angehörige hat,die zu schützen sind,ist froh über die Impfungen. Wer schon Erkrankte in seinem Umfeld hatte,Patienten auf der Intensiv oder gar Verstorbene,hält sich vermutlich an die Regeln um sich und sein Umfeld zu schützen. Anders, als die Leute,die das alles für falschen Alarm halten - trotz aller Infos. Und zur Risikogruppe gehören eben nicht nicht alte Menschen sondern alle Menschen jeden Alters mit schweren Vorerkrankungen oder aktuten schweren Erkrankungen.
    Und Intensivbetten werden nicht nur für Coronapatienten benötigt sondern auch für Unfallopfer,Menschen mit Herzinfarkt,Schlaganfall etc. weshalb man nicht alle Intensivbetten für Coronaerkrankte verplanen darf. Deshalb die stetige Mahnung,das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Ich wünsche mir,dass nehr Leute das endlich verstehen.

  4. 18.

    Das finde ich aber sehr diskrimierend, meine Mutter ist eine von den 100jährigen, die sich haben impfen lassen. Und ich bin sehr stolz auf sie! Sie hat Deutschland mit aufgebaut. Also passen Sie auf was Sie schreiben.

  5. 17.

    Das ist keine Panikmache. Das ist katastrophal, was da passiert. Ich hoffe und bete (obwohl ich nicht glaubig bin) für das Personal und die Patienten, daß alles zum Guten ausgeht!

  6. 16.

    "'Wir machen jetzt komplett dicht!'" - Richtiger Schritt! Alles Gute und viel Erfolg bei der Eindämmung.

    "Jetzt über konkrete Daten für Lockerungen zu sprechen, wo wir kaum absehen können, wie sich die britische Mutante in den nächsten drei Wochen auswirkt, halte ich aktuell für wenig sinnvoll", sagte Müller.
    Das wäre wohl nur kontraproduktiv.

  7. 15.

    M.E. darf auch nicht unterschätzt werden,wie viele vom Personal bereits unwissentlich und noch unerkannt das Virus und ggf. die Mutation in ihrem Umfeld und der eigenen Familie verteilt haben. Das in Spandau nun nach dem einem verlegten und infizierten Patienten schon ein 2. infiziert ist zeigt,dass Tests nur Momentaufnahmen sind. Und zum Personal gehören sowohl Ärzte ,Krankenschwester,Pfleger,Verwaltungsmitarbeiter,
    Reinigungspersonal,Hausmeisterdienst,Handwerker,
    Pförtner,Küchenpersonal? und natürlich auch Leasingskräfte,die mal hier und dann wieder woanders eingesetzt werden. Ich drücke allen die Daumen,dass sie nicht erkranken und der Spuk für sie und die Patienten bald vorbei ist. Ich bin weiterhin der Meinung,dass dass alle dort Arbeitenden geimpft werden müssen und die Personengruppen der Patienten ,die aktuell ohnehin dran sind und nicht in ein Impfzentrum können,weil sie stationär sind.

  8. 14.

    Was sie Angst und Panik nennen sind Fakten und Tatsachen, wenn Sie das zu sehr mitnimmt kann man auch einfach keine Medien mehr konsumieren.

  9. 13.

    Der Amtsarzt und alle Beteiligten und Betroffenen müssen sich doch angesichts Meldungen wie dieser : Polizei beendet Hochzeitsfeier mit 55 Gästen, vor Freude in die Luft springen !!

  10. 12.

    Das ist, mit Verlaub, hanebüchen.
    Wie kann man in einer solchen Situation nur versuchen 2 Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspeilen?
    Noch dazu ist es inhaltlich nicht richtig: Auch das medizinische Personal hatte von Anfang an die Möglichkeit sich impfen zu lassen (Treptow) und hat dies wohl auch teilweise genutzt.
    Und Ihnen kann man nur wünschen, daß Sie mal nicht zu einer Bevölkerungsgruppe gehören, die man auch mal locker hinter diversen anderen einsortiert.

  11. 11.

    Die Quarantäne Regeln sind eindeutig.
    Eine Zwangsweise Unterbringung gibt es nur bei Verstößen und darf nur von einem Gericht angeordnet werden
    https://www.tagesspiegel.de/politik/zwangseinweisungen-nach-corona-verstoessen-diese-bundeslaender-setzen-auf-stationen-fuer-quarantaenebrecher/26828278.html

    Und wer in Quarantäne kommt …. Kontaktperson 1. Grades.... also direkter Kontakt zu einen Infizierten. Die Familie der Beschäftigten ist (solange keine Infektion bestätigt wurde) nicht 1. Grades, dürfen sich also frei bewegen und alles machen.

    Wie sinnvoll das ist …. beurteilen ja andere.... aber so sind halt die Bestimmungen an die sich alle halten müssen.

  12. 10.

    Ich finde hier wird sehr viel Panik verbreitet. Angst und Panikmache, das brauchen wir nicht.

  13. 9.

    Liebe Redaktion, mich wundert der Artikel, auch seine Überschrift. "Larscheid verteidigt" - das klingt, als hätte jemand die Maßnahme in Frage gestellt. Davon ist aber nichts zu lesen. Es müsste also heißen "begründet" statt "verteidigt".
    Mir würde es eher einleuchten, dass Larscheid sich verteidigt, dass in seinem Zuständigkeitsbereich als Amtsarzt überhaupt ein Ausbruch stattfindet. Davon ist hier auch nichts zu lesen.

  14. 8.

    Ich lese häufig, dass Personal für alles verantwortlich gemacht wird. Ich lese nirgendwo, das Patienten die Station z.B. Rauchen verlassen, wo sie kontakt zu anderen Rauchern haben. Wer garantiert, das diese Patienten sich nicht auch mit Angehörigen treffen und somit COVID-19 in die Klinik schaffen und somit Patienten und Personal anstecken!?

  15. 7.

    Ich frage mich, wer kontrolliert eigentlich die Quarantäne? Ich nehme mal an niemand. Ich gebe uns noch maximal 2-3 Wochen, dann haben wir Londoner Zustände. Aber egal. Die Grenzen sind ja auch weiter offen. Kann also nicht soooo schlimm sein...

  16. 6.

    Und die Kontaktpersonen Kategorie 2 ebenfalls in Quarantäne. Damit bleibt dann auch die Familie des Personals zu Hause. Ich befürchte nur, dass auch das nicht konsequent durchgezogen wird.

  17. 5.

    Zunächst einmal gute Besserung an alle, die sich angesteckt haben!

    Ich weiß nur nicht, was die Quarantäne von Angestellten bringen soll, wenn sie doch zwischen Arbeit und Zuhause pendeln dürfen. Sie selbst dürfen nicht das Haus zum einkaufen etc. verlassen, aber was ist mit deren Angehörigen? Die dürfen raus und im Zweifel das Virus weiter verteilen! - Für mich ist das keine Quarantäne!

  18. 3.

    Zuerst drücke ich allen die Daumen, dass es nicht so arg wird. Werden die Berlkönigfahrenden dann auch durchs Klinikum regtelmäßig getestet, dass eine mögliche Ausbreitung verhindert wird?
    Eigentlich wäre es doch sinnvoller, bei positiv gesteten Mitarbeitenden, diese im Klinikum in Quarantäne zu nehmen - denn die Verbreitung ginge ja dann über mögliche Familienangehörige. Irgendwie verstehe ich das mit der Pendelquarantäne nicht wirklich - eigentlich sollten dann alle, zum Zeitpunkt der Feststellung, am Ort verbleiben. Auch wenn dies Härten bedeutet, aber das mögliche Weitertragen wird mit dem jetzigen Zustand auch nicht wirklich eingedämmt.

  19. 2.

    Da frage ich mich , warum ist das Personal noch nicht geimpft?? Vielleicht sollten das Personal gegen die 100 jährigen eingetauscht werden ... die sind ja schon zum 2mal geimpft worden.

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