Weite Strecken für Senioren - Der komplizierte Weg zur Corona-Impfung in der Uckermark

Do 28.01.21 | 06:55 Uhr | Von Oliver Soos
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Prenzlau (Quelle: dpa/Jens Kalaene)
Audio: Inforadio | 26.01.2021 | Oliver Soos | Bild: dpa/Jens Kalaene

Das Corona-Impfzentrum in Prenzlau ist ab Donnerstag das einzige in einem der größten deutschen Flächenlandkreise, der Uckermark. Das bedeutet weite Wege für die Senioren. Vor allem in Schwedt ist der Unmut groß. Von Oliver Soos

Schwedt ist mit 35.000 Einwohnern die größte Stadt der Uckermark, mit einem hohen Rentneranteil. Viele von ihnen sind ehemalige Ölarbeiter aus der Schwedter PCK-Raffinerie. Die Stadt zählt rund 3.200 Senioren über 80 Jahre, die jetzt ihre Corona-Impftermine in der Kreisstadt Prenzlau bekommen sollen. Zu ihnen gehören der 85-jährige Gustav Haase und seine 82-jährige Frau.

Sie haben es Anfang des Jahres zunächst selbst über die zentrale Hotline versucht, erzählt Gustav Haase. "Da lief ständig nur die Ansage, dass alle Leitungen besetzt sind. Wenn man anrief, sprang immer sofort das Band an und das hat mir dann irgendwann den Rest gegeben. Ich dachte: bei der Organisation bekommst du vielleicht im April oder Mai deinen Impftermin", so Haase.

Das Taxi zum Impfzentrum kostet knapp 200 Euro

Hinzu kommt für das Ehepaar ein weiteres Problem. Das Impfzentrum in Prenzlau liegt etwa 50 Kilometer von Schwedt entfernt. Die Tochter, die die Haases fahren könnte, wohnt im 250 Kilometer entfernten Magdeburg. Ein Taxi zum Impfzentrum und zurück kostet knapp 200 Euro und in einen Shuttlebus wollen sich die Rentner nicht setzen. "Wir sind ein Jahr lang über die Runden gekommen, ohne dass uns Corona erwischt hat. Dann soll das nicht auf dem Weg zum Impfzentrum passieren", sagt Haase.

Die Beigeordnete der Stadt, Annekathrin Hoppe, kennt diese Beschwerden. Sie hat der Brandenburger Landesregierung deshalb vorgeschlagen, eine Impfstelle im Schwedter Asklepios-Klinikum zu eröffnen. Hier seien alle Kapazitäten vorhanden und das Personal werde bereits gegen Corona geimpft. "Aus meiner Sicht ist es viel effektiver, dass der Impfstoff nach Schwedt kommt, als dass 3.200 Personen unter recht schwierigen Bedingungen nach Prenzlau gefahren werden", sagt Hoppe. Sie hat vom Brandenburger Gesundheitsministerium bislang nur die Antwort bekommen, dass man den Vorschlag prüfe.

Grüne verteidigen Strategie

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Brandenburger Grünen-Fraktion, Carla Kniestedt, verteidigt die Strategie des Grünen-geführten Gesundheitsministeriums, Senioren, die zu Hause wohnen, zunächst nur in den Impfzentren zu impfen. "Ich glaube, es ist noch zu früh, die Krankenhäuser für das allgemeine Impfen zu öffnen, weil die Corona-Mutanten gerade in die Krankenhäuser eindringen. Außerdem ist schlicht nicht genügend Impfstoff vorhanden. Der, den wir haben, kann nicht so einfach transportiert werden", sagt Kniestedt.

Gustav Haase und seine Frau haben inzwischen ihre Impftermine bekommen, Ende Januar und die zweite Impfung Mitte Februar. Es hat geklappt, nachdem die Tochter eine Woche lang immer wieder bei der Hotline angerufen hatte. Allerdings gab es nur noch einen Termin für das Impfzentrum im etwa 90 Kilometer entfernten Oranienburg (Oberhavel). Nun muss der Schwiegersohn zweimal mit dem Auto aus Magdeburg anreisen und die Haases dort hinfahren.

Sendung: Inforadio, 26.01.2021, 09:45 Uhr

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Beitrag von Oliver Soos

16 Kommentare

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  1. 15.

    Die beiden Herrschaften sollten sich mal überlegen, was aktuell Familien an Mehrkosten haben (Kitagebühren ohne Betreuung, zusätzliches Mittagessen, Babysitter, Materialien zum Basteln etc.) oder auf welche Einnahmen gerade Gastronomen, Eventveranstalter verzichten! Das sind doch locker 200 EUR pro Monat während der Pandemie. Ich ärgere mich wirklich über diese „Berichterstattung“.

  2. 14.

    Aber wo wir schon bei McPomm sind : Was machen die besser als andere Bundesländer, dass sie die höchsten Impfquoten haben, trotz der weiten Wege ? Das wär ja mal eine Recherche wert ....

  3. 13.

    Und ich finde es auch zumutbar 200 EUR für ein Taxi zu zahlen. Wir als Familie werden einfach zusammenlegen, um die Taxifahrt für meinen 93 jährigen Opa zu zahlen. Aber er hat leider noch keinen Impftermin (auch Brandenburg.

  4. 12.

    Also ich verstehe das Problem nicht, die Familie hat doch eine Lösung gefunden. Natürlich ist es nicht perfekt. Aber wir leben in einer Pandemie - nichts ist perfekt. So ist das eben.

  5. 11.

    Dieses ist für mich ein Witz von Bürokratie gegenüber der Bevölkerung. Wer sich so etwas einfallen lässt muß dieser ganz schnell revidieren im Sinne der Bevölkerung von Schwedt.

  6. 10.

    Es ist nachvollziehbar, dass die Kliniken nicht die zu Impfenden im Haus haben wollen. Aber die Lagerung und pharmazeutische Aufbereitung des Impfstoffes wäre doch wohl machbar. Geimpft wird dann an anderer Stelle - Schwedt wird doch eine Turnhallle oder Ähnliches bereitstellen können (oder eben der Impfbus auf dem Markt). Dann braucht es keine langen shuttlefahrten für Senioren, der Shuttlebus des Hilfsdienstes oder der BW fährt die aufbereiteten Impfdosen von der Klinik zum Einsatzort. Kurzer Weg, weniger Kosten, weniger Unbequemlichkeit für ältere Mitbürger. Da es momentan ja nicht viele Impfdosen gibt, wird es übersichtlich bleiben. Aber das Ministeruim muss wollen, die anderen werden im Rahmen ihrer Möglichkeiten und darüber hinaus mitmachen (Stadt, Hilfsdienste, Senioren).

  7. 9.

    Oh, das hat sich bei uns derart eingebrannt, dass wir wohl die letzte Kreisgebietsreform in MeckPomm verpasst (oder ignoriert) haben. Vielen Dank für den Hinweis, wir haben das verbessert.

  8. 8.

    Hallo, Felix, die Uckermark ist ein Landkreis in Brandenburg und nicht in Meck-Pom.
    Außerdem wissen wir hier auch noch nicht, wann überhaupt ausreichend Impfstoff bis in die Provinz kommt. Den Vorschlag, im Klinikum Schwedt zu impfen, habe ich hier schon wiederholt gemacht. Das interessiert niemand von den Verantwortlichen.

  9. 7.

    Erstmal wieder positiv, dass es ein weiteres Impfzentrum gibt. Für die Berliner. Dieser Turm auf dem Bild diente den Türmen auf der Oberbaumbrücke als Vorbild. Der Schwiegersohn scheint Zeit zu haben und die Senioren können doppelt froh sein, dass sie einen Termin haben. Über die Verantwortlichen im Lande Brandenburgs wurde ja bereits ausführlich die Note vergeben und dass untere Chargen sich nicht die Finger verbrennen wollen ist mehr als klar.

  10. 6.

    Warum ist es kompliziert?
    "... und in einen Shuttlebus wollen sich die Rentner nicht setzen."
    Es ist den Herrschaften anscheinend nur nicht fein genug. Vielleicht spendet ja jemand für einen Limousinen Service.

  11. 5.

    Mecklenburg-Vorpommern hat seit geraumer Zeit Landkreise mit erheblich mehr Fläche. Den Vogel schießt der Kreis Mecklenburgische Seenplatte mit 5470 qkm ab, mehr als doppelt so viel wie das Saarland.

  12. 4.

    Liebes rbb-Team,
    woher haben Sie die Information, die Uckermark sei Deutschlands größter Flächenlandkreis? Die von der Fläche her fünf größten Landkreise liegen alle in Mecklenburg-Vorpommern. Erst danach kommt die Uckermark (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_gr%C3%B6%C3%9Ften_Landkreise_Deutschlands).

  13. 3.

    Da es ja einem Lottogewinn gleichkommt einen Impftermin zu erhalten, sollten die Impfzentren vielleicht eine Glücksspiellizenz beantragen.

  14. 2.

    Das ist nicht nur sehr bedauerlich, sondern entsetzlich, wie im Flächenland mit den Senioren umgegangen wird. Das grüne Gesundheitsministerium versagt in allen Bereichen und die Spd( sozial im Namen) lässt das gewähren. Was soll dass, Tausende älterer Menschen 100 oder 180km auf die Reise zu schicken. In Israel kommt der Impfbus mit Krankenschwester, Sanitätssoldat und Fahrer auf den Parkplatz vom Supermarkt. Auch bei Knappheit ist es sinnvoller, ein mobiles Team mit aufbereiteten Dosen z.B. nach Schwedt zu schicken oder dort in der Klinik aufbereiten zu lassen, als die Menschen herumzufahren.
    Frau Kniestedt von den Grünen hat früher nette RBB- Reportagen gemacht. Jetzt ist sie Gastronomin und MdL- das kann sie gerne sein- aber die Aussage " ich glaube, dass...." ist nicht professionell und nicht konstruktiv , hilft niemandem und zeigt die Entwicklung der bürgerlichen Grünen, denen Rentner völlig egal sind, in Bbg, in Berlin und überhaupt.

  15. 1.

    Nicht nur in der Uckermark ist es für die älteren Menschen kompliziert zum Impftermin zu kommen. Auch in Märkisch Oderland, je nachdem wo man wohnt, sind Fahrwege von 60-90 km angesagt. Und in anderen Landkreisen wird es kaum besser aussehen. Zu wenig Impforte für ein Flächenland wie Brandenburg.

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