Weite Strecken für Senioren - Der komplizierte Weg zur Corona-Impfung in der Uckermark
Das Corona-Impfzentrum in Prenzlau ist ab Donnerstag das einzige in einem der größten deutschen Flächenlandkreise, der Uckermark. Das bedeutet weite Wege für die Senioren. Vor allem in Schwedt ist der Unmut groß. Von Oliver Soos
Schwedt ist mit 35.000 Einwohnern die größte Stadt der Uckermark, mit einem hohen Rentneranteil. Viele von ihnen sind ehemalige Ölarbeiter aus der Schwedter PCK-Raffinerie. Die Stadt zählt rund 3.200 Senioren über 80 Jahre, die jetzt ihre Corona-Impftermine in der Kreisstadt Prenzlau bekommen sollen. Zu ihnen gehören der 85-jährige Gustav Haase und seine 82-jährige Frau.
Sie haben es Anfang des Jahres zunächst selbst über die zentrale Hotline versucht, erzählt Gustav Haase. "Da lief ständig nur die Ansage, dass alle Leitungen besetzt sind. Wenn man anrief, sprang immer sofort das Band an und das hat mir dann irgendwann den Rest gegeben. Ich dachte: bei der Organisation bekommst du vielleicht im April oder Mai deinen Impftermin", so Haase.
Das Taxi zum Impfzentrum kostet knapp 200 Euro
Hinzu kommt für das Ehepaar ein weiteres Problem. Das Impfzentrum in Prenzlau liegt etwa 50 Kilometer von Schwedt entfernt. Die Tochter, die die Haases fahren könnte, wohnt im 250 Kilometer entfernten Magdeburg. Ein Taxi zum Impfzentrum und zurück kostet knapp 200 Euro und in einen Shuttlebus wollen sich die Rentner nicht setzen. "Wir sind ein Jahr lang über die Runden gekommen, ohne dass uns Corona erwischt hat. Dann soll das nicht auf dem Weg zum Impfzentrum passieren", sagt Haase.
Die Beigeordnete der Stadt, Annekathrin Hoppe, kennt diese Beschwerden. Sie hat der Brandenburger Landesregierung deshalb vorgeschlagen, eine Impfstelle im Schwedter Asklepios-Klinikum zu eröffnen. Hier seien alle Kapazitäten vorhanden und das Personal werde bereits gegen Corona geimpft. "Aus meiner Sicht ist es viel effektiver, dass der Impfstoff nach Schwedt kommt, als dass 3.200 Personen unter recht schwierigen Bedingungen nach Prenzlau gefahren werden", sagt Hoppe. Sie hat vom Brandenburger Gesundheitsministerium bislang nur die Antwort bekommen, dass man den Vorschlag prüfe.
Grüne verteidigen Strategie
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Brandenburger Grünen-Fraktion, Carla Kniestedt, verteidigt die Strategie des Grünen-geführten Gesundheitsministeriums, Senioren, die zu Hause wohnen, zunächst nur in den Impfzentren zu impfen. "Ich glaube, es ist noch zu früh, die Krankenhäuser für das allgemeine Impfen zu öffnen, weil die Corona-Mutanten gerade in die Krankenhäuser eindringen. Außerdem ist schlicht nicht genügend Impfstoff vorhanden. Der, den wir haben, kann nicht so einfach transportiert werden", sagt Kniestedt.
Gustav Haase und seine Frau haben inzwischen ihre Impftermine bekommen, Ende Januar und die zweite Impfung Mitte Februar. Es hat geklappt, nachdem die Tochter eine Woche lang immer wieder bei der Hotline angerufen hatte. Allerdings gab es nur noch einen Termin für das Impfzentrum im etwa 90 Kilometer entfernten Oranienburg (Oberhavel). Nun muss der Schwiegersohn zweimal mit dem Auto aus Magdeburg anreisen und die Haases dort hinfahren.
Sendung: Inforadio, 26.01.2021, 09:45 Uhr