Kassenärztliche Vereinigung - So läuft der Impfeinsatz von Ärzten in Berlin

Mi 06.01.21 | 07:54 Uhr | Von Stefan Ruwoldt
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Das Impfteam der Bundeswehr bereitet sich im Pflegeheim Agaplesion Bethanien Sophienhaus auf das Impfen vor. Am Sonntag haben die Corona-Impfungen mit dem Covid-19 Impfstoff von Biontech/Pfizer in Deutschland begonnen. (Quelle: dpa/Kay Nietfeld)
Bild: dpa/Kay Nietfeld

Tausende Ärzte wollen helfen, Berliner Bürger möglichst schnell zu impfen. Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin ist optimistisch: 90 Mediziner sind derzeit täglich dafür im Einsatz, 240 sollen es bei voller Auslastung der Impfinfrastruktur werden. Von Stefan Ruwoldt

Annähernd 10.000 Ärztinnen und Ärzte haben sich in Berlin für Einsätze in den Corona-Impfzentren und für die mobilen Corona-Impfteams gemeldet. Nach Einschätzung von Burkhard Ruppert, dem Vizechef der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin, deutet diese hohe Zahl von einsatzbereiten Medizinerinnen darauf hin, dass auch bei dem erwarteten und erhofften Anstieg an verfügbaren Impfdosen ausreichend Medizinerteams in Berlin für Impfeinsätze zur Verfügung stehen.

“Wir sind optimistisch, weil wir sehr viele Ärzte finden, die signalisieren, dass sie dies als eine tolle Sache empfinden", sagte Ruppert rbb|24 am Dienstag. Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin organisiert den Einsatz der Ärztinnen in den Impfzentren und der mobilen Impfteams der Stadt.

Täglich bis zu 240 Mediziner im Impfeinsatz

Laut Ruppert stehen bereits die Schichtpläne bis zum 17. Januar. Zu Einsätzen kämen hier die Freiwilligen der rund 6.800 Berliner Vertragsärzte, Medizinerinnen aus den Krankenhäusern oder dem öffentlichen Gesundheitsdienst sowie Ärztinnen im Ruhestand. Die Impforganisation des Senats für die Impfzentren und die Impfteams sehe den Einsatz von täglich maximal 240 vor, also 60 Ärzten und Ärztinnen für die mobilen Teams und 180 für die Impfzentren. “

Vorerst 36 mobile Teams, später dann 50

Laut Robert Koch-Institut wurden in Berlin bis einschließlich Montag gut 17.700 Menschen gegen Corona geimpft. Dies sind vor allem Berliner über 90 Jahre, die bislang zur Impfung in Berlins einzigem geöffneten Impfzentrum in der Arena in Treptow kamen oder Bewohner und Pflegekräfte von Alten- und Pflegeheimen, die durch die derzeit eingesetzten 36 mobilen Teams geimpft wurden, so Ruppert gegenüber rbb|24. Im Impfzentrum in Treptow sind derzeit jeweils 15 Ärztinnen und Ärzte pro Schicht im Einsatz, also 30 an jedem Tag.

Die überwiegende Zahl der mobilen Teams sei mit zwei Ärzten besetzt, um sie in dieser ersten Phase besser einzuarbeiten: "Gerade jetzt am Anfang, wo es noch sehr viele offene Fragen gibt, können sich die Kollegen durch diese Doppelbesetzung gegenseitig unterstützen", sagte Ruppert. "Gerade bei solch einer ganz neuen Impfung geht vieles noch nicht so schnell, vieles muss abgefragt werden, die Anamnese muss erhoben werden, es muss geguckt werden, ob alle Unterlagen vorliegen und ob der Patient überhaupt geimpft werden darf."

Corona-Impfzentrums Arena Berlin Burkhardt Ruppert, Facharzt f¸r Kinderheilkunde und Jugendmedizin (Quelle: imago-images/Ralf Müller)
Vizechef der Berliner Kassenärztlichen Vereinigung, Burkhard Ruppert | Bild: imago-images/Ralf Müller

Besonderes Dienstsystem für Einsatz der Freiwilligen

Dieses freiwillige Dienstsystem der Impfteams erfordere eine besondere Organisation, weil hier auch immer wieder Ärzte und Ärztinnen neu hinzustießen. "Zum Einsatz kommen vor allem Ärzte, die sonst eine Praxis betreiben." Zu den meist feststehenden Mobilteams gehören pharmazeutische Assistentinnen, eine Mitarbeiterin für die Dokumentationen der Impfungen, ein Fahrer oder eine Fahrerin und dann eben die eingesetzten Ärztinnen und Ärzte.

Der Dienststart um 8.30 Uhr und für die Spätteams am Mittag beginne immer mit einem Briefing, um so auch die möglicherweise erstmals eingesetzten Mediziner genau einzuweisen, so dass sich die Abläufe in einem sicheren Prozess festigten, so Ruppert.

Die Hoffnung auf eine Vereinfachung der Impfpraxis liege bei den Herstellern, dass also bald ein Impfstoff zur Verfügung stehe, "der bei normaler Kühlschranktemperatur gelagert werden kann". Der derzeit genutzte Impfstoff von Pfizer und Biontech muss bei mindestens minus 70 Grad Celsius gelagert werden.

"Spätestens dann kann der Impfstoff in die Praxen gegeben werden und die Impfungen in den Praxen erfolgen." Dies sei dann die Voraussetzung, die Zahlen der täglichen Impfungen deutlich zu erhöhen, so Ruppert.

Große Hilfe durch die Bundeswehr

Die bislang größte Erkenntnis nach diesen ersten Tagen der Impfung sei, dass bei dem Aufbau einer solch zentralen Struktur nun doch echte Schwierigkeiten auftreten, sagte Ruppert. "Das Wissen um die Schaffung solch großorganisatorischer Strukturen außerhalb des stationären oder ambulanten Bereichs der Versorgung war nicht mehr präsent“, sagte der Mediziner.

"Wenn ich aus einer riesigen Veranstaltungshalle ein Impfzentrum bauen muss mit verschiedensten Kompetenzen und verschiedenen Organisationen wie etwa Feuerwehr, Polizei, Sicherheitsdienst, medizinischem Personal, Ärzten, Pharmazeuten – das erfordert eine Logistik, die völlig neu aufgebaut werden musste." Hier sei etwa die Bundeswehr, die es gewohnt sei, in manöverartigen Strukturen zu denken, eine sehr große Stütze. Der Einsatz nun habe eine “manöverhafte Struktur mit einer Logistik, die aus dem Nichts“ habe geschaffen werden müssen. Die aber jetzt sehr gut funktioniere. Das erarbeitete Wissen müsse nun auch in Strukturen fließen, die auch später wieder schnell reaktivierbar sein müssen.

Sendung: Inforadio, 05. 01. 2021, 19.20 Uhr

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Beitrag von Stefan Ruwoldt

13 Kommentare

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  1. 13.

    In den Impfzentren werden alle Dokumente fotografiert und ONLINE gespeichert.
    Da stehten keine Regale mit Leitz-Ordnern.

    Die Impfdosen werden tiefstgekühlt in Paketen mit Trockeneis geliefert, minus 70 Grad.
    Diese Pakte können 3-5 TAge in einem Kühlschrank stehen.
    Öffent man das Paket, entnimmt eine Fläschchen, dann hat man Material für 5-6 Impfdosen, die innerhalb von 2 std. verimpft sein müssen. Wieviele Fläschen im paket sind, kann ich nicht sagen, aber sicher mehr.
    Wenn wir mal vermuten, das das Material für mehr als 50 einzelne Impfungen ist, dann muss man in den folgenden zwei Stunden schon mehr als fix sein und hat sicher weniger Zeit für Aufklärung.
    Insofern brauch man für die Praxis lagerfähige sofort gebrauchsfertige Impfdosen.

  2. 12.

    Kleine Korrektur:
    In Berlin gab es für mich als Impfarzt 120 Euro pro Stunden, ist aber immer noch gut bezahlt.
    Meine MFA, die ich aus der Praxis mitbrachte, erhält 60 Euro.

  3. 11.

    Finde ich dann nicht mehr so übertrieben, mein Hausmeister bekommt ungefähr auch so viel."
    Finde ich toll, daß sich Mediziner immer mit Hausmeistern vergleichen.
    So als ob man nun auch wirklich die unterste soziale Stufe, zumindest in den Augen dieser Damen und Herren, heranziehen müsste um ihre grandiose Selbstlosigkeit zu unterstreichen..
    Und zudem: Der Hausmeister, der 42 Euro Stundenlohn erhält, der existiert auch nur in der engen Vorstellungswelt der Privilegierten.

  4. 10.

    Hier kann ja jeder schreiben, an Ihren Kommentar habe ich aber sehr große Zweifel der Wahrheit wegen.
    Stellen Sie am besten mit einen leeren Kaffeebecher hin und sammeln.

  5. 9.

    Toll, wie die Berliner Ärzteschaft zusammen mit Assistenten, Bundeswehrsoldaten und anderen dieser historischen Aufgabe gerecht wird. Sobald mehr Impfstoff zur Verfügung steht, können richtig "PS auf die Straße gebracht" werden.

  6. 8.

    Der Nachweis der Impfung wird mittelfristig vermutlich ziemlich wichtig für alle Geimpften, Und da es mit Stánd heute eben noch keine ausreichend sicheren elektronischen Akten gibt, wäre es ziemlich kurzsichtig, ausgerechnet hier und jetzt zu experimentieren. Auf Papier Niedergeschriebenes ist nach Jahren lesbar, das ist derzeit wichtig

  7. 7.

    Liebe Kommentator/innen, hier schreibt der Arzt: Meine laufenden Praxiskosten (Miete (ohne Strom), Gehalt für die Medizinischen Fachangestellten und die Auszubildende,) betragen pro Tag 889 Euro. Wenn ich die Praxis schließe, um in ein Impfzentrum zu gehen (ich habe mich für zwei Dienste eingetragen) bedeutet das, dass von dem 140-Euro-Stundenlohn 98 Euro Verlustentschädigung sind und 42 Euro Vergütung pro Stunde. Finde ich dann nicht mehr so übertrieben, mein Hausmeister bekommt ungefähr auch so viel.
    Beste Grüße

  8. 6.

    Ich bin auch entsetzt über diesen extrem hohen Stundenlohn der "lmpfärzte ".In den Krankehäusern wartet das Pflegepersonal noch immer auf die seit langem versprochene Bonuszahlung. Es ist eine Schande!!!

  9. 5.

    Die Kosten für Praxismiete und Angestellte laufen ja auch bei den niedergelassenen Ärzten weiter, da sind dann 140 € pro Stunde auch wirklich nur eine symbolische Entschädigung und völlig gerechtfertigt. Natürlich sollten die Pfleger ruhig etwas mehr erhalten.

  10. 4.

    Das ist echt ein Ding, habe ich gar nicht gewusst, ich sag ja , es geht nur um eins GELD

  11. 3.

    Es scheint, dass in Berlin mal etwas schneller und besser läuft als in anderen Bundesländern. Ich kenne viele Pflegeheime die jetzt schon durchgeimpft sind. Man wundert sich fast.

  12. 2.

    und die Dokumentation findet dann auf Papier statt,das 3 Jahre aufbewart werden muss, Papierfragebogen, Papierzustimmungsbogen, Papierimpfbestätigung, Papier ..... - die Kassenärztlichen Vereinigungren scheinen keine Kenntnis von Technikeinsatz bei einem solchen Massenproblem zu haben. Diese Aktion wäre ein hervorragende Möglichkeit für die Einführung der elektronischen Patientenakte, die ja in diesem Jahr kommen soll (nachdem die Planung 2004 durch Gesundheitsministerin Ulla Schmidt eingeleitet wurde). Die aufbereiteten Impfdosen lassen sich zudem 7 Tage in einem normalen Arzneimittelschrank lagern - könnten also auch heute bereits in allen Arztpraxen verimpft (und elektronisch erfasst) werden. Wozu dann solche Zentren???

  13. 1.

    Wie selbstlos von der Ärzteschaft. Der kleine Umstand, dass es 140 Euro pro Stunde für diese einfache Tätigkeit gibt,die in der Klinik gewöhnlich auch von Pflegern durchgeführt wird, spielt bei dieser enormen Hilfsbereitschaft sicherlich nur eine untergeordnete Rolle. Keine nennenswerte Verantwortung, extrem hoher Verdienst. Als Pfleger bekommt man im impfzentrum übrigens 14 Euro pro Stunde.

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