Impfpriorisierung - Eilantrag zweier Krebskranker auf sofortige Corona-Impfung abgelehnt

Mo 01.02.21 | 12:02 Uhr
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Medizinische Mitarbeiter bereiten am 18.01.2021 Sprizen mit dem Impfstoff von Pfizer/Biontech zur Impfung gegen Covid-19 im Impfzentrum auf dem Berliner Messegelände vor. (Quelle: dpa/Sean Gallup)
Audio: radioBerlin 88,8 | 01.02.2021 | Ute Zill | Bild: dpa/Sean Gallup

Weil es an Impfstoff mangelt, können nicht alle gefährdeten Personen sofort geimpft werden. Zwei krebskranke Berliner zogen vor Gericht, um in der Reihenfolge nach oben zu rutschen und sofort geimpft zu werden. Doch damit hatten sie keinen Erfolg.

Zwei Krebskranke, die sich sofort gegen Covid-19 impfen lassen wollen, haben dafür eine Absage erhalten. Das Berliner Verwaltungsgericht lehnte die Eilanträge der beiden Personen ab, wie es in einer Pressemitteilung am Montag heißt.

Demnach handele es sich um eine von Lungenkrebs und eine von Knochenkrebs betroffene Person, die beide nicht im Krankenhaus liegen. Wegen ihrer Erkrankung und/oder einer therapiebedingten Immunschwäche sähen sich beide aber als "besonders gefährdet" an.

In ihrem Eilantrag wiesen sie außerdem darauf hin, dass die Frage der Impfreihenfolge vom Parlament hätte bestimmt werden sollen und nicht von der Regierung. Zudem hätte nicht nur das Alter, sondern auch bestehende Erkrankungen berücksichtigt werden müssen.

Gericht lehnt Eilanträge ab

Das Gericht lehnte die Anträge ab, weil die Antragstellenden nicht zur Gruppe mit der höchsten Impfpriorität zählen. Aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit könne ebenso wenig ein sofortiger Impfanspruch abgeleitet werden.

Laut Gericht berechtige insbesondere der Mangel an Impfstoff eine Priorisierung von bestimmten Gruppen. Nach der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) handelt es sich dabei vor allem um Menschen über 80 und Menschen, die stationär behandelt oder gepflegt würden. Das Gericht weist aber darauf hin, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu "nicht unumstritten" seien. Offen bliebe, ob das Parlament die Impfpriorisierung hätte bestimmen müssen. Allerdings habe die Entscheidung der Regierung keine "sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung" dargestellt.

Die Betroffenen können Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einlegen.

Brandenburg will "Clearingstelle" für Einzelfälle einführen

In Brandenburg war vergangene Woche die Entscheidung getroffen worden, jüngere pflegebedürftige Menschen früher impfen zu wollen. Dafür soll eine "Clearingstelle" eingerichtet werden, die über Einzelfälle entscheidet. Wann die Clearingstelle ihre Arbeit aufnehmen kann, das steht noch nicht fest.

Sendung: Radioeins, 01.02.2021, 12 Uhr

Sendung: Inforadio, 01.02.2021, 11:30 Uhr

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29 Kommentare

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  1. 29.

    Ganz ehrlich, in manchen Krankenhäusern wird bereits weniger exponiertes Personal geimpft, z.B. Psychotherapeuten oder Mitarbeiter am Beratungstelefon, während Krebskranke oder Lungenkranke noch nicht mal einen Impftermin ausmachen können. Verstehen tue ich diese Priorisierung definitiv nicht.

  2. 28.

    Erschreckend welche Vorstellungen einige Leute von unserem Rechtsstaat haben.
    Ein Gericht entscheidend nicht nach Empathie oder Moral sondern nach Gesetz. Ob es ihm gefällt oder nicht, darf für einen Richter keine Rolle spielen. Das ist Aufgabe des Gesetzgebers und das sind nicht die Gerichte. Wenn von Schande gesprochen wird, dann bitte über das Gesetz aber doch nicht über das Gericht. Ob das Gesetz gegen höheres Recht verstößt, ist an anderer Stelle zu entscheiden.

  3. 26.

    Damit weitere Personen bei der Impfung vorgezogen werden können,z.B. schwerst- und chronisch Erkrankte muss m.E. die
    Priorisierung der Stiko für bestimmte Gruppen neu festgelegt und die Verordnung für die Impfungen angepasst werden. Ergibt das dann einen größeren Personenkreis der jeweiligen Kategorie,dauert es eben etwas länger bis diese Personen durchgeimpft sind und natürlich ist das auch von der Verfügbarkeit des/ der Impfstoffe/s abhängig. Einzelne Personen vorzuziehen halte ich für falsch,das ergibt nur Chaos und Ungerechtigkeiten und eine Welle von Klagen.

  4. 25.

    @Fuzi: den Grund könnt ich nennen aber die könnte nicht jedem gefallen.
    Aber ihre Einstellung zu Alter sowie ihre Äußerung ist einfach erbärmlich.
    Bin selber noch keine 60.

  5. 24.

    @Potsdamerin:auch hier entscheiden die Gerichte nach Gesetz (Meinungsfreiheit, Demo-Recht). Auch hier für meine Begriffe die falsche (moralische) Entscheidung.
    Aber letztendlich mag jeder Richter andere moralische Vorstellungen haben. Deswegen ist er 'dem Gesetz verpflichtet' . Und das macht auch Sinn. Ansprechpartner ist also der Gesetzgeber.

  6. 23.

    Ein ganz klares NEIN von meiner Seite.
    Wo bitte hat eine Krebserkrankung was mit Moral zu tun.?

  7. 22.

    es wurden aber bisher mehr medizinisches und Pflegepersonal als Alte Anspruchsberechtigte geimpft. Und diese nur in der Annahme, das sie dann im Falle einer Infektion nicht ausfallen. Das war aber eine Fehleinschätzung, wenn sich eine solche Person infiziert ist sie auch im geimpften Zustand hoch ansteckend für andere. Die Impfung ist nur Selbstschutz und sollte auch bei diesen Personengruppen nach Gefährdungsrisiko für eine schwere Erkrankung vergeben werden. Ein junger Pfleger oder Pflegerin wird kaum schwer erkranken, kann aber sehr wohl für seine Umgebung hoch ansteckend sein.

  8. 21.

    die Gerichte haben auch die Genehmigung für Corona-Demos in Sachsen genehmigt. Die Folgen solcher Fehlentscheidungen waren ja an den Inzidenzen und Todesjahren zu sehen. Wer zieht solche Richter zur Verantwortung?
    Schon Heinrich Mann hat 1914 in seinem Roman „Der Untertan“ genau das charakterisiert was heute dafür sorgt, das wir auch gar nichts in den Griff bekommen. Diese deutsche Hörigkeit, dieses sture Schema „F“ kostet heute leider viele Menschen das Leben und die Gesundheit. Wer braucht noch Beweise: es ist gerade life blamabel und lächerlich anzusehen, wie die Politik den sogenannten Impfgipfel als Erfolg zu verkaufen versucht. Wer zieht eigentlich diese Damen und Herren zur Verantwortung?

  9. 20.

    "Das Gericht lehnte die Anträge ab, weil die antragstellenden nicht zur Gruppe mit der höchsten Impfpriorität zählen."
    Die Gerichte entscheiden nach dem Gesetz und nicht nach Moral. Und das ist auch richtig so.
    Die Entscheidung war also NICHT falsch.

  10. 19.

    Hallo, mein Freund hatte letztes Jahr auch Krebs, jetzt geht's ihm gut aber es kann doch nicht sein das 90 jaerige geimpft werden und jemand der wahrscheinlich noch 50 Jahre leben könnte wird es verwehrt, ich versteh die Corona Welt eh nicht in Deutschland, wann beginnt ein Risikopatient.....

  11. 18.

    @sententia
    Dem kann ich nur zustimmen. Jeder möchte zu den Ersten gehören und hat vielleicht gute Gründe dafür. Und wenn es nur Egoismus ist. Aber wer kann aus dieser Vielzahl von Gründen eine nur annähernd gerechte Reihenfolge bestimmen? Das wird nicht funktionieren. Insofern halte ich das Urteil für richtig.

  12. 17.

    Ich kann mich diesen Wünschen nur anschließen. Die größte Sorge des Verw. Gerichts ist's wohl nur ja in keinen Empatischen Konflikt reingezogen zu werden. Das ist wirklich schändlich.

  13. 16.

    Ist denn dem Verwaltungsgericht jede Menschlichkeit abhanden gekommen ? Eine Schande, Paragraphen gegen Empathie aufzuwiegen. Ich wünsche den Klägern, dass sie den Kampf gegen ihre Krankheit gewinnen, und doch noch zeitnah ihre Impfung erhalten

  14. 14.

    Find ich auch. Die Folge einer positiven Entscheidung hätte alles auf den Kopf gestellt. Ich will nicht wissen, wie viele Leute jetzt sofort geimpft werden möchten, aber warten müssen. Darunter sind bestimmt gaaaanz viele, die auch zu Risikogruppen gehören.

    Das hier unterstellt wird, mit einer "Aussortierung" anzufangen ist schon ganz schön unverschämt! Da fragt man sich echt, was in den Köpfen von manchen Leuten vorgeht -.-

  15. 13.

    Niemand hat zugesagt,dass es sofort Impfstoff für alle gibt. Deshalb hat die Stiko eine Priorisierung von bestimmten Gruppen festgelegt. Nach der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko)Impfkommission (Stiko) handelt es sich dabei vor allem um Menschen über 80 und Menschen, die stationär behandelt oder gepflegt würden. Wer entscheidet nun aufgrund des derzeit begrenzt zur Verfügung stehenden Impfstoffs
    welche Personen nun konkret aus der Liste fliegen um andere Personen zu impfen? Das muss dann auch mal jemand den Betroffenen und ihren Angehörigen erklären. Eine heikle Situation,zumal das sicher keine Einzelfälle bleiben werden.

  16. 12.

    Ich finde es absolut skandalös, daß Schwerstkranke, die aber z.B. in der Altersgruppe 2 oder noch darunter sind, nicht geimpft werden, aber dafür über 80-jährige, die noch fit wie ein Turnschuh sind und jeden Tag noch zum Einkaufen fahren mit dem PKW wie z.B. unser Nachbar, der kurz vor seiner 2. Impfung steht, die erste hat er bereits vor über einer Woche erhalten.
    Irgendetwas stimmt doch nicht mehr bei den hier Verantwortlichen!!!

  17. 10.

    Wenn sie wissen, dass sie extrem gefährdet sind: bleiben sie zuhause! Mit solchen Diagnosen bekommen sie auf jeden Fall eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinung. Und nicht vergessen: mit Imfpung gibt es keinen Freifahrschein!

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