Corona-Auswirkungen - Mehr Berliner Kinder und Jugendliche in Psychiatrien

Di 16.02.21 | 10:02 Uhr
  28
Archivbild: Ein junges Mädchen steht am 12.02.2014 in der Kinder- und Jugendpsychatrie in Hamburg in einem Therapieraum. (Quelle: dpa/Axel Heimken)
Audio: RadioBerlin 88,8 | 16.02.2021 | Anke Michel | Bild: dpa/Axel Heimken

Das sozial eingeschränkte Leben in der Pandemie kann gerade bei Heranwachsenden psychische Krisen auslösen. Einer DAK-Studie zufolge wurden in Berlin zuletzt deutlich mehr junge Menschen in Psychiatrien aufgenommen. Fachleute zeigen sich besorgt.

In Berlin kommen seit Beginn der Corona-Pandemie deutlich mehr Kinder und Jugendliche zur Behandlung in psychiatrische Kliniken. Das geht aus einer Sonderauswertung der Krankenkasse DAK hervor. Danach haben sich in der Hauptstadt im ersten Halbjahr 2020 Psychiatrie-Aufnahmen junger Menschen fast verdoppelt.

Klinikaufnahmen nur Spitze des Eisberges

Die Zahlen beruhen nach DAK-Angaben auf anonymisierten Daten von rund 38.000 Berliner Kindern und Jugendlichen. Im ersten Halbjahr 2019 wurden danach 22 junge Leute bis 17 Jahre wegen depressiver Episoden in Klinik-Psychiatrien behandelt. In den ersten sechs Monaten 2020 waren es 39. Das scheint nicht viel, allerdings kamen 2020 in diesem Zeitraum nur 928 über die DAK versicherte Berliner Kinder und Teenager überhaupt stationär in eine Klinik. Die Krankenkasse spricht von einer besorgniserregenden Entwicklung.

Laut dem Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Charité-Campus Virchow, Christoph Correll, sind Klinikaufnahmen die Spitze des Eisberges. Sie seien ein Signal dafür, dass sich etwas verändere. In seiner Klinik seien etwa mehr essgestörte Mädchen oder Patienten, die sich selbst verletzen, als vor der Pandemie.

"Menschen sind soziale Wesen"

Von einem sehr ungewöhnlichen Anstieg sprach die Kinder- und Jugendpsychologin an der Humboldt-Universität, Julia Asbrand. "Generell liegt die Schwelle für Klinikeinweisungen relativ hoch, weil man in der Regel versucht, Kinder und Jugendliche in ihrem Umfeld zu lassen."

Im Namen vieler Kolleginnen und Kollegen hat Asbrand einen offenen Brief an die Bundesregierung geschickt. Bundesweit zeigten sich bei Kinder- und Jugendpsychiatern sowie Psychotherapeuten vermehrt Aggressionen, Schlafstörungen, Schulängste, Essstörungen, Depressionen und Drogenmissbrauch bei jungen Menschen, heißt es darin.

"Menschen sind soziale Wesen, die nicht nur in der Kernfamilie funktionieren", sagt Asbrand. Bei Jugendlichen sei das ein ganz großes Thema. "Sie haben als Aufgabe und Ziel, sich abzugrenzen, also aus der Familie hinauszugehen und sich andere Kontakte zu suchen. Und gerade das ist jetzt nicht möglich."

Sendung: Radioeins, 16.02.2021, 08:20 Uhr

Was Sie jetzt wissen müssen

28 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 28.

    Man kann schon davon ausgehen, das sich Menschen nicht zwangsweise mit mehreren Freunden treffen.... sie machen das weil es ihnen gefällt. Nimmt man ihnen das und noch dazu weitere Freiheiten leiden viele ... der eine mehr der andere weniger.
    Und .... weder sie noch ich sind das Maß der Dinge .... wenn unter den Maßnahmen jemand leidet dann ist das so und dann ist es absolut anmaßend zu sagen ... tja mir geht es aber gut nun hab dich mal nicht so..... das war früher so als z.B. Depressionen noch als verpimpelt sein abgetan wurde.
    Und was sagen sie einem keimfobiker der nun überall und nirgends Viren und Bakterien sieht die ihn krank machen und der sich gar nicht mehr raus traut ?

  2. 27.

    Mich stimmt Ihr Kommentar sehr traurig. Ich bin alt alleinstehend ohne Kinder und könnte jetzt einfach auch so mir nichts dir nichts darüber wegsehen. Tue ich aber nicht. Es geht mir wirklich sehr ans Herz, wenn ich all Ihre Beispiele hier lese. Insbesondere die Kinder.

  3. 26.

    Diese Krise ist eine ganz große Chance darüber nachzudenken, wie es mit der Welt weitergeht. Sicher nicht mit dieser wahnsinnigen umweltzerstörenden Flugindustrie, also Berufswunsch "Pilot" überdenken. Das Ende der Pandemie könnte schnell so kommen: Armen Ländern das Rezept für die Impfstoffe verraten, dann gibt es keine Mutationen. Aber dann verdient die Pharmaindustrie nicht noch mehr!! Geht also nicht. Oder flächendeckend Testen und Quarantäne kontrollieren, insbes. im Umfeld alter Menschen und Schulen. Scheitert an der organisatorischen Unfähigkeit der deutschen Regierungen und an dem 2. schwarzen Loch nach Andy Scheuer: Jens Spahn. (s. Sendung "Die Anstalt)

  4. 25.

    Sie sprechen mir so aus dem Herzen. Unser Kind befindet sich seit 4 Wochen in einer Tagesklinik und wir danken allen Beteiligten (Schule, Schulpsychologen, amb. Psychotherapeuten und der KK), dass wir so schnell Hilfe bekommen haben. Wir geben nicht allein der Pandemie dafür die Schuld - ganz im Gegenteil: vllt ist gerade durch die aktuelle Situation die Krankheit an sich schneller hervorgetreten, als sie es ohne Lockdown, Home Schooling & Co getan hätte. Vllt hätte sich unsere Tochter über viele Jahre mit ihren Ängsten & Sorgen verkrochen. Wir sehen aber positiv in die Zukunft.
    @Kon: Sie sollten vorher über Ihre Worte genau nachdenken. Depressionen, Schulängste und Schulphobien können jedes Kind, jeden Jugendlichen treffen - EGAL aus welchem Elternhaus sie kommen. Diese Kinder und Jugendlichen, vor allem die Eltern, so abzustempeln, ist mehr als anmaßend.

  5. 24.

    Vielen vielen Dank an den rbb für diesen wichtigen Bericht! Vergleicht man einmal die Sterblichkeit von Corona - die momentan etwa bei 0,4 % (meines Wissens) liegt, mit der von Magersüchtigen, die bei 15 % liegt, sollten bei uns Erwachsenen alle Alarmglocken läuten. Und psychische Erkrankungen von jugendlichen begleiten die ganze Familie oft über Jahre.
    Nochmals Danke für diesen Bericht.

  6. 23.

    Als erfahrener Pädagoge in der Jugendhilfe graut mir vor der Zeit nach der Pandemie ! Wenn es darum geht die Spätfolgen entsprechend aufzufangen. Ich möchte daran erinnern, das bereits lange vor Corona z.B. die Kinder und Jugendhilfe in Berlin durch die Mißwirtschaft und Unfähigkeit von der Senatorin Scheeres (SPD) in der Krise steckte ! Fachkräftemangel, Personalnot in den Jugendämtern und Gesundheitsämtern haben uns schon damals an den Rand des Möglichen und Vertretbaren gebracht. Der berliner RRG Senat hat sich hier kein Stück bewegt das zu verändern ! Das grenzt an wissentlich unterlassener Hilfeleistung und ist eine Schande für unsere Gesellschaft.

  7. 22.

    Das hört sich jetzt vielleicht komisch an. Ist auch gewagt. Aber Cannabis kann auch halt geben in so einer Zeit. Das verhindert dann auch das es zu solchen Problemen kommt. Vorausgesetzt man jugendlich und übertreibt es nicht.

  8. 21.

    Ich denke diese kinderhasser hier sind wahrscheinlich Menschen mit wenigen oder gar keinen sozialen Kontakten. Die werden dann natürlich auch nicht vermisst... Senioren haben ihre Kontakte im Supermarkt, daran hat sich ja nichts geändert.... Außerdem stellt man ja inzwischen fest, welche psychischen Folgen dieser Irrsinn für Erwachsene hat, man braucht nur einige der Kommentare hier lesen. Diese“ wir werden alle sterben.... oder die todbringende Seuche.... etc....“ Das sagt doch vieles....... Jeder dieser Angstpatienten würde ein komplettes Leben im lockdown befürworten..... Der Wahnsinn greift um sich.....

  9. 20.

    @16 und @17

    Die einzigen sinnvollen und verständnisvollen Kommentare hier. Der Rest sollte sich schämen.

  10. 19.

    Sie haben Recht. Wir sind die nach denen keiner fragt. Wir haben zu funktionieren , bevorzugt behandelt werden andere.

  11. 18.

    Ich bin erschrocken wie vielen so angeblich solidarischen Menschen hier das Leid der Kinder und Jugendlichen egal ist. Oder habt ihr den Artikel nicht richtig gelesen? Das hat auch nicht immer was mit den Eltern zu tun, die festgestellt haben, dass sie Kinder haben, Neugier! Es sind psychosoziale Folgen von Kontaktbeschränkungen, wegbrechen des Sports bspw. und ernst zu nehmende Zukunftsängste! Diese Menschen haben ihr Leben vor sich und werden wahrscheinlich noch sehr lange oder ihr ganzes Leben an den Folgen leiden. Da kann das Elternhaus noch so gut sein. Meine Schwester, sehr gut situierte liebevolle Familie, hat traurig festgestellt, dass es ihrem 10. jährigen Sohn ‚langsam aufs Gemüt schlägt.‘ er möchte in die Schule (4. klasse Berlin, geht wer weiß wann erst wieder, während der kleine Bruder 1. klasse gehen darf ab Montag), möchte zum Tennis und nicht nur 1 Freund sehen. Meine Stieftochter, ein fleißiges Mädchen, gerade 15 Jahre, hat keine Lust mehr zu Hause zu lernen, es ‚erdrückt‘ sie (ihr Wortlaut), auch sie möchte Freunde sehen und zu ihrem Mannschaftssport, unser Nachbarjunge 17 Jahre, wollte Pilot werden, ‚vereinsamt‘ laut seiner Mutter gerade und sieht keinen Anlass mehr sich als Pilot (Notendurchschnitt 1,3) zu bewerben, denn wer weiß, wann überhaupt wieder regelmäßiger Flugverkehr herrscht! Alles Beispiele aus guten Elternhäusern. Mein Sohn 1. klasse, hat die Aufgaben zu hause auch langsam satt und erklärte mir, dass er nichts mehr macht, nur noch in der Schule.
    Ich habe sehr große Angst um unsere nächste Generation und dass es dieser Generation zunehmend schlechter geht, sollte nicht geleugnet werden! Danke RBB für diesen Artikel!

  12. 17.

    Also einige Kommentare sind einfach zum schämen! Es handelt sich bei den Kindern/Jugendlichen um Krankheiten, die bei den meisten der Betroffenen Menschen das ganze Leben präsent sind und der Kampf ein Leben lang gehen kann! Dagegen gibt es kaum Medikamente, außer diverse Psychopharmaka, oder eine Impfung. Wer erkrankt, muss sich rauskämpfen mit etlichen Therapien, mit Rückfällen und viel viel Unterstützung. Ich hoffe sehr, dass wir bald keine Gesellschaft von psychischkranken Menschen werden durch diese willkürlichen Maßnahmen!

  13. 16.

    Hier geht es um Kinder und Jugendliche und es ist erschreckend wie hier einige Kommentatoren mit der Thematik umgehen. Es geht um sensible Menschen die in ihrer Entwicklung massiv gestört werden und hier wird völlig gefühllos daher geschrieben, wahrscheinlich von Menschen die ständig Fordern, dass Schulen und Kitas zu bleiben müssen, weil Kinder und Jugendliche gefährlich sind. Ich bin einfach nur entsetzt. Wer Hilfe braucht sollte diese auch bekommen ohne von der Gesellschaft bzw. den Kommentatoren hier beschimpft oder bewertet zu werden.

  14. 15.

    Liebes rbb24 Team.
    Bitte könnt Ihr die Kommentarfunktion auch mal geschaltet lassen. Besonders zu solch wahrlich sehr,sehr wichtigen Anliegen. So geschehen beim Video Beitrag von „Lara“. Und bitte recherchiert und berichtet ausführlich weiter darüber. Danke. Auch möchte ich @Kon für diesen, wie ich finde wichtigen Beitrag danken.

  15. 14.

    „ Die Maßnahmen und auch die Berichterstattung ist die Ursache. “
    Die Maßnahmen würde ich nicht unbedingt sagen. Es kommt darauf an, wie es die Eltern vorleben und vermitteln. Ich bin Oma, und weder meine Enkel noch ich brauchten bisher psychologische Hilfe.
    „ Wenn die Bewegungsfreiheit und das treffen mit Freunden eingeschränkt wird hat das Auswirkungen. “
    Meine Kinder und Enkel bräuchten wohl eher psychologische Hilfe, wenn sie mich mit einem Zettel am Zeh das letzte Mal besuchen dürften.
    Meine Enkel haben jeder eine Freundin/Freund, mit denen sie rumtoben und spielen können. Natürlich hätten sie es gern komfortabler, aber siehe mein erster Satz.

  16. 13.

    Es geht nicht darum, irgendwen zu schützen, es geht nur darum, das Virus zu bekämpfen.

    Es wird ja oft genug gesagt, wir sind im Krieg. Das stimmt nur teilweise. Aber ein Aspekt ist wirklich genau wie im Krieg: Im Krieg geht es irgendwann nur noch um den Sieg über den Feind, koste es was es wolle. Es zählt nicht mehr das Wohl der Gesellschaft, es geht nur noch darum, den Feind zu besiegen.

    Und an dem Punkt sind wir bei Corona. Das Virus ist der Feind, der besiegt werden muss, unter allen Umständen. Wie es den Menschen damit geht, ist nebensächlich.

  17. 11.
    Antwort auf [Kon] vom 16.02.2021 um 09:49

    Die Kritik nehmen wir an und ändern das.

  18. 10.

    Wann landet die arbeitende systemrelevante Bevölkerung die sich die Launen der ach so gebeutelten Homeoffice'ler und -schooler an tun muss in der Psychiatrie?
    Wann bekommen gerade wir, die die Stadt am Leben halten kostenlose Schnelltests oder Impfungen? Wahrscheinlich niemals. Ich gebs auf.

  19. 9.

    Die Pandemie ist natürlich nicht die Ursache. Die Maßnahmen und auch die Berichterstattung ist die Ursache.
    Wenn ein Angstpatient 24/7 hört das übertrieben gesagt … hunderttausende sich infizieren und zehntausende sterben.... bzw. nicht einfach nur sterben sondern elendig ersticken dann hat das Auswirkungen.
    Wenn Kids gesagt bekommen.... du darfst Opa und Oma nicht sehen sonst sterben die wegen dir hat das Auswirkungen.
    Wenn die Bewegungsfreiheit und das treffen mit Freunden eingeschränkt wird hat das Auswirkungen.
    Wie viel und wie schlimm.... dafür sind dann Fachleute da, das kann der Normale nicht beurteilen.

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren